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A380

Henrik Böhme4. Oktober 2006

EADS verschiebt die Auslieferung des A380 um ein Jahr, das einstige Prestigeobjekt ist zum lahmen Vogel geworden. Im Rausch des Erfolges haben die Airbus-Manager den Rivalen Boeing unterschätzt, findet Henrik Böhme.

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Was war das für ein Jubel, als das größte Passagierflugzeug der Welt - der Airbus A380 - im April des vergangenen Jahres zum ersten Mal vor aller Öffentlichkeit von der Startbahn im französischen Toulouse abhob und vier Stunden später wohlbehalten wieder landete.

Von "Europas Überflieger" war die Rede, von einem Zeichen technologischer Überlegenheit über den schärfsten Konkurrenten, den US-Flugzeugbauer Boeing. Und ein Blick in die Auftragsbücher schien den Jubelnden Recht zu geben: Die Zahl der Bestellungen für Flugzeuge aus dem Hause Airbus lag deutlich über denen für die Konkurrenz auf der anderen Seite des Atlantik.

Und heute, anderthalb Jahre später? Der Europäische Luft und Raumfahrtkonzern EADS verschiebt die Auslieferung des Super-Airbus um ein weiteres Jahr, das erste Exemplar wird voraussichtlich erst im Oktober 2007 an Singapore Airlines gehen. Über eine mögliche Umverteilung der Produktion auf die Hauptwerke Hamburg und Toulouse wird möglicherweie noch entschieden.

Nicht nur Kabelsalat

Es gebe praktisch keine Produktreihe mehr, bei der man nicht hinter Boeing herlaufe - so lautet das Eingeständnis der Airbus-Chefetage. Probleme mit der Verkabelung des High-Tech-Flugzeuges werden jetzt immer wieder als einzige Ursache für die verzögerte Auslieferung genannt. Aber das ist wohl nur die halbe Wahrheit. Denn die Probleme mit dem Superflieger - sie sind wohl symptomatisch für den Zustand des europäischen Vorzeige-Konzerns.

Fortwährende Personalquerelen um die Besetzung von Chefposten in dem europäischsten aller Konzerne - vor allem zwischen Deutschen und Franzosen - ließen schon mehrfach Zweifel über die Effizienz des Konstrukts aufkommen. Der britische Rüstungskonzern BAE Systems - dem bislang ein Fünftel der Airbus-Anteile gehören - hat jetzt die Nase voll und verkauft seine Anteile zurück an die Airbus-Mutter EADS. Auch der Autokonzern DaimlerChrysler will seinen Anteil an EADS deutlich reduzieren. Zur gleichen Zeit hat der russische Staat über eine Bank fünf Prozent der EADS-Anteile erworben - auch das sorgt für eine gewisse Unruhe im europäischen Technologie-Konzern, der zu einem Gutteil auch im militärischen Bereich engagiert ist.


Erfolgsaussichten machten blind

Das derzeitige Desaster macht vor allem eines deutlich: Im Rausch des Erfolges haben die Airbus-Manager den Rivalen Boeing unterschätzt. In der Tat hatten die Amerikaner heftige Probleme - aber sie haben ihre Hausaufgaben gemacht, das Unternehmen ist wieder fit. Und sie mussten dabei keine Rücksichten nehmen auf irgendwelche nationalen Eitelkeiten. Noch immer verweist man bei Airbus darauf, dass auch Boeing bei der Einführung des als Jumbo-Jets bekannt gewordenen Großraum-Flugzeuges 747 enorme Probleme hatte. Nur: Das ist vier Jahrzehnte her - und es gab damals keine Konkurrenz. Heute können die genervten und immer wieder vertrösteten Kunden wählen.

Über die tatsächlichen Auswirkungen der Airbus-Krise kann im Moment nur spekuliert werden. Sicher werden die Techniker in den Flugzeug-Werften das Problem mit dem Kabelbaum in den Griff bekommen. Allerdings zeigt sich schon jetzt, dass die Verzögerungen beim A380 auch andere Airbus-Projekte in Mitleidenschaft ziehen werden. Denn jetzt müssen alle Kräfte zur Rettung des Prestige-Objektes eingesetzt werden. Dadurch wird anderes auf der Strecke bleiben - so die Nachfolgegeneration derzeit noch erfolgreicher Modelle. In genau diese Lücke wird die Konkurrenz stoßen - und den Europäern neue Kopfschmerzen bereiten.

Im Moment bleibt nur zu hoffen, dass in der Chefetage von Mutter EADS und Tochter Airbus die richtigen Entscheidungen getroffen werden - und am Ende nicht wieder nur Arbeitsplätze abgebaut werden. Sonst endet der europäische Höhenflug mit einer Bruchlandung.