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Weg mit dem König

Thomas Bärthlein, zurzeit in Kathmandu 8. April 2008

In Nepal steht die erste freie Wahl seit zehn Jahren an. Maoistischer Aufstand und Königsherrschaft hatten den Staat lahm gelegt. Die Wahlen sollen die Integration der Maoisten in den politischen Mainstream besiegeln.

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Anhänger der nepalesischen Maoisten (7.4.2008, Quelle: DPA)
Sind die Maoisten bald eine ganz normale Partei?Bild: picture-alliance/dpa

"Bei uns in Nepal haben wir einen Hindu-Staat, da brauchen wir auch einen König", sagt Phirtu Maya, die auf dem historischen Durbar Square in Patan, der Schwesterstadt Kathmandus, mit Götterbildern handelt. "Was ist ein Haus ohne Vater? Einen König brauchen wir auf jeden Fall. Und diese Leute behaupten, wir bräuchten keinen König! Und ob wir den brauchen."

Nepalese im traditionellen Kostüm (7.4.2008, Quelle: AP)
Wahlkampf im traditionellen Kostüm bei den MaoistenBild: AP

Phirtu Maya steht ziemlich allein mit ihrem Faible für die Monarchie. Dass der König gehen muss, darauf haben sich die wichtigsten Parteien geeinigt, und das wird der erste Beschluss der Verfassungsgebenden Versammlung sein, die am kommenden Donnerstag (10.4.2008) gewählt wird. Schon jetzt wird "königlich", wo irgend möglich, aus den Namen gestrichen, sei es bei der nationalen Fluggesellschaft oder der Armee.

Ganz Große Koalition

Und damit sind die Parteien wieder in der Pflicht. Vor allem die großen Parteien, die Nepal in den 90er-Jahren regiert haben: der Nepali Congress und die Kommunistische Partei (United Marxist-Leninist), die trotz dieses Namens eher sozialdemokratisch ausgerichtet ist. Und natürlich die Maoisten, die nach Jahren im Untergrund die Waffen niedergelegt haben. Zurzeit sitzen alle gemeinsam in der Übergangsregierung.

Der Teenager Om findet, die Maoisten hätten eine Chance verdient. Schließlich hätten die anderen Parteien ihre gehabt und nichts daraus gemacht. "Die Maoisten würden anders regieren. Es gäbe Gleichheit und bessere Job-Chancen. Vielleicht wie eine Republik. Sie könnten eine Schweiz aus Nepal machen - hoffe ich, jedenfalls."

Wandel der Maoisten

Die Maoisten haben allerdings keine besonders gute Presse. Viel wird von ihren Übergriffen und Drohungen gegen politische Gegner im Wahlkampf berichtet. K. B. Rokaya, Mitglied der Nationalen Menschenrechtskommission, relativiert diese Vorwürfe: "Die haben diesen blutigen bewaffneten Kampf über zehn, zwölf Jahre geführt. Natürlich sind ihre Kader ausgebildet zu kämpfen!" Er persönlich sei aber zufrieden mit dem Grad an Disziplin und friedlichen Aktivitäten, die diese revolutionäre Partei zeige. "Sie haben die parlamentarische Demokratie genutzt, um Druck auf die Regierung auszuüben."

Mitglieder der sieben größten Parteien unterzeichnen den Beschluss zur Abschaffung der Monarchie (28.12.2007, Quelle: DPA)
Am 28. Dezember wurde das Ende der Monarchie in Nepal besiegeltBild: picture-alliance/ dpa

Eins muss man den Maoisten in jedem Fall zugestehen: Die Benachteiligung großer Teile der nepalischen Bevölkerung haben sie auf die politische Tagesordnung gesetzt. Ramraj Neobane, ein anderer Passant in Patan, sieht es als die größte Aufgabe für die Verfassungsgebende Versammlung, da etwas zu ändern: "Hier gibt es so viele Kasten, historisch gewachsene Gruppen. Die müssen alle respektiert werden! Die rückständigen Ethnien, die Newars, die Brahmanen, die sind alle gleich!"

Viele Ethnien, viele Sonderwünsche

Es gibt kaum ein Land, in dem so viele Ethnien zusammenleben wie in Nepal. Immer neue von ihnen organisieren sich politisch, fordern mehr Rechte und einen Anteil an der Macht. Wie berechtigt solche Agitationen sind, müssen sie jetzt bei der Wahl unter Beweis stellen, meint ein anderer Mann: "Als erstes brauchen wir Wahlen. Das passiert alles nur, weil es keine Wahlen gibt. Die Verfassung, die jetzt gemacht werden soll, wird sich dann um all das kümmern, wofür diese Leute agitieren und was sie fordern." Föderalismus wird als Thema jedenfalls ganz oben auf der Agenda der Verfassungsgebenden Versammlung stehen.

An der Regierung werden die Wahlen übrigens gar nicht so viel ändern, denn die amtierende Allparteien-Regierung, eine Sieben-Parteien-Koalition unter Beteiligung der Maoisten, soll weiter geführt werden. Nach den Grabenkämpfen der 90er-Jahre haben die Parteien die Vorzüge eines breiten demokratischen Konsenses entdeckt, hat K. B. Rokaya von der Menschenrechtskommission festgestellt: "Die führenden Politiker in den Parteien sagen selbst, dass die gemeinsame Regierung mindestens der sieben Parteien noch 10, 15, vielleicht 20 Jahre gebraucht wird." Und auch die Maoisten-Führung sagt, dass die Einheit der Parteien um jeden Preis gewahrt werden soll.