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PolitikIran

Vergiftungswelle im Iran: Chamenei will harte Strafen

6. März 2023

Mehr als 2400 Vergiftungsfälle sollen es seit November an Mädchenschulen im Iran gegeben haben. Nun hat sich erstmals Religionsführer Ali Chamenei zu der mysteriösen Vergiftungswelle geäußert und Konsequenzen gefordert.

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Der iranische Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei sitzt vor einem grünen Vorhang hinter zwei Mikrofonen
Der iranische Religionsführer Ajatollah Ali ChameneiBild: Iranian Supreme Leader's Office/ZUMA Press/picture alliance

"Die Urheber dieses Verbrechens müssen streng bestraft werden. Es wird keine Amnestie für solche Leute geben", sagte Religionsführer Ali Chamenei laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. "Die Behörden müssen den Fall der vergifteten Schulkinder ernsthaft untersuchen", sagte das Staatsoberhaupt.

Chamenei: "Unverzeihliches Verbrechen"

Chamenei, der im Iran in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, äußerte sich erstmals zu der landesweiten Vergiftungswelle an Schulen. Er bezeichnete sie als "unverzeihliches Verbrechen". Er sagte weiter: "Die zuständigen Behörden, Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden, sollen die Ursachen dieses Verbrechens verfolgen und aufdecken." 

Hunderte Schülerinnen im Iran vergiftet

Die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen wurden bereits im November gemeldet. Irans Regierung geht von gezielten Angriffen aus. Betroffen sind fast ausschließlich Mädchenschulen. Landesweit wurden Schülerinnen in Krankenhäusern behandelt. Eltern und Angehörige sind empört und wütend, noch immer gibt es keine offizielle Erklärung. Sie werfen den Behörden Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld.

Iranische Medien: Mehr als 2400 Vergiftungsfälle

Ärzte sprechen von Gasvergiftungen. Iranische Medien haben bislang über mehr als 2400 Vergiftungsfälle an Schulen berichtet. Dies ergab eine Auswertung von Artikeln, die von November 2022 bis Angang März 2023 erschienen. Beobachter gehen darüber hinaus von einer Dunkelziffer aus. Den Medienberichten zufolge sind mehr als 100 Schulen in der Islamischen Republik betroffen. Offizielle Behördenzahlen zum Gesamtausmaß der Vergiftungswelle gibt es bislang nicht.

Männer und verschleierte Frauen stehen in einem Krankenhauszimmer, in dem Mädchen mit Kopftüchern in Krankenhausbetten liegen
Besorgte Eltern besuchen Schülerinnen, die Opfer der Giftattacken wurden, in einem Hospital der Stadt Ghom (Archivbild)Bild: irna.ir

Offizielle Behördenzahlen zum Gesamtausmaß der Vergiftungswelle gibt es bislang nicht. Nach der Berichterstattung über die mysteriöse Vergiftungswelle haben die Behörden jedoch einen Journalisten festgenommen. Der Zeitungsjournalist Ali Purtabatabai sei inhaftiert worden, berichtete die Zeitung "Entekhab" unter Berufung auf dessen Schwester. Der Journalist arbeitete demnach in der religiösen Hochburg Ghom, wo vor Monaten die ersten Vergiftungsfälle gemeldet wurden.

US-Regierung fordert "unabhängige Untersuchung"

Kritik an dessen Festnahme kam prompt. Diese trage nicht zur "Entmystifizierung der Gerüchte und Nachrichten" bei, schrieb der Reformpolitiker und Journalist Abbas Abdi auf Twitter. Es mache die Gerüchte "noch schlimmer. Ich hoffe, er wird bald freigelassen".

Die US-Regierung forderte indes eine "glaubwürdige und unabhängige Untersuchung" der Vorkommnisse. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre. Die Vergiftung von Schulmädchen im Iran sei "unerhört". "Frauen und Mädchen haben überall ein Grundrecht auf Bildung", sagte sie.

nob/ww (dpa, afp)