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Bewegende Geschichte

Marita Berg8. September 2016

Seinen Erhalt hat das Geburtshaus Beethovens in Bonn einer Bürgerinitiative zu verdanken. Vor 127 Jahren gründeten Bonner Bürger den Verein Beethoven-Haus, um das Gebäude vor dem Abriss zu retten.

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Deutschland Musik Beethovenhaus in Bonn´ "picture-alliance/dpa".
Bild: picture-alliance/dpa

Das Haus in der Bonner Altstadt ist zum international bedeutendsten Beethoven-Zentrum mit der größten Beethoven-Sammlung weltweit geworden und wird von mehr als 100.000 Menschen jährlich besucht. Das sei "drei Geschenken der Geschichte zu verdanken", sagte Malte Boecker, der Direktor des Beethoven-Hauses. "Erstens, dass Ludwig van Beethoven hier in Bonn geboren ist. Das zweite und wahrscheinlich größte Geschenk ist die Gründung eines Bürgervereins 1889 zum Erhalt des Geburtshauses des Komponisten. Und das dritte Geschenk ist das Wunder, dass das Haus im Zweiten Weltkrieg nicht den Bomben zum Opfer gefallen ist."

"Tingeltangel" im Geburtszimmer

Das Beethoven-Haus blickt tatsächlich auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1889 lebten zum Beispiel mehr als 60 Menschen in den oberen Etagen des Anwesens in der Bonngasse 20. Im Erdgeschoss war eine Gaststätte. Die Attraktion war der angegliederte Biergarten, in dem die leicht bekleidete Damenkapelle "Tingeltangel" zum Tanz aufspielte. Ihre Umkleiden hatten die Damen - soweit man heute weiß - im Geburtszimmer Beethovens.

Beethoven Haus (c) DW
Der Innenhof des Beethoven-HausesBild: DW

Nach einem Besuch in Beethovens Geburtsstadt 1885 empörte sich der einflussreiche Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick über den traurigen Zustand des Geburtshauses. Er attackierte die Stadt Bonn heftig wegen dieses "laschen Umgangs" mit dem Erbe Beethovens. Der damalige Oberbürgermeister Hermann Jakob Doetsch reagierte uneinsichtig: "So ein verrückter Kerl" - gemeint war Beethoven - "bringt es im Nachhinein noch fertig, das Ansehen der Stadt schwer zu beschädigen."

Zwölf Beethovenfreunde

"Beethovens Geburtshaus in der Bonngasse drohte mehr und mehr zu verfallen", erklärt der Zeitungsverleger Hermann Neusser. Er ist der Urenkel eines der Retter des Hauses. "Am 24. Februar 1889 trafen sich die 12 Beethovenfreunde im Haus meines Urgroßvaters am Münsterplatz, um einen Verein zur Rettung des Hauses zu gründen", erzählt Neusser stolz. Sie beschlossen das Anwesen "zu erwerben, zu sanieren und schließlich eine Beethoven-Gedenkstätte darin einzurichten." Die Kaufsumme für den Gebäudekomplex betrug 57.000 Mark.

Radierung von Conrad Caspar Rordorf des Beethoven-Hauses (c) "Beethoven Haus Bonn
Das Beethoven-Haus um 1827Bild: Beethoven Haus Bonn

Prominente Unterstützer

Neusser und seine Mitstreiter verhinderten nicht nur den drohenden Abriss des Hauses, sondern kauften auch eine Ansammlung von Manuskripten, Bildern, Büsten und Reliquien Beethovens - die Grundlage der heutigen Bonner Beethoven-Sammlung.

Originalhandschrift der 15 Variationen mit einer Fuge Es-Dur op. 35 (c) "Beethoven Haus Bonn"
Originalhandschrift Beethovens: die "Prometheus-Variationen" op. 35Bild: Beethoven Haus Bonn

Schon 1890 konnten so 360 Exponate in einer ersten großen Ausstellung gezeigt werden. Die Arbeit des Vereins fand sofort prominente Unterstützer, darunter Johannes Brahms, Clara Schumann und Guiseppe Verdi. Der berühmte Geiger Joseph Joachim organisierte noch im gleichen Jahr ein großes Kammermusikfest. Das zum Museum umgebaute Haus in der Bonngasse wurde schließlich am 10. Mai 1893 während eines zweiten Kammermusikfestes eröffnet.

Bewegende Zeitdokumente

Die Sonderausstellung "Bewegte und bewegende Geschichte. 125 Jahre Beethoven-Haus" im Jahr 2014 schlug einen Bogen von der Gründungszeit bis zu den aktuellen Aktivitäten des Beethoven-Hauses im 21. Jahrhundert. Gezeigt wurden zahlreiche historische Dokumente, darunter auch Filmausschnitte, Tonaufnahmen, Briefe und Zeitungsausschnitte, die teilweise noch nie öffentlich gezeigt worden waren.

Besonders bewegend war der Ausstellungsbereich zum Zweiten Weltkrieg. Als eines von ganz wenigen Häusern in der Bonner Innenstadt überstand das Beethoven-Haus die Bombenangriffe nahezu unbeschadet: Unter Lebensgefahr rettete der damalige Hausmeister des Museums das Gebäude bei einem Luftangriff im Oktober 1944 vor der Zerstörung. Brandbomben, die auf das Dach des Hauses niedergegangen waren, warf er kurzerhand in die umliegenden Gärten. Eine der Brandbomben, die der damalige Hausmeister unter Lebensgefahr vom Dach entfernte, dazu Ausschnitte aus Wochenschau-Berichten und Fotos von der Rückholung der im Krieg ausgelagerten Sammlung im Mai 1945, lassen die damalige Bedrohung erfahrbar werden.

Die Rückkehr der Sammlung des Beethoven-Hauses (c) "Beethoven Haus Bonn"
Die Rückkehr der Sammlung des Beethoven-Hauses nach Ende des 2. WeltkriegsBild: Beethoven Haus Bonn

Blick nach vorn

Feier von Beethovens 125. Todestag im Garten des Beethoven-Hauses (c) "Beethoven Haus Bonn"
125. Todestag am 26. März 1952: Bundespräsident Theodor Heuss, Bundeskanzler Konrad Adenauer mit Theodor Wildeman, Vorsitzender des Beethoven-HausesBild: Beethoven Haus Bonn

"Wir stehen in einer großen Tradition," erzählt Malte Boecker, "und wir stehen in der Verantwortung, Beethovens Leben, Werk und Wirken auch zukünftig lebendig zu halten."

Und das natürlich auch im Hinblick auf Beethovens 250. Geburtstag im Jahre 2020. Denn für das Jubiläumsjahr seien unter anderem eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Beethoven-Hauses während des Nationalsozialismus (in Zusammenarbeit mit der Bonner Universität) und eine gründliche konzeptionelle Überarbeitung der Dauerausstellung in Planung, erläutert Boecker und fügt hinzu: "Das setzt eine räumliche Erweiterung voraus".