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Was Schwangere über die COVID-19-Impfung wissen sollten

7. Mai 2021

Gynäkologische Fachverbände fordern, Schwangere bevorzugt gegen COVID-19 zu impfen. Doch es herrscht viel Unsicherheit - vor allem bei den Schwangeren. Das sollten sie über die Impfung wissen.

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Eine Schwangere steht mit Maske vor einem Krankenhaus in Peru
Gerade Schwangere sollten sich impfen lassen Bild: El Comercio/Zumapress/picture alliance

Die Studienlage macht deutlich: Schwangere zählen in der Corona-Pandemie zur Hochrisikogruppe für eine COVID-19-Erkrankung. In Ländern wie den USA, Großbritannien, Israel oder Belgien sind werdende Mütter deshalb auf der Liste derjenigen, die prioritär geimpft werden sollen, weit nach vorn gerückt. 

Auch in Deutschland machen nun gynäkologische Fachverbände und Frauenärztinnen und -ärzte mit einer Stellungnahme Druck auf die noch zögernde Ständige Impfkommission (STIKO). Die hält eine Impfung gegen COVID-19 zwar auch während der Schwangerschaft für sinnvoll, möchte sie aber – mit Verweis auf zu wenige valide Daten – nicht generell empfehlen. 

Was geschieht während der Schwangerschaft?

Im Bundesland Sachsen wollte man nicht auf die STIKO warten. Die Sächsische Impfkommission (SIKO), neben der STIKO die einzig andere Impfkommission Deutschlands, hat gerade beschlossen, die COVID-19-Impfung für Schwangere zu empfehlen. 

Im Rest des Landes bleibt die Nutzen-Risiko-Abwägung einer Impfung vorerst den behandelnden Gynäkologinnen und Gynäkologen und vor allem den Schwangeren selbst überlassen. Umso wichtiger, dass werdende Eltern ein paar Fakten kennen. 

Wie gefährlich ist eine COVID-19-Infektion in der Schwangerschaft?

"Grundsätzlich sind Schwangere anfälliger für sämtliche Infektionskrankheiten", sagt Cornelia Hösemann, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und Vorsitzende des sächsischen Landesverbandes desBerufsverbandes der Frauenärzte (BVF). "Während der Schwangerschaft wird das Immunsystem der Mutter heruntergefahren, damit das Baby nicht abgestoßen wird, dessen Erbgut ja zur Hälfte vom Vater kommt und für den mütterlichen Körper fremd ist." 

Elf Fachverbände fordern die bevorzugte Impfung von Schwangeren deshalb, weil ausreichend Daten belegen, dass auch eine COVID-19-Infektion für Mutter und Kind gefährlich werden kann. 

Corona: Ärzte am Limit

"Viele Schwangere machen sich berechtigte Sorgen, dass sie sich infizieren und schwer erkranken könnten", sagt Christian Albring, praktizierender Gynäkologe und Präsident des BVF, der an der Stellungnahme beteiligt war, gegenüber der DW. "Frauenärztinnen und -ärzte in den Unikliniken berichten, dass es in der jetzigen Infektionswelle mehr schwerkranke Schwangere auf den Intensivstationen gibt als im vorigen Jahr."

Im Positionspapier der Fachgesellschaften heißt es, dass Schwangere im Vergleich mit Nicht-Schwangeren sechsmal häufiger intensivmedizinisch behandelt werden müssen. 

Eine im Fachjournal "Jama Pediatrics" veröffentlichte Studie liest sich besonders alarmierend: Die Forschenden stellten nicht nur schwerere Krankheitsverläufe bei Schwangeren im Vergleich zu Nicht-Schwangeren fest, sondern auch eine höhere Sterblichkeitsrate bei Mutter und Kind.

Der Virologe Christian Drosten gibt im NDR-Podcast "Coronavirus-Update“ allerdings zu bedenken, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werdende Mütter in 18 Ländern in die Untersuchung eingeschlossen hätten, darunter auch in Nationen, in denen eine grundsätzlich schlechte Gesundheitsversorgung Schwangerschaften generell riskanter macht – auch ohne eine COVID-19-Infektion.

Warum werden in einigen Ländern Schwangere geimpft, in Deutschland aber nicht?

"Seit in Deutschland geimpft wird, kommen die Schwangeren in meine Praxis und fragen verständlicherweise: Warum nicht auch wir?“, sagt Gynäkologin Hösemann. 

