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Verzichtet Neymar auf die Copa America?

5. Juni 2019

In der Affäre um eine angebliche Vergewaltigung gerät Brasiliens Fußball-Superstar Neymar mehr und mehr unter Druck. Nach der Bloßstellung intimer Fotos steht für den Stürmer nun die Copa America auf der Kippe.

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Russland WM 2018 l Brasilien vs Costa Rica - verpasste Torchance Neymar
Bild: Reuters/C. G. Rawlins

Hat sich Brasiliens Fußball-Ikone Neymar so sehr ins Abseits manövriert, dass er nun möglicherweise auf die Teilnahme an der Copa America im eigenen Land verzichten muss? Angesichts der jüngsten Schlagzeilen um eine mögliche Vergewaltigung stellt selbst der eigene Verband die fest geplante Teilnahme des Superstars von Paris St. Germain an der Südamerika-Meisterschaft infrage.

"Er hat psychologisch gar nicht die Voraussetzungen, eine Copa America anzugehen, sich einem Heer von Journalisten auszusetzen", sagte Francisco Novelletto, Vizepräsident des brasilianischen Fußballverbands CBF dem TV-Sender SBT. Er reagierte damit auf den Vergewaltigungsvorwurfs einer namentlich nicht bekannten Frau gegen Neymar sowie dessen umstrittener Reaktion auf den Vorwurf: Um seine Unschuld zu belegen, hatte der Fußballprofi intime Fotos des vermeintlichen Missbrauchs-Opfers und Chats mit ihr öffentlich gemacht. Dafür hatte es so herbe Kritik gegeben, dass der CBF nun offenbar befürchtet, keine konzentrierte und erfolgreiche Copa spielen zu können. Zudem geht man wohl davon aus, dass die Affäre bald eine Fortsetzung finden könnte: "Ein Freund aus Rio de Janeiro hat mir gesteckt, dass es noch ein Video gibt, das in Umlauf gebracht werden soll", kündigte Verbandsfunktionär Novelletto geheimnisvoll an.

Selecao in der Bringschuld

Brasiliens Verband, der nach schwächeren Resultaten bei den letzten Copas und Weltmeisterschaften - die letzte Kontinentalmeisterschaft gewann Brasiliens Selecao 2007, in einem WM-Finale stand man zuletzt 2002 - will das Heimturnier eigentlich nutzen, um zu zeigen, dass die Selecao wieder zur Weltspitze gehört. Nichts als der Turniersieg zählt. Da passt es gar nicht, dass ausgerechnet der wichtigste Spieler durch polizeiliche Ermittlungen und eine Vergewaltigungs-Affäre abgelenkt wird.

Fußball Brasilien Tite und Neymar
Brasiliens Nationaltrainer Tite setzt auf Neymar und wird nicht freiwillig auf ihn verzichtenBild: picture-alliance/AP Photo/F. Augstein

Dementsprechend hatte CBF-Präsident Rogerio Caboclo am Dienstag am Rande des FIFA-Kongresses in Paris noch erklärt: "Es gibt keine Chance, dass Neymar nicht an der Copa America teilnimmt." Auch Novelletto räumte in seinem Interview ein: "Tite [Anmerkung der Redaktion: Brasiliens Nationaltrainer] wird ihn niemals aus dem Kader streichen. Aber wenn der Wunsch von Neymar ausgeht, wird die CBF nachgeben."

Vergewaltigungsvorwurf passt ins negative Bild der Kritiker

Allerdings: Dass Neymar tatsächlich den Wunsch äußert, vom Turnier freigestellt zu werden, davon ist nicht auszugehen. Zu groß ist das Selbstbewusstsein des Starspielers, für zu wichtig hält er seine eigene Rolle innerhalb der Selecao. Francisco Novelletto hat dennoch Bedenken: "Bei der WM waren die Fans wegen seiner Fallsucht äußerst verärgert. Was ist, wenn er jetzt die ersten zwei, drei Pässe vergeigt, wenn er im ersten Spiel schlecht ist? Dann werden die Fans ihn erst recht verdammen", sagte er. Kritiker hat Neymar auch innerhalb Brasilien tatsächlich viele. Sein arrogantes Auftreten, seine glamourösen Parties und die Kommerzialisierung von allem, was er tut und anpackt - für viele passt da der Vorwurf einer Vergewaltigung ins negative Bild.

So oder so, die Affäre wird nun von der Polizei aufgeklärt. Die Ordnungshüter sind dabei allerdings gezwungen, an zwei Fronten zu ermitteln. Gegen den mutmaßlichen Vergewaltiger Neymar, gegen die Anklägerin, die ihre Vorwürfe möglicherweise frei erfunden hat und erneut wiederum gegen Neymar, weil er mit der Veröffentlichung der intimen Fotos eine Grenze überschritten hat. Das alles, während Brasiliens Superstar die Selecao eigentlich zum Titel bei der Südamerika-Meisterschaft führen soll. Kein Wunder, dass man sich beim CBF große Sorgen macht.