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Vesper: "Wir wollen 30 Medaillen holen"

Olivia Gerstenberger23. Januar 2014

Mit ehrgeizigen Zielen startet das deutsche Olympiateam nach Sotschi. Genauso gut oder noch besser als vor vier Jahren - so lautet das Ziel, das der Chef de Mission, Michael Vesper, im DW-Interview ausgibt.

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Deutsches Haus Sotschi 2014 PK Vesper
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Herr Vesper, bei den Olympischen Spielen vor vier Jahren in Kanada hat das deutsche Team Platz zwei in der Nationenwertung belegt. Wie lautet das Ziel für Sotschi?

Michael Vesper: Wir wollen unser Ergebnis von Vancouver, wo wir 30 Medaillen gewonnen haben, möglichst verbessern. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, weil die anderen Nationen nachholen und aufholen und viel investieren, gerade in den Wintersport. Aber das Ziel wollen wir erreichen und damit einen Podestplatz bei den Olympischen Spielen in der inoffiziellen Nationenwertung erzielen.

Im Deutschen Olympischen Sportbund gab es einen Umbruch, Thomas Bach ist nun Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Es sind seine ersten Olympischen Spiele in dieser Position. Stehen Sie noch in Kontakt und wie geht er Ihrer Meinung nach mit der neuen Aufgabe um?

Klar, wir sind nach wie vor in engem Kontakt. Er konzentriert sich natürlich sehr stark auf die Spiele, die in wenigen Tagen beginnen, und er wird daraus auch Lehren ziehen. Bei einer mehrtägigen Sitzung der IOC-Exekutive, also der IOC-Regierung, hat es schon erste Diskussionen darüber gegeben, was man ändern sollte, wie man die Olympischen Spiele und die Olympische Bewegung modernisieren kann. Er macht das genau wie beim DOSB mit sehr viel Tatkraft und Entschlossenheit.

Thomas Bach und Michael Vesper posieren für ein Foto in London 2012
In London noch ein Team: Bach (l.) und Vesper (r.)Bild: picture alliance / dpa

"Wir vertrauen den russischen Behörden"

Vor dem Hintergrund der Anschläge von Wolgograd Ende Dezember - wie sicher sind die Olympischen Spiele und wird es seitens der deutschen Behörden irgendwelche Maßnahmen geben?

Wir vertrauen auf die russischen Behörden, dass sie die Sicherheit gewährleisten. Wir sind in engem Kontakt zu den deutschen Sicherheitsbehörden. Es werden mit Sicherheit alle notwendigen Maßnahmen getroffen, aber keine spektakulären, wie dort Flugzeuge zu stationieren.

Ein großes Thema in den letzten Wochen war das Interview von Ex-Nationalspieler Thomas Hitzelsperger, der sich zu seiner Homosexualität geäußert hat. Wie bewerten Sie diesen Schritt und den Zeitpunkt so kurz vor Beginn der Winterspiele in Sotschi?

Ich denke, dass das Coming-out auch deswegen auf ein so riesengroßes Interesse gestoßen ist, weil es auf dem Boden der derzeit laufenden Diskussionen über Homophobie in Russland und das Propagandagesetz erfolgt ist. Ich selber finde solche Diskussionen gut. Weil sie den Finger auf die Wunde legen. Weil sie ein gesellschaftliches Bewusstsein für ein gesellschaftliches Problem schaffen. Es wäre nur wichtig, dass das nachhaltig geschieht.

Inwiefern nachhaltig?

Vor sechs Jahren, als im Zuge der Olympischen Spiele in Peking sehr viel über Tibet diskutiert wurde, war das Interesse nach den Spielen - auch der Medien, muss ich sagen - gleich wieder vorbei. Es wäre gut, wenn ein solches Interesse nachhaltig wäre.

Mündige Athleten

Deutsches Haus Sotschi 2014
Im Deutschen Haus dürfen die deutschen Athleten in Interviews sagen, was sie wollenBild: picture-alliance/picture-alliance

Dennoch plädiert das IOC dafür, dass die Sportler kritische oder politische Aktionen während der Spiele, zum Beispiel auf dem Siegertreppchen, unterlassen.

Worum es dem IOC geht und übrigens auch jedem anderen internationalen Sportverband, ob Fußball, Leichtathletik oder Eishockey, ist, dass nicht das Spielfeld, die Wettkampfstätte, zum Marktplatz der politischen Meinung wird und der Sport damit in den Hintergrund tritt. Eine Demonstration, die die weltweit beachtete Bühne eines Wettbewerbes für die Sache A nutzt, ruft doch sofort eine Demonstration für die Sache B hervor. Und dann kommt auch noch einer, der seine Sache C dort vertreten möchte. Es kann in niemandes Interesse sein, dass der sportliche Wettbewerb dann in den Hintergrund tritt.

Ermutigen Sie denn die deutschen Athleten und Athletinnen dazu, sich während der Spiele zu äußern und ihre politische Meinung zu sagen?

Unsere Athletinnen und Athleten sind mündige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Sie entscheiden selber, ob und wenn ja, wie sie sich politisch äußern wollen, oder ob sie schweigen wollen. In Interviews im Deutschen Haus, egal, wo man sich äußern möchte, soll man sich äußern, wenn man will. Ich dränge niemanden, sich zu äußern oder sich nicht zu äußern. Das ist wirklich Sache der Athleten. Das Entscheidende ist, dass Diskriminierung mit Olympia unvereinbar ist.

Michael Vesper ist Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Als Chef de Mission begleitet der 61-jährige promovierte Soziologe die deutsche Mannschaft zum dritten Mal nach Peking 2008 und London 2012. Der ehemalige Grünen-Politiker und vierfache Familienvater arbeitet seit 2006 beim DOSB.

Das Interview führte Olivia Gerstenberger.