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US-Waffen für Taiwan als politisches Signal

Hans Spross, Yang Ying17. Dezember 2015

Washington lässt sich auch durch seine strategische Partnerschaft mit China nicht davon abhalten, seine Bündnistreue zu Taiwan zu demonstrieren. Dies ist der Hauptzweck der jüngsten Freigabe von Waffenlieferungen.

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Zwei Lenkwaffen-Fregatten der US-Navy im Schwarzen Meer (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J.G. David

Die schwierige Dreiecksbeziehung zwischen der Volksrepublik China, der Republik China (Taiwan) und den USA wird seit 1979 durch den "Taiwan Relations Act" geregelt. Damals hatte sich Washington dazu entschieden, die Volksrepublik anzuerkennen und die diplomatischen Beziehungen mit der Republik China abzuwickeln. In dem Gesetz des US-Kongresses verpflichten sich die USA dazu, dem Inselstaat "militärische Ausrüstung und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, und zwar in einem Umfang, der Taiwan eine als ausreichend erachtete Fähigkeit zur Selbstverteidigung ermöglicht." Außerdem wird "jeder Versuch, die Zukunft Taiwans anders als mit friedlichen Mitteln zu lösen, als Bedrohung des Friedens und der Sicherheit im West-Pazifik betrachtet und als Angelegenheit größter Besorgnis durch die USA."

Es handelt sich also um eine Art "inoffizielles" Militärbündnis von hoher Bedeutung für Taiwan, wie Politikwissenschaftler und China-Experte Dirk Schmidt von der Universität Trier gegenüber der DW erläutert: "Das ist für Taiwan sehr wichtig, denn es ist die Rückversicherung für Taiwans staatliche Existenz. Taiwan ist international relativ isoliert, und die USA sind das einzige Land, das bereit ist, Taiwan mit Waffen zu beliefern, nachdem das in den 90er Jahren vorübergehend auch Frankreich getan hat." Der Taiwan Relations Act, zu dem zentral auch die Waffenlieferungen gehören, sei für Taiwan "eine Art Lebensversicherung", so Dirk Schmidt.

Treffen zwischen Ma Ying-jeou und Xi Jinping in Singapur (Foto: Reuters)
Trotz des historischen Treffens zwischen den Präsidenten Taiwans und der VR China, Ma Ying-jeou und Xi Jinping, im September in Singapur werden die Beziehungen auf absehbare Zeit nicht "normal" seinBild: Reuters/J. Nair

Peking muss US-Beistand für Taiwan einkalkulieren

Das Militärbündnis, auch wenn es kein Beistandspakt mehr ist, spiele auch für die Strategen auf der anderen Seite der Straße von Taiwan eine große Rolle, führt der China-Experte aus: "Die Planungen der Volksbefreiungsarmee richten sich darauf, in einem möglichen Konflikt mit Taiwan die USA herauszuhalten, zumindest aber die Kosten für die USA in einem solchen Konflikt sehr hoch zu treiben." Als "Negativ-Szenario" würden in Peking die Ereignisse von 1995/96 in der Straße von Taiwan gesehen: Auf die Raketen-Tests der Chinesen in der Meerenge reagierten die Amerikaner mit der Entsendung von Flugzeugträgergruppen in die Region und sogar in die Straße von Taiwan. "Wenn dieses Militärbündnis nicht existierte, wäre die gesamte Kalkulation für China eine ganz andere", sagt Schmidt.

Darüber hinaus habe das Bündnis auch für die Beziehungen der USA in der Region eine hohe symbolische Bedeutung: "Die USA könnten es sich kaum leisten, auf Taiwan zu verzichten, also das Militärbündnis formell aufzugeben - was hier und da schon mal thematisiert wurde -, weil sie dann als Bündnispartner in Ostasien an Glaubwürdigkeit verlieren würden."

Flugzeugträger "Ronald Reagan" (Foto: picture-alliance/dpa)
Ein Flugzeugträger der Amerikaner war zuletzt 1996 in der Straße von TaiwanBild: picture-alliance/dpa/H. Ochimizu

Weder Abschreckung noch Gleichgewicht

Die Waffenlieferungen als solche können an der erdrückenden Übergewicht Chinas in punkto Rüstung nichts ändern: "Taiwans Verteidigungshaushalt mit neun Milliarden US-Dollar ist eine Bruchteil des chinesischen mit über 130 Milliarden. Die jetzt zugesagten Lieferungen verändern das militärische Ungleichgewicht in keiner Weise, insofern sind sie tatsächlich ein symbolischer Akt", führt Schmidt aus und sagt weiter: "Wenn jetzt zwei Lenkwaffen-Fregatten (s. Artikelbild) und Panzerabwehr- und Flugabwehrraketen geliefert werden, und das auch gestreckt über mehrere Jahre, ändert das nichts an der hochgradigen chinesischen Überlegenheit in allen Waffensystemen."

Dementsprechend enttäuscht äußert sich der taiwanische General a.D. Shuai Hua-min gegenüber der DW: "Bei dem Material, das Taiwan jetzt von den USA bekommen soll, handelt es sich vor allem um die Lieferung von Ersatzteilen für bereits vorhandene Waffen." Der Ex-General legt mit seiner Kritik nach: "Taiwan hat Geld ausgegeben für Waffen, die die Verteidigungsfähigkeit des Landes nicht verbessern. Und das zu einer Zeit, da die Wirtschaft auf der Insel schwächelt." Im übrigen habe er "den Eindruck, dass Washington vorher mit Peking über die Verkaufsliste des Waffendeals gesprochen hat. Die jetzt freigegebenen Waffen haben gegenüber Festlandchina keinerlei Abschreckungspotential."

Oppositionsführerin Tsai Ing-wen (Foto: Getty Images/AFP)
Auch Oppositionsführerin Tsai Ing-wen will bei einem Wahlsieg an der US-Allianz festhaltenBild: Getty Images/AFP/S. Yeh

Innenpolitisch für beide Parteien günstig

Zur innenpolitischen Bedeutung des jüngsten Waffendeals sagt Shuai Hua-min, dass beide Haupt-Kontrahenten bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Taiwan daraus Nutzen ziehen könnten: "Die Oppositionspartei DPP (Democratic Progressive Party) kann damit prahlen, dass die USA Taiwan nach wie vor unterstützen, auch wenn wichtige politische Kräfte Unabhängigkeitspolitik betreiben. Die regierende Kuomintang kann sagen, dass sie es geschafft habe, die Beziehungen sowohl zum Festland wie auch zu den USA gleichermaßen zu pflegen. So gesehen ist das Waffengeschäft mit Washington in Taiwan politisch weitaus wichtiger als militärisch."