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Politik

Bolsonaro will keine ausländischen Ratschläge

23. August 2019

Tausende Feuer wüten im Amazonasgebiet und bringen die grüne Lunge der Erde in Gefahr. Weil der französische Präsident Macron die Waldbrände auf dem G7-Gipfel zum Thema machen will, ist Präsident Bolsonaro verstimmt.

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Brasilien Waldbrände
Bild: Reuters/A. Machado

Die verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet sorgen für internationale Spannungen. Brasiliens Staatsführung lehnte Ratschläge aus dem Ausland ab. "Die brasilianische Regierung ist weiterhin offen für einen Dialog, der auf objektiven Daten und gegenseitigem Respekt beruht", schrieb Präsident Jair Bolsonaro auf Twitter. "Der Vorschlag des französischen Präsidenten, die Probleme des Amazonas auf dem G7-Gipfel zu diskutieren, ohne die Länder der Region zu beteiligen, lässt aber auf eine kolonialistische Denkweise schließen."

Zuvor hatte der französische Präsident Emmanuel Macron angekündigt, das Thema auf die Agenda des Gipfels der führenden Industrienationen in Biarritz zu setzen. "Unser Haus brennt. Wortwörtlich", erklärte Macron auf Twitter zu einem Foto des brennenden Regenwalds. Die Brände bedeuteten eine internationale Krise, so Macron. Er rief die Regierungschefs der G7-Länder auf, "diesen Notfall" als ersten Punkt beim Gipfeltreffen ab Samstag zu besprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich der Forderung des französischen Präsidenten an.

Brasilien ist bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industriestaaten nicht dabei. Im südwestfranzösischen Seebad Biarritz treffen sich von Samstag bis Montag Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien, Kanada, die USA und Japan. 

Nur Sensationsgier?

"Ich bedaure, dass Präsident Macron versucht, eine interne Angelegenheit Brasiliens und anderer Länder der Amazonasregion zum eigenen politischen Vorteil zu instrumentalisieren", schrieb Bolsonaro weiter. "Der sensationionsgierige Ton, mit dem er sich auf den Amazonas bezieht, löst das Problem nicht." In einer bei Facebook ausgestrahlten Sendung sagte Brasiliens Staatschef, die Länder, die Geld an Brasilien zahlten, schickten es nicht aus Großzügigkeit: "Sie schicken es mit dem Ziel, unsere Souveränität zu beschneiden."

Brasilien Präsident Jair Bolsonaro
Jair Bolsonaro sieht im Amazonasbecken eine Fundgrube für Bergbau und LandwirtschaftBild: Reuters/A. Machado

Zudem warf er Macron vor, für seinen Tweet ein falsches Bild verwendet zu haben. Tatsächlich zeigt das Foto nicht die aktuellen Brände und ist schon Jahre alt. Es stammt vom US-Fotografen Loren McIntyre, der bereits 2003 starb. In der aktuellen Debatte über die Brände wird das Bild häufig gepostet, zuletzt auch von Hollywoodstar und Umweltaktivist Leonardo DiCaprio.

Auch UN warnen

Nach der weltweiten Empörung über die Brände in der Amazonasregion betonten auch die Vereinten Nationen die Bedeutung intakter Wälder. "Der Erhalt des Waldes ist für unseren Kampf gegen den Klimawandel von entscheidender Bedeutung", sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric. Die Vereinten Nationen seien besorgt über die Lage in dem Gebiet und die bereits verursachten Schäden.

Irland droht einem Medienbericht zufolge mit einer Blockade des EU-Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, wenn Brasilien den Regenwald am Amazonas nicht besser schützt. Ministerpräsident Leo Varadkar sei sehr besorgt über das rekordträchtige Ausmaß der Regenwald-Zerstörung, berichtete die Zeitung "Irish Independent" unter Berufung auf Aussagen des Regierungschefs. "Irland wird keinesfalls für das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen stimmen, falls Brasilien seinen Umweltschutzverpflichtungen nicht nachkommt", so Varadkar. 

Die von der schwedischen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg initiierte Bewegung "Fridays for Future" warf Bolsonaro vor, mit seiner Umweltpolitik zu den Feuern beizutragen. Dessen Regierung sehe den Amazonas-Regenwald lediglich als "Milchkuh". Unter dem Schlagwort "SOS Amazonas" rief die Bewegung dazu auf, an diesem Freitag vor diplomatischen Vertretungen Brasiliens in aller Welt zu demonstrieren.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Unterdessen leitete die brasilianische Justiz wegen der Feuer erste Ermittlungen ein. Im Bundesstaat Pará solle geprüft werden, warum der von Bauern angekündigte "Tag des Feuers" vor einer Woche nicht verhindert wurde, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Medienberichten zufolge hatten Farmer im Südwesten von Pará zuletzt in einer koordinierten Aktion große Flächen entlang einer Landstraße in Brand gesteckt, um Platz für neue Weideflächen zu schaffen.

In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. Nach Angaben des brasilianischen Weltraumforschungsinstitut INPE brachen landesweit binnen 48 Stunden fast 2500 neue Brände aus. Demnach gab es seit Jahresbeginn bereits mehr als 75.000 Waldbrände - ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In den meisten Fällen waren Flächen in Privatbesitz betroffen, aber auch in Naturschutzgebieten und indigenen Ländereien brechen immer wieder Feuer aus. Als Hauptgrund gilt die Waldrodung. Inzwischen bot der Staatschef Ecuadors, Lenin Moreno, an, Feuerwehrleute zu schicken, um die Waldbrände zu bekämpfen. 

Schwenkt Bolsonaro um? 

Präsident Bolsonaro hatte zuletzt Umweltschützern vorgeworfen, die Brände gelegt zu haben, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und seine Regierung in ein schlechtes Licht zu rücken. Naturschützer hingegen gehen davon aus, dass Farmer mit den Feuern neue Weideflächen erschließen. Sie könnten sich von Bolsonaro ermutigt fühlen, der sich für den Regenwald vor allem wegen dessen ungenutzten wirtschaftlichen Potenzials interessiert. Der Präsident räumte nun ein, dass die massiven Waldbrände im Amazonas möglicherweise illegal von Landwirten gelegt wurden. Er räumte auch ein, dass sein Land nicht über die Mittel verfüge, die Feuer unter Kontrolle zu bringen. Das Amazonas-Gebiet sei größer als Europa, sagte er. "Wir haben nicht die Ressourcen dafür." 

Die Staatsanwaltschaft will nun die Verantwortlichen zur Verantwortung ziehen. "Für die Bundesstaatsanwaltschaft ist die Bekämpfung der illegalen Entwaldung Staatsräson und keine spezifische Regierungspolitik", hieß es in der Mitteilung der Ermittler. "Der Kampf gegen Abholzung und Brandrodung ist keine Handlungsoption der öffentlichen Hand. Es ist ihre Pflicht."

kle/ie (afp, dpa, rtr, ape)