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Trostpreis für den Atomausstieg

6. Dezember 2016

Die deutsche Regierung muss den Energiekonzernen wegen des Atomausstiegs einen Ausgleich zahlen. Das hat das Bundesverfassungsgericht nach Klagen von Eon, RWE und Vattenfall entschieden.

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Vattenfall Brunsbüttel
Bild: picture-alliance/dpa

Rund sechs Jahre nach der Atomwende haben die AKW-Betreiber Eon, RWE und Vattenfall im Ringen um eine Entschädigung nur einen Teilerfolg erzielt. Für zwischen 2010 und 2011 getätigte Investitionen in die Atomenergie stehe ihnen eine Entschädigung zu, urteilte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag. Doch mit den Milliardensummen, auf die Versorger mit ihren Klagen gehofft hatten, dürfen sie wohl nicht rechnen. Denn der 2011 besiegelte Ausstieg aus der Atomenergie stelle entgegen der Argumentation der Konzerne keine Enteignung dar, erläuterte das oberste deutsche Gericht. Es forderte den Gesetzgeber dazu auf, bis Ende Juni 2018 den Ausgleich für die Investitionen zu regeln. Über die genaue Höhe könnte noch lange gestritten werden.

Das Atomkraftwerk Grohnde wird von Eon betrieben
Das Atomkraftwerk Grohnde wird von Eon betriebenBild: Martina Berg - Fotolia.com

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth sagte, die Ausgleichsregelungen müssten nun im Ministerium erarbeitet werden. "Milliardenforderungen sind definitiv vom Tisch", zeigte sich Flasbarth aber überzeugt. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte, die Entschädigung auf "das Notwendigste" zu beschränken. Es dürften "nicht erneut Geschenke an die Atomindustrie verteilt werden". Der Bund für Umwelt und Naturschutz warnte davor, Kraftwerken die Laufzeit zu verlängern. Die Risiken erforderten "einen unverzüglichen und endgültigen Atomausstieg", sagte BUND-Chef Hubert Weiger.

Keine Enteignung

Die Konzerne hatten auf milliardenschwere Entschädigungen auch für entgangene Gewinne gehofft. So hatte allein Eon seinen Schaden auf über acht Milliarden Euro beziffert. Bei RWE schätzten Analysten die Summe auf rund sechs Milliarden Euro. Vattenfall fordert 4,7 Milliarden Euro und klagt zudem vor einem internationalen Schiedsgerichtshof in den USA. Dem Gericht zufolge sind aber nur die Investitionen zu entschädigen, die nach der Verlängerung der AKW-Laufzeiten 2010 in dem Vertrauen getätigt wurden, dass dieser Beschluss Bestand hat. 2011 hatte die Bundesregierung nach der Katastrophe im japanischen Fukushima dann den beschleunigten Atomausstieg beschlossen.

Die Versorger wurden auch nicht enteignet. Der beschleunigte Ausstieg aus der Atomenergie erweise sich "weitgehend als eine zumutbare" Beschränkung des Eigentums, heißt es in dem 129-seitigen Urteil des Verfassungsgerichts. Es fehle aber eine "verfassungsrechtlich notwendige Ausgleichsregelung", hatte Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof bei er Verkündung gesagt. Laut Kirchhof kann der Ausgleich "in eine finanzielle Leistung münden", aber auch "in Übergangsregelungen oder anderen Alternativen bestehen". Das könnten beispielsweise auch Laufzeitverlängerungen für einzelne Kraftwerke sein.

RWE rechnet mit längerem Klärungsbedarf

Die Höhe der Ausgleichszahlung bleibt damit zunächst unklar. RWE rechnet allerdings nicht mit Unsummen: "Für uns ist wichtig, dass wir Klarheit in einer für uns wichtigen Frage bekommen haben. Der Atomausstieg war in Teilen verfassungswidrig", sagte eine Sprecherin. Der Konzern werde erst einmal das Vorgehen der Bundesregierung beziehungsweise des Gesetzgebers abwarten. "Dass es dabei nicht um die Milliardenentschädigungen geht, die in den Medien so häufig kolportiert worden sind, das ist mit Sicherheit richtig." Eon erklärte, der Konzern habe ab Ende 2010 "hunderte Millionen Euro" in einen längeren Betrieb der Kernkraftwerke investiert. Man sei zu konstruktiven Gesprächen mit der Bundesregierung über die Umsetzung des Urteils bereit. Das könnte einige Zeit in Anspruch. "Mit kurzfristigen Zahlungen rechnet das Unternehmen daher nicht."

Die Aktienkurse der Versorger legten zu. Eon-Papiere gewannen über fünf Prozent an Wert, RWE-Aktien verteuerten sich um fast vier Prozent.

hb/iw (dpa/rtr)