Von Typen und Temperamenten
Erbsenzähler sind übergenau, Mauerblümchen zu schüchtern und auf Hallodris ist kein Verlass. Überflieger lernen schnell, Nieten können gar nichts. In der Umgangssprache findet jeder Charakter-Topf sein Wort-Deckelchen.
Manche Menschen mögen es laut und deutlich, die anderen eher leise und höflich. Für manche sind Ideale wichtig, andere setzen eher auf Karriere. Typen, Temperamente und Charaktere gibt es Dutzende – bei Frauen wie bei Männern. Und alle haben einen Namen.
Ordnung ist alles
„Erbsenzähler“ zählen zu den unsympathischen Spezies. Getreu dem Leitsatz „Ordnung ist alles“ achten sie ebenso wie „Korinthenkacker“ darauf, dass Vorschriften eingehalten werden und alles an seinem Platz steht. Beide kommen stets pünktlich zur Arbeit, sind korrekt gekleidet, haben einen aufgeräumten Schreibtisch und gehen selbstverständlich niemals bei Rot über die Straße. Besonders unbeliebt machen sich Erbsenzähler meist dadurch, dass sie auch ihren Mitmenschen gegenüber ständig betonen, wie wichtig es ist, die Form die Form wahren nicht gegen die Umgangsformen verstoßen zu wahren die Form wahren nicht gegen die Umgangsformen verstoßen und Regeln zu befolgen.
Ein „kluger Kopf“, „Alleskönner“ oder gar ein „Überflieger“, der alles schneller lernt und versteht als andere, ist so ein Erbsenzähler nicht. Eher ein „Kleingeist“, ein Mensch mit durchschnittlichem Verstand, der aber kreative und großzügige Lösungen stets dadurch verhindert, dass er nicht rechts und links nach Wegen sucht, also außerhalb der Gewohnheit und Vorschrift denken will.
Mehr Schein als Sein
Zu viel Puder, Lidschatten Lidschatten, - (m.) Schminke zur Färbung und Betonung des Augenlides und Lippenstift wirkt selten attraktiv. So wie manche Frauen es mit der Schminke übertreiben etwas übertreiben hier: mehr tun als gut wäre , machen es einige Männer mit Worten, sie „tragen dick auf dick auftragen umgangssprachlich für: etwas viel besser darstellen, als es ist “. „Blender“ und „Schaumschläger“ gehören in diese Kategorie. Ob Geist oder Geld, sie geben vor, was sie nicht haben – und das reichlich.
Nicht weniger unsympathisch wirkt es, wenn „Protz protzen umgangssprachlich für: eigene Vorzüge in den Vordergrund stellen, um Neid oder Bewunderung zu erwecken köpfe“ auf schlichte und aufdringliche Weise mit dem angeben, was sie tatsächlich haben, zum Beispiel Geld. Den Motor des teuren Sportwagens an der Ampel aufheulen lassen etwas aufheulen lassen hier umgangssprachlich für: einen Motor im Leerlauf auf eine sehr hohe Drehzahl bringen, so dass er sehr laut wird oder demonstrativ mit der goldenen Armbanduhr herumwedeln mit etwas herum|wedeln etwas schnell hin und her bewegen kommt ebenso schlecht an wie in geselliger Runde mit seinen Aktienpaketen Aktienpaket, -e (n.) hier: eine Anzahl von Aktien, Anteilen, an einer Firma, mit denen man handeln kann zu prahlen prahlen [vermeintliche] eigene Vorzüge in den Vordergrund stellen, um Neid oder Bewunderung zu erwecken; angeben oder seiner Villa auf Mallorca Mallorca eine Insel im Mittelmeer, die zu Spanien gehört .
Der Traum, ein toller Hecht ein toller Hecht umgangssprachlich für: ein Mann, der wegen einer bestimmten Fähigkeit, Verhaltensweise o.Ä. bewundert wird zu sein
Egal, was sie sind und haben, man trifft sie immer wieder, diese Männer, die sich für außerordentlich klug, gutaussehend und originell halten, also für so einen richtig „tollen Hecht“. „Hallodris“ und „Traumtänzer“ sind aus anderem Charakterstoff gestrickt gestrickt sein hier: bestehen aus , sind zwar keine Angeber, aber doch allzu leichtfertig im Umgang mit anderen und sich selbst.
