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Politik

Washington: "Wie ein Militärstützpunkt"

17. Januar 2021

Zur Amtseinführung des US-Präsidenten kommen normalerweise Hunderttausende Schaulustige. Doch bei Bidens Inauguration am Mittwoch wird in Washington fast alles anders sein. Schuld sind Corona und die Angst vor Gewalt.

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USA | Washington | Militärpräsenz | vor Amtseinführung Joe Biden
Bild: Carolina Chimoy/DW

Washington, eine Stadt im Ausnahmezustand. Nach den Ereignissen vom 6. Januar, als eine kleine Anzahl Sicherheitsbeamte vor dem Kapitol von gewalttätigen Aufständischen überrannt wurde, ist die Angst vor Ausschreitungen in den Tagen vor Joe Bidens Amtseinführungsfeier am Mittwoch groß. Und auch, wenn sie seit dem Sturm aufs Kapitol in den Hintergrund gerückt ist - die Coronavirus-Pandemie wütet in Washington und den gesamten USA wie fast überall auf der Welt weiterhin.

Keine guten Vorzeichen also für ein Volksfest zur Amtseinführung des kommenden demokratischen US-Präsidenten. Normalerweise versammeln sich auf der National Mall in Washington hunderttausende Menschen, um einen Blick auf den Präsidenten zu erhaschen, der auf den Stufen des Kapitols den Amtseid spricht, um dem Musikprogramm zu lauschen oder einfach dabei zu sein. Neben Auftritten von Stars wie Beyonce oder Aretha Franklin gehören auch Kinder- und Kirchenchöre fest zum Programm einer Amtseinführung.

USA | Washington | Militärpräsenz | vor Amtseinführung Joe Biden
Gähnende Leere statt jubelnder Massen: In diesem Jahr wird es keine Präsidentenparade gebenBild: Carolina Chimoy/DW

Nach dem Amtseid des Präsidenten folgt normalerweise eine Parade, bei der das Präsidenten- und das Vizepräsidentenpaar an Zuschauertribünen vorbei die Pennsylvania Avenue entlang zum Weißen Haus flaniert. Auch das Militär und verschiedene Blaskapellen nehmen normalerweise an der Parade teil.

Keine Menschenansammlungen

Dieses Jahr ist alles anders. Die offiziellen Stellen bitten alle Amerikaner eindringlich darum, nicht für die Feierlichkeiten anzureisen. "Am 20. Januar wird es eine Machtübergabe geben und wir werden mit unseren Partnern in der Bundesregierung zusammenarbeiten, um die Sicherheit der Region rund um unsere Hauptstadt zu garantieren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Washingtons Bürgermeisterin und den Gouverneuren der beiden Nachbarstaaten Maryland und Virginia. "Aufgrund der besonderen Umstände […] wie dem gewalttätigen Aufstand vergangene Woche sowie der tödlichen COVID-19 Pandemie machen wir den außergewöhnlichen Schritt, die Amerikaner zu ermutigen, nicht nach Washington, DC zu kommen."    

Bei der ersten Amtseinführung von Barack Obama 2009 waren noch 1,8 Millionen Menschen im Zentrum Washingtons dabei gewesen. Bei Donald Trump 2017 sollen es rund 500.000 Zuschauer gewesen sein.

USA I Washington I Kapitol I Nationalgardisten
Mitglieder der Nationalgarde schlafen in den Fluren des KapitolsBild: Kevin Dietsch/UPI Photo/newscom/picture-alliance

Schon vor der Stürmung des Kapitols durch Rechtsextreme am 6. Januar, bei der fünf Menschen ums Leben kamen, wurde die Inauguration dieses Jahr als Veranstaltung mit sehr kleinem Publikum geplant. Eine "gigantische Amtseinführungsparade die Pennsylvania Avenue herunter" sei wegen Corona nicht angebracht, ließ Joe Biden Anfang Januar verlauten.

Höchste Sicherheitsstufe

Seit den Ausschreitungen ist COVID-19 nun die kleinere Sorge. Die US-Hauptstadt verbarrikadiert sich, in Downtown Washington sind viele Geschäfte und Bürogebäude schon mit Spanholzplatten versehen. Der Secret Service hat die Verantwortung für die Sicherheit rund um die Amtseinführung am Mittwoch übernommen. Mehr als 20.000 Nationalgardisten wurden für die Zeremonie mobilisiert. Zum Vergleich: Bei Trumps Inauguration vor vier Jahren waren es rund 8000. Die Bilder von einigen der Soldaten, die schon jetzt auf dem Marmorboden im Kapitol schlafen, gingen um die Welt.

Und das ist längst nicht alles. Das normale Leben wird am Mittwoch in Washington beinahe zum Erliegen kommen, viele Einschränkungen gelten schon jetzt. Der Bereich ums Kapitol wird für den Verkehr weiträumig abgesperrt, bewaffnete Soldaten patrouillieren entlang eines zwei Meter hohen Zaunes rund um den Sitz des Kongresses. "Ich fühle mich sicher jetzt, es sieht ja hier aus wie auf einem Militärstützpunkt", sagt Jim Freund, ein Anwohner, der wenige Blocks vom Capitol entfernt zuhause ist, der DW.

Buchungen gecancelt

Washington rüstet sich

Ab dem Wochenende bleiben 13 U-Bahnstationen im Zentrum Washingtons geschlossen. Möglichen Demonstranten soll es so schwer wie möglich gemacht werden, sich dem Ort des Geschehens zu nähern. Die National Mall zwischen Kapitol und Lincoln Memorial wird bis mindestens 21. Januar für die Öffentlichkeit gesperrt.

Friseursalons und Fitnessstudios bleiben am Mittwoch zu, falls sie nicht wegen der Pandemie sowieso schon geschlossen haben. Und auch in Washington zu übernachten wird für Gäste von außerhalb in der Woche der Amtseinführung nicht einfach sein. Am Mittwoch gab Airbnb bekannt, dass alle Reservierungen im betreffenden Zeitraum im Großraum Washington gecancelt wurden.

In seinem Statement erklärte das Unternehmen für die Vermittlung von privaten Übernachtungsmöglichkeiten, die Entscheidung beruhe auf der Bitte von Washingtons Bürgermeisterin und den Gouverneuren der benachbarten Bundesstaaten, der Hauptstadt fernzubleiben. Außerdem gebe es Informationen, dass Milizen und gewaltbereite Randalierer in die Stadt kommen wollen, um Bidens Amtseinführung zu stören. "Wir arbeiten weiterhin daran, sicherzustellen, dass Mitglieder solcher Gruppen kein Teil der Airbnb-Community sind", so das Unternehmen.

USA Washington Repräsentantenhaus | Beratung Impeachment
Ein Schatten liegt über dem Kapitol in Washington, DCBild: Stefani Reynolds/Getty Images

Leidenschaftliche Gegner von Joe Biden werden sich von diesen Maßnahmen nicht fernhalten lassen. Aber anders als noch beim Sturm auf das Kapitol ist Washington nun - hoffentlich - vorbereitet.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker