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Verunsicherte Investoren in der Ukraine

19. Mai 2005

Nach dem Machtwechsel in der Ukraine erhofften sich viele westliche Unternehmer neue Perspektiven. Doch die ukrainische Regierung hat Privilegien für Investoren gestrichen. Viele Projekte mussten gestoppt werden.

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In der Ukraine stehen die Fließbänder still, Audi produziert in UngarnBild: AP

Seit einigen Wochen herrscht Stille auf des Automobilherstellers "Eurocar" in der Westukraine. Das Unternehmen hat den Bau eines zweiten Automobilwerkes unterbrochen. Geplant war dort die Produktion von Autos der Marken "Skoda" "Volkswagen "und "Audi". 2.000 Menschen sollten dort Arbeit finden. Grund für den Baustopp ist die Aufhebung von Privilegien.

Über das Ziel hinaus geschossen

Die Regierung war zu diesem Schritt gezwungen, um die Einnahmen im Staatshaushalt zu erhöhen. Zudem will die Regierung durch die Aufhebung von Privilegien für Investoren jeglichen Missbrauch verhindern. In der Kutschma-Zeit hatte es diesen Missbrauch gegeben.

Lars Handrich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Berater der ukrainischen Regierung ist der Meinung , dass die Regierung mit den getroffenen Entscheidungen über das Ziel hinaus geschossen ist: "Die Regierung hat viele Regelungen außer Kraft gesetzt. Sie hat die Privilegien generell und pauschal abgeschafft, was nun die Investoren trifft, wie z. B. Eurocar und Leoni. Sie sind von diesen Maßnahmen stark betroffen. Ihre Geschäftsmodelle, die auf einem stabilen Umfeld geplant waren, sind jetzt erst einmal in Frage gestellt." Die negativen Folgen bekamen auch Investoren zu spüren, die neue Arbeitsplätze in der Ukraine schaffen und damit die Wirtschaft ankurbeln wollten.

Ernest Nusser, Leiter der Abteilung Europaintegration in der Gebietsverwaltung Transkarpatien, meint: "Man sollte das Ganze differenziert betrachten. Auf dem Territorium von Transkarpatien gibt es keine Firmen, die die Gesetzgebung missbraucht haben. Das haben auch die Überprüfungen bestätigt, die wir durchgeführt haben."

Unternehmen denken an Abwanderung

Über ihren Verbleib in der Ukraine denken nicht nur die Manager von "Eurocar", nach, sondern auch die Geschäftsleitung des Autozulieferers "Jadsaki-Ukraina". Als Folge der Abschaffung von Privilegien konnte diese Firma einen geplanten Vertrag mit dem französischen Automobilbauer "Peugeot" nicht unterschreiben. Damit wurden nicht, wie ursprünglich geplant, 2.000 neue Arbeitsplätze in Transkarpatien geschaffen. Auch die Firma "Flektronix"; die Elektrogeräte produziert, musste den Bau von neuen Werken unterbrechen. Auch hier hätte mehrere Tausend Menschen neue Arbeit bekommen sollen.

Uwe Lahman, Vertreter der deutschen Firma "Leoni" in Lwiw, meint : "Damit ist die Ukraine nicht wettbewerbsfähig. Regelungen, die es in jedem anderen Land gibt, wurden in der Ukraine abgeschafft. Das wird Investoren und Investitionen behindern."

Die Firma "Leoni" hat bereits rund 40 Millionen Euro in die ukrainische Wirtschaft investiert. In der Stadt Stryj arbeitet erfolgreich ein Werk, das Kabelsysteme für Autos produziert. Hier arbeiten etwa 2.500 Menschen. General Motors ist Hauptabnehmer der Firma "Leoni".

Regierung drohen Klagen

Experten warnen, die neue Regierung könne Vertrauen verspielen. Einige Geschäftsleute drohten bereits mit dem Gang zum Gericht, so z. B. neun Unternehmen aus Polen, die in der Wirtschaftssonderzone "Jaworiw" arbeiten. Sie weisen darauf hin, dass es einen Vertrag gebe, in dem ihnen für den Zeitraum von drei bis fünf Jahren Privilegien für Zölle und Steuern eingeräumt worden seien. Nun scheine die Ukraine einseitig aus der Vereinbarung auszusteigen.

Westliche Analytiker meinen, die Ukraine brauche in erster Linie Stabilität. Unternehmer müssten wissen, was auf sie zukommt. Dazu gehöre Klarheit über die Steuer- und Zolltarife. Sie geben deshalb der ukrainischen Regierung den Rat, das Problem der Steuerprivilegien schnell zu lösen.

Wolodymyr Medyany
DW-RADIO/Ukrainisch, 14.5.2005, Fokus Ost-Südost