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USA geben Moskau Mitschuld an Absturz

21. Juli 2014

In der bislang deutlichsten Form hat die US-Regierung Russland eine Mitschuld am Absturz des Passagierflugzeugs mit 298 Insassen in der Ostukraine zugewiesen. Kremlchef Putin gerät weiter unter Druck.

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Prorussische Separatisten am Absturzort (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Für die Regierung in Washington steht fest: Die am Donnerstag in der Ostukraine abgestürzte Passagiermaschine der Malaysia Airlines wurde von prorussischen Separatisten abgeschossen. Mitverantwortlich - so US-Außenminister John Kerry - die Regierung in Moskau.

Das gegen Malaysia-Airlines-Flug MH17 eingesetzte Abschusssystem könne nur "von Russland in die Hände der Separatisten gelangt" sein, sagte Kerry im US-Fernsehen. "Wir haben Bilder vom Raketenabschuss, wir wissen über die Flugbahn Bescheid." Ferner gebe es Aufnahmen von "prahlenden" Separatisten nach dem "Abschuss", teilte der Außenminister mit. Das Verhalten der Rebellen am Absturzort der Boeing (Artikelbild) nannte Kerry "grotesk". "Betrunkene Separatisten" würden die Ermittlungsarbeiten behindern, pietätlos Leichen aufeinanderstapeln und "Spuren verwischen".

Nach Angaben der US-Botschaft in Kiew haben Experten zudem die Authentizität eines vom ukrainischen Geheimdienst veröffentlichten Audiomitschnitts bestätigt, der ein Gespräch zwischen "bekannten Separatistenführern" nach dem Abschuss von MH17 wiedergeben soll. Nach dem Vergleich der Aufzeichnung mit früheren Tondokumenten sei nun klar, dass die Passagiermaschine von einer Boden-Luft-Rakete vom Typ SA-11 des Flugabwehrsystems Buk abgeschossen worden sein müsse, die vom Einflussgebiet der Rebellen aus abgefeuert wurde.

"Unwiderlegbare Indizien"

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko erklärte, seine Regierung verfüge über Beweise für einen Abschuss des Passagierflugzeugs durch prorussische Separatisten. "Wir haben Satellitenbilder des Abschussortes sowie Fotos und Videos eines Raketenabwehrsystems, was von Waffentransporten aus Russland zeugt", sagte Poroschenko in Kiew. Er sprach von "unwiderlegbaren" Indizien. Die Separatisten ihrerseits beschuldigen die ukrainischen Regierungstruppen, das Flugzeug abgeschossen zu haben.

Bei dem Absturz der Boeing waren alle 298 Menschen an Bord getötet worden, unter ihnen 193 Niederländer. Trotz wiederholter Aufforderungen aus dem Ausland gewährten die Rebellen auch am Sonntag internationalen Experten keinen freien Zugang zum Absturzort und zu den Leichen. Bis zu 900 Aufständische würden die Rettungskräfte nahe der Ortschaft Grabowo ständig überwachen und erheblich einschränken, kritisierte der ukrainische Vize-Regierungschef Wladimir Groisman. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte, die prorussische Rebellen hätten sie darüber unterrichtet, dass 169 Leichen in einen Kühlzug gebracht worden seien.

Bewaffnete Separatisten vor dem Kühlzug mit Leichen von Flug MH17
Bild: Reuters

Separatistenführer Alexander Borodaj sagte in Donezk, die meisten Leichen seien aus "Respekt" vor den Hinterbliebenen in einen Kühlzug verfrachtet werden, weil es in dem Absturzgebiet wilde Tiere gebe und die Leichen bei großer Hitze schnell verwesten. Nach Angaben von Borodaj wurde der Flugschreiber der Maschine gefunden. Er werde nur an internationale Organisationen übergeben.

Appelle an Putin

Angesichts dieser Entwicklungen fordern die USA und die EU einen freien Zugang unabhängiger Experten zur Absturzstelle. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse sich bei den Separatisten dafür einsetzen, verlangten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der britische Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident François Hollande in einer Telefonkonferenz. Falls Russland nicht "sofort" die "erforderlichen Maßnahmen" treffe, würden die EU-Außenminister am Dienstag "Konsequenzen" ziehen, teilten Diplomaten mit. Nach Angaben aus Berlin drängte Merkel den Kremlchef zum wiederholten Male, seinen Einfluss bei den prorussischen Separatisten geltend zu machen.

Experten reisen an

Die Niederlande wollen die internationale Identifizierung der Opfer koordinieren. Die Experten sollten an diesem am Montag zur Absturzstelle fahren, teilte Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag mit. Putin habe ihm in einem Telefonat seine Unterstützung bei der Übergabe der sterblichen Überreste der Opfer des abgestürzten Flugzeuges sowie der Flugschreiber zugesagt .

Verhandlungen im Sicherheitsrat

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nahm derweil Verhandlungen über eine Resolution zum Flugzeugabsturz auf. Westlichen Diplomaten zufolge hat Australien einen Entwurf vorgelegt, der von allen Beteiligten, insbesondere den prorussischen Rebellen, eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit den internationalen Behörden fordert. Gleichzeitig soll das Papier jede Manipulation an der Absturzstelle verbieten. Eine rasche Abstimmung über die Resolution wird nicht erwartet.

wl/wa (dpa, afp, rtr)