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Politik

Van der Bellen: Mit Europa gewinnen

Barbara Wesel
14. Februar 2017

Österreichs neuer Präsident Alexander Van der Bellen hat gezeigt: Wähler lassen sich auch gegen Rechtspopulisten mobilisieren. Vor dem Europa-Parlament sprach er nun über die Zukunft der EU. Aus Straßburg Barbara Wesel.

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Frankreich Alexander Van der Bellen im Europaparlament
Applaus für Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen (l) von Parlamentspräsident Antonio Tajani (r)Bild: Getty Images/AFP/P. Hertzog

Seine Botschaft an Europa ist einfach - wir müssen die EU verteidigen und man kann damit Wahlen gewinnen, sagt Alexander Van der Bellen. "Ethnisch und kulturell bin ich Österreicher und ein Kind Europas." Alexander Van der Bellen verweist auf seine vielfältige Familiengeschichte: Seine Mutter war Estin, sein Vater stammt aus einer Familie die im 18. Jahrhundert nach Russland ausgewandert war und am Ende doch wieder in Wien landete. Eine nützliche Erinnerung an den Flickenteppich von Ethnien und Wanderungsbewegungen, die über Jahrhunderte den europäischen Kontinent prägten.

Europa steht nicht für "entweder - oder"

Van der Bellen bringt die gegenwärtigen Konflikte in der EU ganz einfach auf den Punkt: "Wir können unser Heimatland lieben und die Europäische Idee. Wir können unseren Landsleuten helfen und ausländischen Mitbürgern. Wir können uns selber nutzen und zum größeren Wohl aller beitragen." Europa sei der Kontinent des "Und", nicht des "Entweder-Oder".

Zur Warnung aber erinnert der Präsident an das deutsche Märchen von Hans im Glück: Der beginnt mit einem Klumpen Gold und lässt sich immer wieder einreden ein Pferd, eine Kuh und am Ende ein Stein seien ein besseres Geschäft. In Europa aber, so der österreichische Präsident, stehe man knapp vor dem Punkt, "wo der Affekt wichtiger wird als die Vernunft. Lassen wir uns nicht einreden, es wäre ein gutes Geschäft, wenn wir die Macht unserer großen europäischen Gemeinschaft gegen die viel kleinere Macht der vermeintlichen nationalen Souveränität eintauschen. Am Ende wäre das nämlich ein Verlust für uns alle."

Frankreich Alexander Van der Bellen im Europaparlament
Bild: Getty Images/AFP/P. Hertzog

Europa für die Jungen erhalten

Es sei nicht schwer, meint Van der Bellen, Europa zu zerstören, das sei schnell getan. Wie man einen Baum schnell absägen könne, der Jahrzehnte gebraucht habe um zu wachsen. All diese Argumente sind hundertmal vorgetragen, aber Van der Bellen verleiht ihnen noch einmal Gewicht: Wer wenn nicht die Europäische Union als Ganzes sei imstande, etwa die Marktmacht von globalen Konzernen in die Schranken zu weisen - von Google, Facebook und anderen. Einzelstaaten seien dazu nicht imstande.

Und: Man dürfe den Jungen nicht die Chance nehmen, in einem geeinten Europa zu leben, statt auf einem Kontinent, wo neue Schranken und Teilungen für neue Konflikte sorgten. Und der Präsident erinnert daran, dass sich die Älteren von der gegenwärtigen politischen Entwicklung an die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erinnert fühlten. Demgegenüber sei das vereinte Europa eine einmalige Zivilisationsleistung, mit der Frieden, Respekt und Kooperation durch pure Einsicht zustande kamen.

Van der Bellens Wahlsieg ermutigt

Und der Grünen-Politiker mit dem bescheidenen, bodenständigen Auftreten zeigt sich bei seinem Besuch in Brüssel und Straßburg erstaunt darüber, wie viel Aufmerksamkeit sein Wahlsieg in anderen europäischen Ländern bekommen habe. Alexander Van der Bellen hatte im Mai 2016 seinen rechtspopulistischen Gegner Norbert Hofer (FPÖ) knapp und ihn bei der wegen Formfehlern wiederholten Wahl im Dezember 2016 mit fast 54 Prozent der Stimmen erneut geschlagen. Van der Bellen nimmt die Gelegenheit, andere Politiker noch einmal zu ermutigen: Man könne mit Europa Wahlen gewinnen, eine Mehrheit der Bürger sei immer noch für die EU.

Österreich Präsidentschaftswahlen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer
Rechtspopulisten sind zu schlagen: Norbert Hofer (links) unterlag Alexander Van der Bellen nur knappBild: Reuters/L. Foeger

Eine Botschaft vor allem an die Niederlande, wo Geert Wilders mit seiner Europa-feindlichen Botschaft auf Wählerfang geht, während der liberale Premier Mark Rutte, der um seine Mehrheit bangen muss, das Thema bislang meidet.

Und auch für Frankreich hat er eine Botschaft - dort wird in zwei Monaten gewählt. Emmanuel Macron tritt mit einem betont Europa-freundlichen Programm an, um Marine Le Pen zu schlagen, die das Land aus der EU führen will. Sie sitzt als Abgeordnete in Straßburg in den Reihen der Europa-Feinde, die alles tun, um die Union zu unterminieren. Bisher sind die Aussichten gut für Macron.

Der Optimist und ein paar Pessimisten

Die obligaten Küsschen erhält Alexander Van der Bellen nach seiner Rede, neben kräftigem Applaus, von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Der zeigt sich dieser Tage frustriert und amtsmüde und scheint unter zu viel Kritik beinahe einzuknicken. Nur in den Reihen der britischen Konservativen rührt sich keine Hand. Sie bringen es nicht mehr über sich, der Zukunft Europas bei dieser Gelegenheit zu applaudieren. Ein Zeichen für die bitteren Gefühle, die sich durch die bald beginnenden Scheidungsverhandlungen zwischen beiden Seiten wohl noch vertiefen werden.