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Wahlkampfarena Bundestag

Cornelia Rabitz14. September 2002

Es war nicht anders zu erwarten - in der letzten Debatte dieser Legislaturperiode wurde der Bundestag zur Wahlkampfarena.

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Kanzler Gerhard Schröder und sein Herausforderer Edmund Stoiber trafen aufeinander. Rund eine Woche vor der Bundestagswahl war ihnen die ungeteilte Aufmerksamkeit gewiss.

Es war nicht die Etat-Debatte in der üblichen Routine - an diesem Freitag (13.9.) wurde das Bundestagsplenum umfunktioniert zur Wahlkampfarena, und alle, die es wollten, konnten - neun Tage vor der Wahl - die politischen Matadore nochmals besichtigen und ihre Argumente hören. Neues war freilich nicht darunter.

Die jüngsten demoskopischen Daten - Aufschwung für die SPD, Stagnation im Unionslager - sorgten da für zusätzliche Debatten-Würze, sie beflügeln oder belasten, je nach politischem Standort - auch dies war in der Redeschlacht spürbar.

Kein Wunder, dass sich das Parlament gar nicht erst mit Präliminarien aufhielt. Die beiden Hauptkontrahenten, Stoiber und Schröder, stiegen am Morgen sofort in den Ring. Edmund Stoiber, der Kanzlerkandidat der Union, mühte sich hörbar um kämpferische Töne, die ihm auch gelangen, er hielt der Bundesregierung vollständiges Versagen in der Wirtschaftspolitik, Antiamerikanismus und Isolationismus in der Außenpolitik vor und dennoch blieb der Eindruck, dass sich hier ein penibler Buchhalter aufgemacht hatte, mit strenger Miene eine Fehlerliste zu notieren.

Stoiber hat es versäumt, eigene Entwürfe zu präsentieren, mit Schwung für Positionen zu werben, eine Vision zu entwerfen, den großen Unterschied zu rot-grün zu beschreiben. Er bleibt auch in dieser letzten Phase des Wahlkampfes vage und zurückgenommen und man wünschte sich fast, der alte, bissige, polarisierende, der wadenbeißerische Stoiber käme nochmal zum Vorschein.

Der Amtsinhaber, Bundeskanzler Gerhard Schröder, tat gut daran, auf unnötige Polemik zu verzichten, er begegnete seinem Kontrahenten mit staatsmännischer Herablassung, hob vor allem die Leistungen der rot-grünen Regierung hervor, und kündigte die Fortsetzung des Kurses an mit den Stichworten soziale Gerechtigkeit, Bildungschancen,
Balance von Ökonomie und Ökologie.

In der Irak-Frage blieb es bei den bekannten Positionen, die Regierung lehnt eine militärische Intervention ab.

Es hätte ein recht gesitteter, um nicht zu sagen langweiliger
Schlagabtausch sein können, wäre da nicht ein gewisser Joschka Fischer. Der Bundesaußenminister und Spitzenkandidat der Grünen erwies sich einmal mehr als begnadeter Redner, kämpferisch, polemisch, mit Witz und Wortgewalt beschränkte er sich keineswegs nur auf sein Ressort, sondern sprach auch gleich zur Umwelt-,
Wirtschafts-, und Sozialpolitik.

Zu Beginn des Wahlkampfes hatten SPD und Grüne stark auf Eigenständigkeit gesetzt, jetzt praktizieren die Spitzenleute Schröder und Fischer die perfekte Arbeitsteilung, allein dieser Kombination ist es zu danken, dass in der letzten großen Bundestagsdebatte vor der Wahl die Konturen der rot-grünen Politik auf allen Feldern klar umrissen wurden. Wo Stoiber gerne vernebelt und ummäntelt, geht das Duo Schröder/Fischer in die Offensive. Die Union zieht mit ihrem Kandidaten da den kürzeren - womit über das Wahlergebnis freilich noch nichts gesagt ist.