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Massenschlägerei im "Dschungel" von Calais

27. Mai 2016

Feuer, Messerstechereien, Prügelattacken: 40 Menschen wurden bei einem Gewaltausbruch im Flüchtlingscamp am Ärmelkanaltunnel verletzt. Zelte und Baracken gingen in Flammen auf. Hunderte Polizisten waren im Einsatz.

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Brennende Hütten im Lager von Calais (Foto: dpa)
Die letzte Habe geht in Flammen auf: Brennende Hütten im Lager von CalaisBild: picture-alliance/dpa/M. Demeure

Das Camp heißt inoffiziell nur "der Dschungel". Rund 4000 Menschen hausen im nordfranzösischen Calais unter elenden Bedingungen - in einem Slum der Verzweifelten, die heimlich einen Lastwagen oder eine Fähre nach Großbritannien besteigen wollen. Jetzt entluden sich die Spannungen in enthemmter Gewalt: Männer gingen mit Messern aufeinander los; Massen prügelten aufeinander ein.

40 Menschen seien verletzt worden, teilten die Behörden mit, darunter zwei Polizisten und fünf Mitarbeiter der Hilfsorganisation Vie Active. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Waffengewalt. Früheren Angaben der Polizei, wonach ein Flüchtling eine Schussverletzung erlitten habe, widersprach die Präfektin des Départements Pas-de-Calais, Fabienne Buccio.

Schauplatz: Essensausgabe

Alles begann mit einem Handgemenge am Donnerstagnachmittag. Schauplatz war die Essensausgabe in einem Tageszentrum, das Vie Active betreibt. Dann entgleiste die Situation. Mehrere Unterkünfte in der Zelt- und Barackensiedlung gingen in Flammen auf. Ein mobiles Team von Ärzte ohne Grenzen sei angewiesen worden, das Lager zu verlassen, teilte die Organisation mit.

Brennende Hütten im Lager von Calais (Foto: dpa)
Emotionale Spannungen: Die Kämpfe begannen schon am DonnerstagBild: picture-alliance/dpa/Maxppp/M. Demeure

An den Auseinandersetzungen, die sich über Stunden hinzogen, waren nach offiziellen Angaben rund 200 afghanische und sudanesische Flüchtlinge beteiligt. Mehrere hundert Polizisten versuchten, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Die Feuerwehr rückte mit 70 Mann an.

Als blinder Passagier auf die Insel

Der genaue Anlass des Gewaltausbruchs ist immer noch unklar. Eine tiefere Ursache dürfte aber in den elenden Lebensbedingungen der Camp-Bewohner liegen - und in der emotionalen Spannung vieler Menschen. Da Großbritannien, das Ziel vieler Migranten, nicht zum Schengenraum gehört, werden dessen Grenzen bereits in Calais kontrolliert. So kommt es, dass sich seit Jahren Tausende in der Hafenstadt sammeln in der Hoffnung, als blinder Passagier von dort aus auf die Insel zu gelangen.

Die Sicherheitsvorkehrungen am Ärmelkanaltunnel und am Hafen wurden massiv erhöht. Hunderte Polizisten schieben Tag und Nacht Wache. Anfang des Jahres wurden für 1500 Menschen Containerunterkünfte eingerichtet. Ende Februar hatten die Behörden trotz massiver Proteste begonnen, den siebeneinhalb Hektar großen südlichen Teil des Camps zu räumen. Doch danach lebten immer noch geschätzte 3500 Menschen im "Dschungel" von Calais.

Ärzte ohne Grenzen kritisierte "die immer schlechteren Lebensbedingungen in dem überfüllten Lager". Menschen, deren Behausung durch das Feuer zerstört wurden, müssten rasch neue Unterkünfte erhalten - und die Sicherheitslage müsse dringend verbessert werden.

jj/uh (dpa, afp)