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Was leistet die Sportpsychologie?

24. Februar 2010

Lange haben Leistungssportler nicht erkannt, welchen Wert ein mentales Training oder die Betreuung durch Sportpsychologen für ihre Leistungen haben können. In Deutschland hat sich das in den vergangenen Jahren geändert.

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Magdalena Neuner (Foto: ap)
Olympiasiegerin Magdalena Neuner arbeitet mit einem MentalcoachBild: AP

Die Angst vorm Versagen, die Furcht vor Misserfolgen, die Sorge, Trainer, Sponsoren und Zuschauer zu enttäuschen: Der Druck im Leistungssport ist hoch, für die Athleten ist er ein ständiger Begleiter. Nicht wenige Sportler arbeiten daher mit einem Sportpsychologen oder Mentalcoach zusammen, der ihnen hilft, ihre Leistung zu verbessern. "Im Spitzensport geht es um die Frage der Verbesserung der psychischen Leistungsvoraussetzungen wie zum Beispiel Wahrnehmung, Aufmerksamkeit aber vor allem auch der Fähigkeit, Druck standzuhalten", sagt Dorothee Alfermann. Sie ist Professorin für Sportpsychologie an der Sporthochschule Leipzig und forscht seit über 30 Jahren in diesem Feld. Die Gründe, warum Druck entsteht, sind dabei sehr vielfältig, erklärt sie: "Die hohen Erwartungen, die Zuschauer, die Eltern, der Wettkampf als solcher kann Personen Angst machen.“

In Stresssituationen helfen Routinen

Die Sportpsychologen versuchen daher, die Athleten zu schulen, sich besser auf ihren Wettkampf zu konzentrieren und darum, auch in kritischen Situationen die Ruhe zu bewahren. "Das geschieht zum Beispiel dadurch, dass ich bestimmte Routinen entwickele. Routinen sind sehr wichtig", erklärt die Psychologin. "Das kann bei manchen Sportlern soweit gehen, dass sie richtig abergläubisch werden. Man darf natürlich nicht übertreiben und denken: Wenn ich nicht das rote T-Shirt habe, geht alles schief."

Tennisspieler Thomas Enquist pustet in die Hand (Foto: dpa)
Hüsteln, titschen, in die Hand pusten - Routinen im TennisBild: picture alliance/dpa/dpaweb

Im Wasserspringen gehen die Athleten ihre Sprünge immer wieder in ihrer Vorstellung durch, bevor sie auf den Turm steigen und ihren Sprung machen. So erzeugen sie Sicherheit. Mancher Hochspringer macht dasselbe. Vor dem nächsten Versuch sieht er sich im Geiste selbst dabei zu, wie er die Latte überquert. Bestes Beispiel, so Dorothee Alfermann, seien die Tennisspieler: "Viele gucken sich vor dem Ballwechsel drei, vier manche sogar fünf Bälle an und suchen sich dann einen oder zwei raus. Oder sie hüsteln noch mal in die Hand." Jeder habe eine bestimmte Routine und die helfe im Wettkampf routiniert zu bleiben. "Sie müssen ja immer sehen, dass sie ihre Leistungen abrufen und die müssen automatisiert sein. Man kann schließlich nicht im Wettkampf anfangen darüber nachzudenken, wie man den Schlag führen oder wie man beim Aufschlag den Schläger halten muss, so was geht nicht."

Eine weitere beliebte Technik ist die Selbstinstruktion, eine Art Selbstgespräch, mit der der Athlet lernt, sich in bestimmten Situationen anzufeuern oder zu beruhigen. Der Sportler schiebt Gedanken weg, die schädlich wären und versucht stattdessen, im positiven Sinne an die nächste Handlung zu denken.

Keine Psychiater

Sportpsychologen sind im deutschen Leistungssport mittlerweile weit verbreitet, auch wenn sich viele Disziplinen, besonders der Fußball, lange schwer getan haben oder immer noch tun, den Sportpsychologen oder Mentalcoach als weiteren Experten im Trainerteam zu akzeptieren. Die Besetzung im Begleittross der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver zeigt aber, dass hier – wenn auch im Vergleich mit anderen Nationen eher spät – ein Umdenken stattgefunden hat. Auch in Vancouver sind Mentaltrainer dabei.

Biathletin Magdalena Neuner am Schießstand (Foto: dpa)
Glück nicht vom Schießerfolg, sondern Schießerfolg vom Glück abhängigBild: picture alliance / dpa

Profitiert hat bei ihrem Training mit dem Mentalcoach Biathlon-Olympiasiegerin Magdalena Neuner, die aber auch erst überzeugt werden musste, seine Dienste in Anspruch zu nehmen. "Es ist wichtig, irgendwann zu verstehen, dass es nicht reicht, nur körperlich zu trainieren, sondern dass man einfach mehr machen muss", sagte Neuner nach ihrer Goldmedaille in der Verfolgung. "Ich habe das Gott sei dank früh genug kapiert, dass es wichtig ist, auch im mentalen Bereich etwas zu tun. Ich habe dort ganz, ganz viel gemacht und das hat mich extrem weitergebracht."

Für die Sportpsychologie ist es hilfreich, sagt Dorothee Alfermann, wenn erfolgreiche Athleten wie Magdalena Neuner offen darüber sprechen, dass sie mit einem Mentalcoach zusammenarbeiten. Nur so können auch die letzten Vorurteile abgebaut werden. Doch auch die Sportler profitieren selbstverständlich. Denn der Erfolg gibt der Arbeit der Sportpsychologen meistens recht.

Autor: Andreas Ziemons
Redaktion: Arnulf Boettcher