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Wahlen im Schatten des Massenprotests

22. Mai 2011

Den Zorn vieler Wähler dürften vor allem die Sozialisten von Regierungschef Zapatero zu spüren bekommen. Unter dem Eindruck anhaltender Massenproteste finden in Spanien Regional- und Kommunalwahlen statt.

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Demonstrationen in Barcelona (Foto: AP)
Unzufrieden mit der Politik: Demonstranten in BarcelonaBild: dapd

In Spanien kocht die Volksseele: Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau, dazu ein scharfer Sparkurs der Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero. Vor allem dessen Sozialisten droht nun an diesem Sonntag (22.05.2011) eine herbe Wahlschlappe. In 13 der 17 autonomen Regionen Spaniens werden neue Regionalparlamente gewählt. Im ganzen Land sind zudem 35 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, mehr als 8000 Bürgermeister zu bestimmen.

Ein Verbot? Egal!

Regierungschef Zapatero (Foto: AP)
Muss mit Wahlschlappe rechnen: ZapateroBild: AP

Auch am Samstag waren in Spanien wieder zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um sich für politische Reformen einzusetzen - vor allem in Madrid, aber auch in Barcelona, Valencia, Sevilla und etlichen anderen Städten. Die Kundgebungen seien friedlich verlaufen, teilte die Bewegung "Echte Demokratie jetzt" mit.

Mit ihren Demonstrationen setzten sich die Menschen über die zentrale Wahlkommission hinweg, die wegen des Urnengangs jegliche Kundgebungen am Wochenende untersagt hatte. "Wir lassen uns nicht vertreiben", skandierten die Demonstranten vielerorts. Insgesamt hatte die Protestbewegung der "Jungen Empörten" zu Kundgebungen in rund 150 Städten aufgerufen. Viele Teilnehmer schlossen sich spontan den mehr als 60 Camps auf besetzen Plätzen im ganzen Land an. Dort hielten sie Versammlungen ab und debattierten über politische und soziale Reformen.

Die Behörden duldeten die Proteste trotz des Verbotes. Die Regierung hatte die Polizei angewiesen, jede Eskalation zu vermeiden. Die Protestbewegung denkt angesichts des Erfolgs inzwischen darüber nach, die Aktionen auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Ursprünglich sollten sie nur bis zum Wahltag dauern. "Es ist fantastisch, wir schreiben Geschichte. Darüber werden noch unsere Kinder und Enkelkinder lesen", sagte eine Sprecherin der Bewegung auf dem Platz der Puerta del Sol im Herzen Madrids. "Die Welt schaut auf uns", meinte ein anderer Aktivist angesichts des steigenden Interesses internationaler Medien.

Nur dagegen?

Proteste in Madrid (Foto: AP)
Menschenmassen in MadridBild: dapd

Der französische Autor Stéphane Hessel, dessen Essay "Empört euch" einer der Leitfäden der Proteste in Spanien ist, begrüßte die Kundgebungen, merkte aber auch kritisch an: "Die Demonstranten dürfen nicht nur gegen etwas sein, sie müssen auch für etwas sein." Ihnen müsse klar werden, welche Veränderungen sie anstrebten, sagte er im spanischen Radio.

Ministerpräsident Zapatero äußerte Verständnis für die Proteste. "Die Forderungen und Demonstrationen machen uns keine Angst, sondern verpflichten uns, nach Lösungen zu suchen", sagte er. In Spanien ist jeder fünfte Erwerbsfähige ohne Job, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 45 Prozent. Wegen der hohen Verschuldung setzte die Regierung einen strengen Sparplan durch: Beamtengehälter wurden gekürzt, Renten eingefroren, Kündigungen erleichtert.

Aus Solidarität mit dem "spanischen Frühling" gab es auch Kundgebungen im Ausland, darunter in Hamburg, wo am Samstag rund 200 junge Menschen vor dem Generalkonsulat Spaniens zusammenkamen. In Berlin versammelten sich am Brandenburger Tor rund 400 Menschen, um sich mit den Demonstranten in Spanien zu solidarisieren.

Autoren: Marko Langer / Christian Walz (mit dpa, afp)
Redaktion: Rolf Breuch