Der Hallodri versteht es oft, Menschen zu begeistern. Verlass ist aber nicht auf ihn, Verbindlichkeit Verbindlichkeit, -en (f.) Freundlichkeit, Höflichkeit, Liebenswürdigkeit ist ihm fremd. Und Traumtänzer leben vor allen in großen Ideen. Allerdings meist in solchen, die niemals in der Realität umgesetzt werden können.
Hauptsache Erfolg
Hier heißt es: Vorsicht. Denn sonst zählt man schnell zu den Verlierern in der Gesellschaft, zu den „Loosertypen“, denen in der Vorstellung anderer nie etwas gelingt. Die soziale Ächtung lässt dann nicht lange auf sich warten. Wer keinen Erfolg hat, wird schnell verurteilt als „Null“ oder als „Niete“, als dumm und charakterschwach.
Selbst „Dünnbrettbohrer“ genießen da ein höheres Ansehen. Denn sie haben oft Erfolg und das sogar ohne eigene Ideen und besondere Anstrengung. Dünnbrettbohrer könnte man als „Faulpelze“ beschreiben, die sehr berechnend berechnend eigennützig, auf den eigenen Vorteil bedacht vorgehen. Ihr Prinzip: mit möglichst wenig Aufwand zum Ziel, ohne Idealismus, Leidenschaft und eigene Meinung. Auf keinen Fall „den Oberlehrer Oberlehrer, -/ Oberlehrerin, -nen umgangssprachlich abwertend für: eine Person, die belehrend auftritt; ein Besserwisser spielen“ und immer so tun, als ob man alles besser wüsste.
Keine Meinung zu haben ist nützlich
Ein wenig Heuchelei Heuchelei, -en (f.) eine Äußerung bzw. Handlung, mit der man etwas vortäuscht (Gefühle, Eigenschaften o.Ä.) darf durchaus sein, denkt sich auch der „Wendehals“, der sein Meinungsfähnchen immer in den Wind der herrschenden Vorstellungen hängt. Etwas grob, aber sehr gebräuchlich ist für derartige Opportunisten auch – Pardon! – der Begriff „Arschkriecher“.
Da heißt es, die Vorlieben des Chefs zu kennen, auch über seine misslungenen Scherze zu lachen und sich im richtigen Moment in den Vordergrund zu spielen. Ein oft genutztes Erfolgsprinzip.
Zarte Gemüter und Trampeltiere
Die Charaktere sind verschieden: Der eine hat ein „zartes Gemüt“, ist sensibel und nachdenklich, der andere ist ein „Draufgänger“, der vor keinem Risiko zurückschreckt. „Stille Mäuschen“ sind besonders zurückhaltend, sozusagen kaum wahrzunehmen, manchen gelten sie auch als „Schlaftablette“, unscheinbar und langweilig. Als wenig spannend gilt auch der „Schwiegermuttertyp“, stets freundlich, verständnisvoll und aufmerksam. Gefällt den Schwiegermüttern, ist ansonsten jedoch hochgradig „unaufregend“.
Aber Vorsicht, immer noch gilt: „Stille Wasser sind tief“. Die unscheinbare Kollegin zum Beispiel, die „Spaßbremse“, die über keinen Witz lacht und sich nie an Streichen beteiligt, die man anderen spielt, wird auf der Weihnachtsfeier plötzlich zur „Partylöwin“. So wild und ausgelassen zu tanzen, das hatten die anderen ihr nicht zugetraut. Da schweigt auch der Kollege, der sonst immer die „Dampfwalze“ spielt, vor keiner Plumpheit Plumpheit, -en (f.) das unhöfliche, ungeschickte Verhalten Angst hat und kein Fettnäpfchen Fettnäpfchen, - (n.) umgangssprachlich für: eine peinliche Situation auslässt, ein echtes „Trampeltier“ im menschlichen Umgang. Das sonst so „stille Mäuschen“ hat den „Elefanten“ von der Bühne vertrieben.
Allerlei Unfreundlichkeiten
Am einfallsreichsten ist die Umgangssprache natürlich in puncto in puncto (aus dem Lateinischen): hinsichtlich unfreundliche und anstrengende Mitmenschen. „Rowdy“ und „Rüpel“ sind als Begriffe inzwischen selten anzutreffen, als Charakter aber keineswegs ausgestorben. „Rowdys“ gehen grob mit Dingen und Menschen um, drängen sich in der U-Bahn rücksichtslos nach vorne und fahren aggressiv Auto oder Motorrad; „Rüpel“ benehmen sich respektlos und unhöflich.
Als Titel für unangenehme Frauen werden gerne „Ziege“ und „Schlange“ verteilt. Die „Ziege“ ist eher allgemein unfreundlich, die „Schlange“ gilt dazu auch noch als falsch und hinterhältig. Wer anderen stets unfreundlich begegnet, der – nein, die – ist eine „Schreckschraube“. Dann kommen die Feinheiten: Wenn eine Frau ständig über andere lästert und ihnen Böses nachsagt, ist sie ein „Giftspritze“. „Hexe“ wäre aber ebenso treffend. Und was, wenn einer die Unfreundlichkeit auf die Spitze treibt etwas auf die Spitze treiben umgangssprachlich für: bis zum Äußersten gehen , sich dauernd grob und aggressiv zeigt? Dann ist er ein ausgesprochener „Kotzbrocken“, sie natürlich auch.
Hauptsache, es passt
Am schönsten wäre es natürlich, wenn jedes „stille Wasser“ seinen „tollen Hecht“ findet. Auch Elefanten und graue Mäuse wären gemeinsam bestimmt ein starkes Team. Nur mit der „Schreckschraube“ ist das so eine Sache. Ob die in die Löcher passt, die der „Dünnbrettbohrer“ für sie gemacht hat? Zur Not halt den „Oberlehrer“ fragen. Der hat immer eine Antwort.
Von Typen und Temperamenten
die Form wahren — nicht gegen die Umgangsformen verstoßen
Lidschatten, - (m.) — Schminke zur Färbung und Betonung des Augenlides
etwas übertreiben — hier: mehr tun als gut wäre
dick auftragen — umgangssprachlich für: etwas viel besser darstellen, als es ist
protzen — umgangssprachlich für: eigene Vorzüge in den Vordergrund stellen, um Neid oder Bewunderung zu erwecken
etwas aufheulen lassen — hier umgangssprachlich für: einen Motor im Leerlauf auf eine sehr hohe Drehzahl bringen, so dass er sehr laut wird
mit etwas herum|wedeln — etwas schnell hin und her bewegen
Aktienpaket, -e (n.) — hier: eine Anzahl von Aktien, Anteilen, an einer Firma, mit denen man handeln kann
prahlen — [vermeintliche] eigene Vorzüge in den Vordergrund stellen, um Neid oder Bewunderung zu erwecken; angeben
Mallorca — eine Insel im Mittelmeer, die zu Spanien gehört
ein toller Hecht — umgangssprachlich für: ein Mann, der wegen einer bestimmten Fähigkeit, Verhaltensweise o.Ä. bewundert wird
gestrickt sein — hier: bestehen aus
Verbindlichkeit, -en (f.) — Freundlichkeit, Höflichkeit, Liebenswürdigkeit
berechnend — eigennützig, auf den eigenen Vorteil bedacht
Oberlehrer, -/ Oberlehrerin, -nen — umgangssprachlich abwertend für: eine Person, die belehrend auftritt; ein Besserwisser
Heuchelei, -en (f.) — eine Äußerung bzw. Handlung, mit der man etwas vortäuscht (Gefühle, Eigenschaften o.Ä.)
Plumpheit, -en (f.) — das unhöfliche, ungeschickte Verhalten
Fettnäpfchen, - (n.) — umgangssprachlich für: eine peinliche Situation
in puncto — (aus dem Lateinischen): hinsichtlich
etwas auf die Spitze treiben — umgangssprachlich für: bis zum Äußersten gehen