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Wasser in Tianjin mit Blausäure vergiftet

20. August 2015

Die Umweltschäden nach der Katastrophe im chinesischen Tianjin sind größer als gedacht. Hinter der Tragödie stecken auch Korruption und Vetternwirtschaft: Ermittler bringen immer mehr illegale Machenschaften ans Licht.

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Arbeiter entfernen durch Chemikalen verseuchtes Wasser in der Nähe der Unglücksstelle in Tianjin (Foto: REUTERS/Stringer)
Bild: Reuters/Stringer

Mehr als eine Woche ist die verheerende Explosion in einem Chemielager in der chinesischen Hafenstadt her. Die Folgen der Detonation werden nun immer deutlicher. Besonders das Wasser in der Gegend ist stark belastet. In unmittelbarer Nähe des Lagers übersteigt der Zyanid-Gehalt des Wassers den nationalen Grenzwert um das 350fache . Die extrem hohe Konzentration der hochgiftigen Chemikalie sei bei mehreren Proben innerhalb des Sperrbezirks festgestellt worden, teilte das Umweltschutzamt von Tianjin mit. An 18 Stationen für Luftmessungen habe es hingegen keine erhöhten Werte gegeben. Nun soll auch das Erdreich untersucht werden.

Bei dem Unglück am 12. August kamen mindestens 114 Menschen ums Leben und hunderte wurden verletzt. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst. Nach einem Brand war es zu mehreren heftigen Explosionen gekommen, die in einem großen Umkreis Verwüstungen anrichteten.

In dem Gefahrgutlager auf dem Hafengelände der Zehn-Millionen-Stadt wurden rund 3000 Tonnen verschiedener Chemikalien gelagert. Unter anderem sollen dort bis zu 700 Tonnen Natriumcyanid aufbewahrt worden sein. Das weißliche Pulver, das vor allem in der Bergbauindustrie zur Goldgewinnung eingesetzt wird, kann beim Einatmen, Kontakt mit der Haut und Verschlucken innerhalb kurzer Zeit tödlich sein.

Eine aus der Gefahrenzone evakuierte Anwohnerin hält Bilder von ihrem bei der Explosion zerstörten Haus in die Höhe. (Foto: REUTERS/Kim Kyung-Hoon)
Eine aus der Gefahrenzone evakuierte Anwohnerin hält Bilder von ihrem bei der Explosion zerstörten Haus in die HöheBild: Reuters/K. Kyung-Hoon

Entschädigung für einige Anwohner geplant

Einige der Anwohner sollen zumindest teilweise entschädigt werden. Die Stadtregierung will Wohnungen zurückkaufen, die bei dem Unglück geschädigt wurden, berichteten Staatsmedien. Für wen und für wieviele Betroffene dieses Angebot gelten soll, ist allerdings noch unklar. Zunächst sollen Experten die etwa 17.000 Wohnungen begutachten. "Wenn die Arbeit getan ist, wird entschieden, welche Häuser abgerissen, neu gebaut oder zurückgekauft werden", teilte Tianjins stellvertretender Bürgermeister Zong Guoying mit.

Ein Feuerwehrmann läuft durch die zerstörte Gegend, in der sich die Explosion ereignete (Foto: REUTERS/Stringer)
Szenen der Zerstörung: Tianjin zwei Tage nach dem UnglückBild: Reuters/Stringer

Illegale Geschäfte der Lager-Eigentümer aufgedeckt

Derweil haben Ermittler illegale Geschäfte der Betreiber des Lagers aufgedeckt. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet von Vetternwirtschaft zwischen gut vernetzten Vertretern des "dubiosen Unternehmens" Ruhai Logistics und Aufsichtsorganen.

Die offiziellen Inhaber der Firma waren demnach Strohmänner. Hinter ihnen verbergen sich der Sohn des früheren Polizeichefs des Tianjiner Hafens, Dong Shexuan, und Yu Xuewei, ein früherer Manager des staatlichen Ölkonzerns Sinochem. Sie sollen durch gute Beziehungen zu Polizei und Feuerwehr auch in kritischen Fällen Genehmigungen erhalten und Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten haben. So war das Gefahrengutlager nur 650 Meter von Wohnhäusern und einem Bahnhof entfernt, obwohl 1000 Meter vorgeschrieben sind. Zudem habe das Unternehmen zwischen Oktober 2014 und Juni 2015 trotz einer abgelaufenen Erlaubnis Chemikalien transportiert, berichtete Xinhua.

sp/uh (dpa, afp)