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Weißrusslands Sport ignoriert Corona-Krise

27. März 2020

Ungeachtet der Corona-Pandemie wird auch an diesem Wochenende in Weißrussland Fußball und Eishockey vor Publikum gespielt. Zum Super Cup der Frauen lockt der Verband die Zuschauer mit einem besonderen Angebot.

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Weißrussland Coronavirus Fußball Fans
Bild: picture-alliance/dpa/N. Fedosenko

"Liebe Fans! Der Weißrussische Fußballverband lädt Sie ins Stadion ein, um die Mannschaften zu unterstützen und mit eigenen Augen den Super Cup des Landes 2020 zu verfolgen. Der Eintritt zum Spiel ist frei!" Mit diesen Worten bewirbt der Verband ABFF die erste Titelentscheidung der weißrussischen Fußballsaison: im Supercup der Frauen in Minsk. An diesem Sonntag stehen sich in der Hauptstadt Meister ZFK Minsk und Zorka BDK gegenüber - der Vizemeister war nachgerückt, nachdem sich Pokalsieger FC RGUOR Minsk aufgelöst hatte.

Während überall in der Welt der Sport wegen der Corona-Krise zum Stillstand gekommen ist, laufen in Weißrussland die Wettbewerbe weiter, als sei nichts geschehen. Auch der zweite Spieltag der "Premier League", der obersten Fußball-Spielklasse der Männer, soll von Freitag bis Sonntag vor Publikum ausgetragen werden - wie schon die Auftaktrunde am vergangenen Wochenende. Mehrere Tausend Zuschauer waren ungeachtet der Coronavirus-Pandemie in die Stadien gekommen.

"Vielleicht kommen ja Messi und Ronaldo"

"Es scheint, als kümmere sich in Weißrussland niemand darum", sagte der frühere Bundesliga-Profi Aleksandr Hleb der britischen Zeitung "The Sun": "Jeder hier weiß, was in Italien und Spanien passiert ist. Es sieht nicht gut aus. Aber in unserem Land glauben die Leute in der Präsidialverwaltung, dass die Lage nicht so extrem ist, wie es in den Nachrichten dargestellt wird." Der 38-Jährige hatte vor zwei Wochen sein Karriereende verkündet. Hleb hatte in der Bundesliga für den VfB Stuttgart und den VfL Wolfsburg gespielt und auch bei den europäischen Topklubs FC Arsenal und FC Barcelona unter Vertrag gestanden. Zuletzt hatte er sein Geld beim weißrussischen Erstligisten FK Isloch Minsk Raion verdient. "Vielleicht kommen ja Lionel Messi und Cristiano Ronaldo in die weißrussische Liga, um hier weiter zu spielen", scherzte Hleb in dem Interview mit der "Sun".

UEFA sieht ihre Hände gebunden

Weißrussland ist das einzige der 55 UEFA-Mitgliedsländer, in dem der Ball trotz der Corona-Krise weiter rollt. "Jeder nationale Verband ist autonom und trifft Entscheidungen bezüglich seiner nationalen Wettbewerbe auf der Grundlage der Empfehlungen und Entscheidungen der jeweiligen nationalen Behörden", antwortet die Europäische Fußball-Union auf die Anfrage der DW, ob die UEFA versucht habe, ihren Einfluss geltend zu machen, damit auch die weißrussische Liga ausgesetzt werde: "Die UEFA ist nicht befugt, die Suspendierung inländischer Ligen durchzusetzen."

Präsident Lukaschenko spricht von "Psychose"

Laut der Johns-Hopkins-Universität in den USA, die weltweit alle von den Behörden registrierten Corona-Infektionen erfasst, wurden in Weißrussland bisher (Stand 26. März, 12.30 Uhr MEZ) 86 Menschen positiv auf das Virus getestet. Präsident Alexander Lukaschenko, der die ehemalige Sowjetrepublik seit 1994 autoritär regiert, bezeichnete die Corona-Krise als "Psychose, und ich lasse mich auch nicht davon abbringen". Auch der Präsident des weißrussischen Fußballverbands ABFF, Wladimir Basanow, sah noch "keine kritische Situation". Die Anfrage der DW an den Verband, was geschehen müsse, damit auch in Weißrussland der Ball ruhe, blieb unbeantwortet.

Maske gegen Coronaviren

Auch in der anderen weißrussischen Nationalsportart Eishockey wird munter weitergespielt. In der Extra League entschied am Dienstag Shakter Soligorsk mit einem 1:0-Sieg bei Neman Grodno die Halbfinal-Playoffserie mit 4:3 für sich - vor vollen Rängen. 

An diesem Freitag starten die Final-Playoffs gegen Yunost Minsk. Das weißrussische Internetportal "Belarus Hockey" informierte die Eishockeyszene des Landes immerhin darüber, dass ein kanadischer Sportartikelhersteller den Prototyp einer Maske hergestellt habe, "die vor Coronaviren schützen kann".

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter