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Von Fetten, Idolen und vom Krieg

Konstantin Klein 5. September 2002

Mit dem Labour Day, dem ersten Montag im September, ist in den USA die Sommerpause vorbei. Doch die Themen dieser Sommerpause zeigten sich haltbarer, als zu erwarten war. DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein berichtet.

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Wenn die Nachrichtenauswahl der Medien ein Kriterium ist (und wer würde das ernsthaft bestreiten?), dann sind die Amerikaner ein recht glückliches Volk, das sich zwar pflichtgemäß mit den Kriegsplänen ihrer Regierung, viel lieber jedoch mit Musik und Kulinarik befasst. In beiden Fällen handelt es sich – und das überrascht wenig – um Fast Food.

"American Idol"

So steht der amerikanische Fernsehgucker in diesen Tagen vor der Vollendung eines Gesamtkunstwerks namens "American Idol". Das ist eine Show-Idee, wie viele andere in den letzten Jahren übrigens aus Europa importiert, wie sie darwinistischer nicht sein könnte: Einen ganzen Sommer lang führt der US-Sender Fox mehr oder weniger talentierte Jungsängerinnen und Jungsänger vor mit dem Versprechen, eine oder einen von ihnen zum – Überraschung – "American Idol" zu machen, Plattenvertrag und Sofortruhm inclusive.

Ein Sommer kann lang sein, speziell, wenn sich schon Mitte Juli abzeichnet, wer das Rennen vermutlich macht. Das hindert jedoch nicht einmal die anderen Fernsehprogramme, die, die den Zuschlag für die Rechte an der Show entweder nicht gewollt oder nicht bekommen hatten, bis zum Schluss so zu tun, als sei das Rennen offen. Das hindert die selben Sender auch nicht daran, sich um die Live-Übertragung des Moments am 11. September zu bemühen, wenn das frischgebackene "American Idol" zu Füßen der Kolossalstatue Abraham Lincolns in Washington die Nationalhymne schmettern oder vielleicht doch eher piepsen wird – ein Umstand, den die Washington Post mit dem trockenen Satz kommentierte, jetzt hätten die Terroristen gewonnen.

Mit Ölwechsel in die Schlagzeilen

Dabei kommt man schon mit sehr viel weniger Aufwand in die Schlagzeilen – ein landesweiter Ölwechsel genügt. In einer Presseerklärung ließ uns der Burgerbrater mit dem schottisch klingenden Namen wissen, ab sofort wolle man ein gesünderes Fritierfett bei der Frittenzubereitung einsetzen. Die neuen, verbesserten Pommes haben zwar auch nicht weniger Kalorien (600 pro Maxi-Portion!), aber es sei wenigstens gesundes Fett, und jeder, der die neuen Fritten äße, lebte glücklich bis ins hohe Alter.

OK, dieser letzten Halbsatz war nirgendwo in der Presseerklärung zu finden – doch auch so schaffte es dieses ölige Thema nicht nur in die Abendnachrichten jedes der großen Networks, sondern brachte schon tagsüber Reporter der Kabelnachrichtensender in die missliche Lage, live von Schnellimbiss-Parkplätzen zu berichten, dass es eigentlich nichts zu berichten gibt.

Pop-Piepser und Frittenfett – im Grunde macht das amerikanische Volk in diesen Tagen einen erfreulich friedfertigen Eindruck. Und es bedarf schon des gemeinsamen Einsatzes von Präsident, Vizepräsident und Verteidigungsminister, um es daran zu erinnern, dass aus Sicht des Weißen Hauses noch ein paar Rechnungen mit internationalen Terroristen und Diktatoren offen sind.