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USA verurteilen Gewalt gegen Demonstranten in Libyen

23. Februar 2011

Der UN-Sicherheitsrat hat die Anwendung von Gewalt gegen Zivilisten in Libyen verurteilt. Zuvor hatten sich die USA besorgt über die Lage gezeigt. Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht beschlossen.

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US-Außenministerin Hillary Clinton bei einer Rede an der George Washington University in Washington am 15. Februar 2011 (Foto: AP)
"Alarmiert" über die Lage die Libyen: US-Außenministerin Hillary ClintonBild: dapd

Man sei sehr besorgt und bedauere zutiefst den Tod von Hunderten Zivilisten in Libyen, hieß es am Dienstag (22.02.2011) in einer Erklärung des höchsten UN-Gremiums, dem zurzeit auch Deutschland angehört. Die Gewalt müsse sofort beendet werden und die libysche Regierung müsse sich der berechtigten Forderungen der Bevölkerung annehmen. Dazu gehöre ein nationaler Dialog, ermahnten die 15 Sicherheitsratsmitglieder in New York die Libyer. Auch die Deutschen hatten sich dafür eingesetzt, von den Libyern zu fordern, die für die Gewalttaten Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Das Zusammentreffen der Vertreter des Sicherheitsrats war von der libyschen Delegation selbst eingefordert worden. Der stellvertretende libysche Botschafter bei der UNO, Ibrahim Dabbashi, hatte sich am Montag vom libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi losgesagt. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte sich in Washington "alarmiert" über die Situation in Libyen gezeigt. Man habe Berichte über hunderte Tote und noch mehr Verletzte erhalten, erklärte sie. Die libysche Regierung sei für die Geschehnisse verantwortlich und müsse Maßnahmen ergreifen, um die Gewalt zu beenden. "Dieses Blutvergießen ist absolut inakzeptabel", sagte die US-Chefdiplomatin. Die libysche Regierung müsse die Menschenrechte ihres Volkes respektieren. Dazu gehörten Meinungs- und Versammlungsfreiheit, forderte Clinton.

Einfluss Washingtons begrenzt

US-Senator John Kerry bei einer Rede in der Ohio State University am 01.03.2004 (Foto: AP)
Fordert neue Sanktionen gegen Libyen: US-Senator John KerryBild: AP

Konkrete Maßnahmen haben weder der Sicherheitsrat noch die US-Regierung ergriffen. Libysche Vertreter fordern die Einrichtung einer Flugverbotszone, um das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten aus der Luft zu verhindern. Die Kommunikationswege seien nahezu vollständig abgeschnitten worden, sagte Clinton. Aber die US-Regierung versuche, an so viele Informationen wie möglich zu kommen. "Wenn uns mehr Informationen über die tatsächlichen Geschehnisse vorliegen, werden wir im Einklang mit unseren Grundsätzen, Werten und Gesetzen handeln", kündigte die Außenministerin an.

Die Einflussmöglichkeiten der USA sind aber, anders als etwa im Fall Ägyptens, begrenzt. In den 70er-Jahren hatten die Amerikaner ihr Botschaftspersonal aus der libyschen Hauptstadt Tripolis abgezogen. Erst 2003 nahm man wieder Beziehungen zueinander auf, nachdem Libyen seine Pläne für Massenvernichtungswaffen an die USA übergeben hatte, dem Terrorismus abgeschworen und die Verantwortung für das Attentat auf das PanAm-Flugzeug über dem schottischen Lockerbie übernommen hatte. 2006 hatten die USA Libyen von ihrer Liste der Staaten gestrichen, die den Terrorismus unterstützen. Und erst 2008 haben die USA wieder einen Botschafter nach Libyen geschickt, der allerdings vor kurzem wegen der WikiLeaks-Veröffentlichungen nach Washington zurückbeordert wurde.

Streit um mögliche Sanktionen

Die Trümmer des PanAm-Jumbo-Jets bei Lockerbie nach einem Bombenanschlag 1988 (Foto: AP)
Tiefpunkt in den Beziehungen zwischen den USA und Libyen: Das Attentat von Lockerbie 1988Bild: AP

Auch die finanzielle Hilfe Washingtons an Libyen ist verhältnismäßig gering, sie beträgt in diesem Jahr knapp eine Million US-Dollar, enge Beziehungen zwischen den Militärs wie zu den ägyptischen Streitkräften existieren nicht. Und 85 Prozent der libyschen Ölexporte gehen nach Europa. Senator John Kerry, der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Demokraten und Vorsitzender des außenpolitischen Komitees des Senats, forderte, Sanktionen gegen Libyen wieder aufzunehmen. Über Sinn und Zweck solcher Maßnahmen wird allerdings gestritten.

Dennoch meint auch Elliott Abrams, Nahost-Experte am Council on Foreign Relations, die Obama-Regierung müsse mehr tun. Abrams, der unter anderem Präsident George W. Bush beraten hatte, erklärte in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, Außenministerin Clinton müsse in ihrer Erklärung noch deutlichere Worte finden und Muammar al-Gaddafi direkt verurteilen. Denn auch wenn sowohl während der Proteste in Ägypten als auch jetzt die Namen der verantwortlichen Staatschefs nicht fielen, so ist die Wortwahl von Außenministerin Clinton im Fall Libyen tatsächlich noch zurückhaltender. Von einem "geordneten Wechsel" der Regierung wie in Ägypten hat Clinton bisher nicht gesprochen. Das mag aber auch daran liegen, dass die Amerikaner derzeit vor allem bemüht sind, ihre Landsleute aus Libyen zu evakuieren.

Zurückhaltung bei UNO und US-Regierung

Man könne noch weit mehr tun, glaubt der ehemalige Regierungsberater Abrams. "Warum schließen wir Libyen nicht aus dem UN-Menschenrechtsrat aus. Warum frieren wir nicht alle Konten ein, damit die Familie Gaddafis auf sie keinen Zugriff hat", fragt Abrams. Auch könnten die USA auf ein internationales Waffenembargo drängen, sollte das libysche Regime versuchen, mehr Waffen zu kaufen, um sie gegen die Bevölkerung einzusetzen. Zudem bezweifelt Adams, ob die USA alles getan hätten, um humanitäre Hilfe zu leisten, etwa über Ägypten oder Tunesien und mit Hilfe der UN. Die Einrichtung einer Flugverbotszone, so der ehemalige US-Sicherheitsberater Abrams, etwa gemeinsam mit der EU oder der NATO, würde zwar nicht sofort möglich sein, aber er halte es für sinnvoll, zumindest mit der Diskussion darüber zu beginnen, um ein Zeichen zu setzen. Derzeit ist man aber offensichtlich weder bei der UNO noch in der US-Regierung dazu bereit.

Autorin: Christina Bergmann, Washington

Redaktion: Sven Töniges