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Videos aus bin Ladens Versteck

8. Mai 2011

Vor seiner Tötung hat Al-Kaida-Chef Osama bin Laden mehr als sieben Jahre unbehelligt in Pakistan gelebt, wie seine Witwe berichtet. Die USA veröffentlichten derweil bisher unbekannte Osama-Videos aus dessen Versteck.

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Osama bin Laden (Foto: AP)
Osama bin Laden - mit gefärbtem Bart?Bild: AP

"Man stelle sich vor, dieser Typ hat fast siebeneinhalb Jahre in Haripur und Abbottabad gelebt, und wir alle - Amerikaner und Pakistaner - haben ihn an der falschen Stelle gesucht", zitiert die pakistanische Zeitung "Dawn" einen namentlich nicht genannten Vertreter der pakistanischen Sicherheitskräfte, der am Verhör von Osama bin Ladens Witwe Amal al-Sadah beteiligt war.

"Bewusste Blindheit"

US-Ermittler argwöhnen, dass pakistanische Geheimdienst-Agenten schon lange vom Aufenthalt bin Ladens in Abbottabad wussten oder ihn gar gedeckt haben. Dafür gebe es deutliche Hinweise, erklärte ein Regierungssprecher in Washington. Die pakistanische Regierung und die Armee weisen derartige Verdächtigungen zurück.

Der pakistanische Geheimdienst sei "im besten Fall bewusst blind" gewesen, sagte der ehemalige CIA-Agent Art Keller, der vor Jahren an der Jagd nach dem Chef des Terrornetzwerks Al Kaida beteiligt war. "Bewusste Blindheit ist in Pakistan ein Überlebensmechanismus", meinte Keller.

Erst Höhle, dann Haus

Haus von Osama bin Laden (Foto: AP)
Haus in bester Lage: Osama-Unterschlupf in AbbottabadBild: dapd

Nach Aussage seiner Witwe hatte Osama bin Laden bei der US-Invasion in Afghanistan im Oktober 2001 das Höhlensystem in den Tora Bora-Bergen verlassen und sich bis 2003 im Gebirge im Grenzgebiet zu Pakistan versteckt. Danach sei er in das pakistanische Dorf Chak Shah Mohammad im Bezirk Haripur "umgezogen", ehe er mit seiner Familie im Jahr 2005 das etwa 40 Kilometer entfernte Anwesen in Abbottabad bezog, in dem er vor knapp einer Woche von einer US-Spezialeinheit getötet worden war.

Osama habe noch nach seiner Kalaschnikow greifen wollen, als die amerikanischen Soldaten in das Schlafzimmer des Hauses stürmten und ihren Mann erschossen, berichtete die Witwe. Sie selbst sei von einer Kugel ins Bein getroffen worden.

Auf die Fährte Osama bin Ladens wurden die Fahnder anscheinend durch ein privates Telefonat geführt. Wie die Zeitung "Washington Post" erfuhr, erregte ein Handy-Gespräch von bin Ladens Kurier mit einem alten Freund die Aufmerksamkeit der US-Ermittler. Demnach habe der Freund den Kurier gefragt, wo er denn so lange gesteckt habe. Daraufhin habe dieser geantwortet: "Ich bin wieder bei den Leuten, bei denen ich früher war." Als die US-Ermittler dieses hörten, sei ihnen klar gewesen, dass sie auf eine heiße Spur geführt worden seien, so die "Washington Post".

Privat- und Propagandafilme

Das Pentagon in Washington gab unterdessen insgesamt fünf Videoclips des getöteten Terroristenführers frei, die in dessen Unterschlupf sichergestellt worden waren. Einer der Filme zeigt den alt anmutenden Al-Kaida-Chef mit grauem Haar und Bart. Gebeugt sitzt er mit einer Decke über den Schultern und einer Strickkappe auf dem Kopf vor einem Fernsehgerät. Mit einer Fernbedienung in der Hand betrachtet er seine eigenen Videoclips, während er gelegentlich nickend vor- und zurückwippt.

Osama bin Laden vor Fernseher (Foto: AP)
Osama bin Laden - wie ihn kaum jemand kannteBild: AP

Bis zuletzt "aktiv"

Medienwirksamer präsentiert sich Osama bin Laden in einer bis zu seinem Tod nicht ausgestrahlten Videobotschaft an die USA. Für das Video hat er sich Haare und Bart offensichtlich schwarz gefärbt. Er wirkt geschminkt. Weitere Filme zeigen, wie der Al-Kaida-Chef für Videobotschaften übt. Der Wortlaut der Botschaften soll geheim bleiben.

Den US-Behörden zufolge sind die Videobänder nur ein Bruchteil des Materials, das bei der Operation in Abbottabad sichergestellt wurde. Noch nie zuvor sei es gelungen, so viel Material eines führenden Terroristen zu beschlagnahmen, heißt es. Der Al-Kaida-Chef sei bis zu seinem Tod "aktiv" gewesen und habe seinem Terrornetzwerk "strategische, operationelle und taktische Anweisungen" erteilt, sagte ein amerikanischer Geheimdienstvertreter.

Autor: Christian Walz (dpa, dapd, afp)
Redaktion: Susanne Eickenfonder