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Vatikan räumt Fehler ein

6. Februar 2009

Der Vatikan hat im Skandal um den Holocaust-Leugner Williamson Kommunikationsprobleme eingeräumt. Die Deutsche Bischofskonferenz geht in dem Streit unterdessen auf den Zentralrat der Juden in Deutschland zu.

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Die Kombo zeigt Papst Benedikt XVI. (links) und den britischen Bischof Richard Williamson (Quelle: dpa)
Papst Benedikt XVI. (l.) ist durch die Affäre um Holocaust-Leugner Williamson in die Kritik geratenBild: picture-alliance / dpa

In der Affäre um den Holocaust-Leugner Richard Williamson hat der Vatikan Defizite eingeräumt. Der französischen Tageszeitung "La Croix" vom Freitag (06.02.09) sagte Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi, bislang kommuniziere jede Abteilung des Vatikans eigenständig und ohne Mithilfe der Presseabteilung, auch bei komplexen Entscheidungen. Es sei daher eine neue "Kultur der Kommunikation" im Vatikan notwendig. Vor allem bei sensiblen Themen sei es wichtig, dass Erklärungen vorzubereitet würden.

Zugleich nahm Lombardi den deutschen Papst gegen Kritik in Schutz, die dieser durch die Rücknahme der Exkommunikation von Williamson und dreier weiterer Bischöfe der traditionalistischen Piusbruderschaft auf sich gezogen hatte. Der Papst habe von den extremen Ansichten Williamsons nichts gewusst, so Lombardi. Die Vatikan-Abteilung, die sich mit den traditionalistischen Katholiken befasst, sei dafür zuständig gewesen. Aber die habe sich auf die Ansichten des Anführers der abtrünnigen Gruppe, Bischof Bernard Fellay, konzentriert, und nicht auf die Haltung von Williamson und der anderen Bischöfe.

Piusbruderschaft weiter auf Konfrontationskurs

Das Eisentor am Haupteingang des früheren Konzentrationslagers Dachau, das heute Gedenkstätte ist, trägt die Inschrift "Arbeit macht frei" (Quelle: dpa)
Williamson leugnet den millionenfachen Mord an Juden in der NazizeitBild: picture-alliance/ dpa

Die Rehabilitierung Williamsons und der drei anderen ultrakonservativen Bischöfe hatte weltweit einen Proteststurm ausgelöst. Williamson hatte in einem Interview den millionenfachen Mord an Juden unter den Nationalsozialisten und die Existenz von Gaskammern geleugnet. Der Vatikan hatte ihn am Mittwoch zum Widerruf seiner Holocaust-Äußerungen aufgerufen. Um als katholischer Bischof vollständig rehabilitiert zu werden, müsse Williamson "in unmissverständlicher Weise öffentlich Abstand nehmen" von seinen Erklärungen, hieß es weiter. Die Äußerungen seien absolut inakzeptabel und würden vom Papst abgelehnt.

Laut einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" ist die Piusbruderschaft unterdessen weiter auf Konfrontationskurs zum Vatikan. Für Ende Juni seien bereits die nächsten Priesterweihen angesetzt, obwohl solche Weihen den vier abtrünningen Bischöfen der Bruderschaft verboten seien, berichtete die Zeitung.

Zollitsch wirft Vatikan Versagen vor

Die Kombo zeigt den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Zollitsch (rechts), und den Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Kramer (Quelle: dpa)
Zollitsch will das Verhältnis zum Zentralrat der Juden im Gespräch erneuernBild: picture-alliance / dpa / DW Montage

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, rechnet mit einem endgültigen Zerwürfnis zwischen der katholischen Kirche und der Bruderschaft. Er betonte, dass mit der Rücknahme der Exkommunikation keine Rehabilitierung der umstrittenen Bischöfe der Piusbruderschaft erfolgt sei. Zuvor müssten die Bischöfe unter anderem das Zweite Vatikanische Konzil anerkennen. Ein Einlenken der Bruderschaft sei nicht zu erwarten, denn die Traditionalisten ließen keinen Willen zur Einigung erkennen.

Den Zuständigen im Vatikan warf Zollitsch "offenes Versagen" bei der Kommunikation vor. Man habe den "Papst leichtfertig ins Messer laufen lassen", sagte der Freiburger Erzbischof am Donnerstag in einem Interview. Der Präsident der zuständigen Päpstlichen Kommission, Kardinal Darío Castrillon Hoyos, hätte sich vergewissern müssen, "was für Personen" die betroffenen vier Mitglieder der Piusbruderschaft seien.

Bischofskonferenz lädt Zentralrat der Juden zum Gespräch ein

Nach Informationen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz den Zentralrat der Juden in Deutschland zu einem klärenden Gespräch eingeladen, um das durch die Affäre belastete Verhältnis zu den Juden zu erneuern. Demnach schrieb Zollitsch in einem Brief an den Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, Vertreter beider Seiten sollten sich persönlich bald in Freiburg treffen. Die Diskussion der zurückliegenden Tage beweise, dass man sich der Gemeinsamkeiten und der Verbundenheit versichern sollte, statt von einer Unfähigkeit zum Dialog auszugehen.

Zentralrats-Generalsekretär Kramer forderte unterdessen, der Vatikan müsse sich vollständig von den Piusbrüdern abwenden. Mit einer Kirche, der auch die Bruderschaft angehöre, könne es keinen partnerschaftlichen Dialog geben. Entweder stehe Benedikt XVI. für die Kirche der Aufklärung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil oder für die Kirche des Traditionalismus mit den Piusbrüdern. "Beides geht nicht", sagte Kramer. (kis)

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