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Usbekische Flüchtlinge bleiben vorerst in Russland

17. August 2006

Die russische Generalstaatsanwaltschaft wird auf Drängen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Flüchtlinge nicht nach Usbekistan abschieben, wo sie als Drahtzieher der Andischan-Unruhen betrachtet werden.

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Usbekische Flüchtlinge (Mai 2005): Vorerst keine AuslieferungBild: AP

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat eine Klage der so genannten „Usbeken von Iwanowo“ angenommen. Diese Nachricht sorgte am Dienstag (15.8.) unter Menschenrechtlern für Freude, bei der Generalstaatsanwaltschaft Russlands und Usbekistans sicher für Unmut. Seit mehr als einem Jahr rechnen jene Flüchtlinge mit der Abschiebung in ihre Heimat, wo ihnen die Mitgliedschaft in einer extremistischen Vereinigung sowie öffentliche Aufrufe zu Sabotage, Mord und Massenunruhen vorgeworfen werden.

Todesstrafe nicht ausgeschlossen

Nach Angaben der Menschenrechtorganisation amnesty international drohen den mindestens 13 Usbeken in ihrer Heimat Folter, unfaire Prozesse und lange Haftstrafen, wenn nicht sogar die Todesstrafe. Die Männer wurden im Juni 2005 von den russischen Rechtsschutzorganen in Iwanowo festgenommen. Es wird angenommen, dass die usbekischen Behörden den Männern vorwerfen, an der Demonstration vom 13. Mai 2005 in Andischan teilgenommen zu haben. Die Demonstration wurde von usbekischen Regierungstruppen gewaltsam aufgelöst. Dabei sollen Hunderte unbewaffneter und friedlicher Menschen getötet und verwundet worden sein. Den usbekischen Behörden zufolge hatte die islamische usbekische Bewegung „Akromija“ die Demonstration organisiert. Mehreren der inhaftierten Männer in Iwanowo wird vorgeworfen, dieser angeblich illegalen Bewegung anzugehören.

Internationale Konventionen verletzt

In der Situation, in der sich jene Usbeken befinden, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die Rechte der Festgenommenen verletzt werden. Der Gerichtshof forderte die Generalstaatsanwaltschaft Russlands auf, das Verfahren zur Abschiebung der Flüchtlinge nach Usbekistan zu stoppen. Jelena Rjabina, Leiterin des Programms „Hilfe für politische Flüchtlinge aus Zentralasien“ des Komitees „Bürger-Unterstützung“ sagte der Deutschen Welle über diesen Fall: „Der Abschiebe-Beschluss der Generalstaatsanwaltschaft Russlands verstößt gegen internationale Konventionen und die Menschlichkeit. Er verstößt außerdem gegen die Anti-Folter-Konvention, aber auch gegen die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, weil 12 der Personen, alle usbekische Staatsbürger, vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen als Flüchtlinge anerkannt wurden, die unter sein Mandat fallen. Trotzdem hinderte dies die Generalstaatsanwaltschaft nicht, die Abschiebung zu beschließen.“

Freilassung gefordert

Jelena Rjabina zufolge wurde der Antrag der Anwälte in Straßburg vorgelegt, ohne auf die Urteile aller Instanzen in Russland zu warten. Wenn man abgewartet hätte, wäre die Chance sehr gering gewesen, die Abschiebung der usbekischen Staatsbürger zu verhindern. Jetzt arbeiten Rjabina zufolge die Anwälte an einer detaillierten Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: „In nächster Zeit werden detaillierte Klagen der Anwälte im Namen der Flüchtlinge rausgehen, gegen alle Verstöße, die gegen sie seit ihrer Festnahme bis heute zugelassen wurden. Es handelt sich um eine gewaltige Anzahl von Verstößen, einer besser als der andere. Parallel wird gegen den Abschiebe-Beschluss vor russischen Gerichten geklagt. Das, was wir jetzt vor allem erreichen wollen, ist die Freilassung aus der Untersuchungshaft, weil die Menschen seit mehr als einem Jahr, entgegen allen russischen Rechtsnormen, geschweige denn internationalen, in Einzelhaft der Freiheit beraubt sind.“

Michail Bushuev

DW-RADIO/Russisch, 16.8.2006, Fokus Ost-Südost