Die STIKO begründet ihre Zurückhaltung damit, dass Schwangere aus den klinischen Studien mit den COVID-Vakzinen bisher ausgeschlossen waren. Eine Vorsichtsmaßnahme, die Mutter und Kind schützen soll.

Die Impfstoffhersteller Pfizer und BioNTech haben allerdings im Februar eine klinische Studie gestartet, um die Wirksamkeit ihrer Vakzine auch an Schwangeren zu testen und begründeten den Schritt mit dem hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung. 

Kann eine Impfung für Mutter und Kind schädlich sein?

Bisher liegen keine Daten vor, die diese These belegen würden – im Gegenteil. In den USA haben sich beim sogenannten V-safe COVID-19 Vaccine Pregnancy Registry der Gesundheitsbehörde Centers of Disease Control and Prevention (CDC) bisher mehr als 106.000 Menschen gemeldet, die angaben, während der Impfung schwanger gewesen zu sein (Stand 3.5.2021). 

"Die Analysen ergaben keine Sicherheitsbedenken für schwangere Personen, die geimpft wurden, oder für deren Babys", meldet die Behörde. Dennoch seien weitere Untersuchungen erforderlich, vor allem bei Frauen, die während des ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittels geimpft würden. 

In den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft ist die Gefahr einer Fehlgeburt besonders groß. Aus den US-Daten lässt sich zumindest ableiten, dass sich die Rate der Fehlgeburten bei Geimpften nicht erhöht. 

In Frankreich will man trotzdem kein Risiko eingehen und impft Schwangere erst nach Abschluss des ersten Schwangerschaftsdrittels. Virologe Drosten bezeichnet das Vorgehen Frankreichs als "guten, vorsichtigen Kompromiss".

Die Frauenärztin Hösemann, die auch Mitglied der STIKO ist, verkündet im Gespräch nicht ohne Stolz, dass die Sächsische Impfkommission nun ebenfalls beschlossen hat, die Impfung für Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche zu empfehlen. "Wir stützen uns dabei auf die Daten aus den USA und anderen Ländern, die die Impfung bereits empfehlen und für sicher befunden haben."

Welcher Impfstoff ist geeignet?

Schwangeren wird ausschließlich ein mRNA-Impfstoff verabreicht wie ihn BioNTech/Pfizer oder Moderna anbieten. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Schwangeren in den USA oder Israel mit einem mRNA-Impfstoff versorgt wurden und die vorliegenden Daten dafürsprechen, dass die Vakzine wirksam und sicher ist.

"Nachgewiesen ist außerdem, dass die IgG-Antikörper (die nach der Impfung im Körper gegen das Virus gebildet werden Anm. d. Red.) über die Plazenta zum Kind gelangen“, sagt Hösemann.

Eine im American Journal of Obstetrics and Gynecology veröffentlichte Untersuchung fand die impfinduzierten Antikörper auch in der Muttermilch. 

Die Muttermilch macht's

Hösemann erzählt von einer Frau, die mit der Vakzine von AstraZeneca geimpft wurde, bevor sie von ihrer Schwangerschaft wusste. Das sei kein Grund zur Panik, beruhigt die Ärztin. "Wer mehrere Wochen nach der Impfung keine Symptome hat und sich wohlfühlt, hat die Impfung gut vertragen." Die zweite Dosis wird dann eine mRNA-Vakzine sein. 

Wenn die STIKO die Vakzine nicht empfiehlt, können Frauenärzte dann trotzdem impfen?

Für alle Gynäkologen und Schwangeren in Sachsen hat sich diese Frage gerade erledigt. Im restlichen Land bleibt das Impfen eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung. "Das kann derzeit bereits in Einzelfällen nach einer sehr ausführlichen Beratung geschehen, wenn das Risiko einer Ansteckung UND eines schweren Verlaufs sehr hoch sind", sagt BVF-Präsident Christian Albring.

Schwangere, deren Risiko sich beispielsweise durch Übergewicht oder Vorerkrankungen noch erhöht, haben bessere Chancen auf die Spritze, weil deren Ärzte sie dann eher priorisieren werden.

Alle anderen, denen die Ärzte vorerst aus Vorsicht noch von einer Impfung abraten, können zumindest auf eins hoffen: Zwei Kontaktpersonen könnten ein Impfangebot bekommen und die werdende Mutter auf diese Weise indirekt schützen.

Cornelia Hösemann ist allerdings vorsichtig optimistisch, dass die STIKO nicht mehr lange warten, sondern der Impfempfehlung aus Sachsen bald folgen wird. Dann fehlt eigentlich nur noch eines: genügend Impfstoff.