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US-Testbesuch in Birma

30. November 2011

Zum ersten Mal seit 50 Jahren besucht eine US-Außenministerin Birma. Das Land gilt als eines der undemokratischsten, auch wenn es vorsichtige Reformschritte gibt. Kommt der zweitägige Besuch Hillary Clintons zu früh?

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Aung San Suu Kyi auf einer Wahlkundgebung (Foto: dapd)
Das Regime hat eine vorsichtige Liberalisierung begonnenBild: dapd

Die Reisepläne von US-Außenministerin Hillary Clinton haben selbst die Experten überrascht. "Aber wir sind glücklich darüber", erklärt Jennifer Quigley von der "US-Kampagne für Birma", einer Nicht-Regierungsorganisation, in der sich 68.000 Amerikaner und Exil-Burmesen für die Demokratie in dem asiatischen Land einsetzen. "Alles, was Birma ins Zentrum der Diskussion rückt, ist gut", ergänzt Quigley. Und schließlich hat sich US-Präsident Barack Obama die Entsendung seiner Chefdiplomatin von Aung San Suu Kyi persönlich absegnen lassen. Erst als die birmanische Oppositionspolitikerin zustimmte, nahm die Reise Clintons nach Birma Gestalt an.

Aung San Suu Kyis Partei hatte 1990 die Wahlen gewonnen, die Politikerin war aber mehr als ein Jahrzehnt unter Hausarrest gestellt und erst Ende letzten Jahres freigelassen worden.

Suu Kyi habe selbst gesagt, führt Quigley aus, dass ihre Gespräche mit der Regierung im Gegensatz zu früher nun Substanz hätten. Die Friedensnobelpreisträgerin hatte direkt mit dem birmanischen Präsidenten Thein Sein gesprochen. Sie kann sich jetzt frei bewegen und will bei den anstehenden Parlamentswahlen antreten. Möglich macht dies eine Gesetzesänderung, nach der auch Vorbestrafte zur Wahl zugelassen sind. Es gibt also kleine demokratische Fortschritte in Birma.

Nur örtlich begrenzte Fortschritte

Doch diese Veränderungen beschränkten sich vor allem auf die zentrale Region des Landes, so Jennifer Quigley. Dort gebe es eine gewisse Pressefreiheit und der Zugang zum Internet sei möglich. Außerhalb dieses Gebietes "haben sich die Dinge extrem verschlechtert", sagt sie und führt aus: "Im vergangenen Jahr gab es die größte Zwangsumsiedlung von ethnischen Minderheiten im letzten Jahrzehnt." Die bewaffneten Auseinandersetzungen hätten zugenommen, Vergewaltigung werde weiter als Kriegsmittel eingesetzt, Menschen zum Räumen von Minenfeldern gezwungen. Zwangsarbeit, Zerstörung von Eigentum, Folter und Mord seien an der Tagesordnung. "Aber das geschieht nicht auf den Straßen von Rangun und daher schenkt man ihm keine Aufmerksamkeit", bedauert Birma-Aktivistin Quigley.

Militärchef Ming Aung Hlein (Foto: dpa)
Das Militär bleibt die dominierende Macht im LandBild: picture alliance/ZUMA Press

Auch die Freilassung von Gefangenen – über 200 sind es zuletzt gewesen – "ist für uns kein Zeichen von politischen Reformen, denn das Regime in Birma benutzt politische Gefangene als Trick." Die Freigelassenen wurden nicht amnestiert, sie könnten jederzeit wieder festgenommen werden. Quigleys größte Sorge ist es daher, dass durch den Besuch der US-Außenministerin die Menschenrechtsverletzungen des birmanischen Regimes legitimiert werden.

Chinas Einfluss begrenzen

Die US-Politik in Birma folgt einem doppelte Ansatz: Einerseits verhängten die USA die schärfsten Sanktionen, andererseits zeigten sie sich zum Dialog bereit. Bisher habe diese Strategie außer den kleinen positiven Schritten wenig gebracht, sagt Jennifer Quigley: "Für uns hat das Regime die Mentalität nicht geändert." Anders als die zivile Regierung hätten die Militärs – seit 50 Jahren die eigentlichen Machthaber im Land – bisher keinerlei Anzeichen von Reformwilligkeit gezeigt. Bei Clintons Besuch werde also auch wichtig sein, ob sie mit Vertretern des Militärs zusammentrifft.

Das Interesse der USA an Birma ist im Zusammenhang mit der neuen Asien-Politik des US-Präsidenten zu sehen. Birma ist ein unterentwickeltes Land, das reich an natürlichen Ressourcen ist – vor allem Gas und Wasserkraft. Indien und China haben großes Interesse und buhlen um Zusammenarbeit, die Chinesen sind auch an dem Bau einer Ölpipeline durch Birma interessiert. Doch in Birma will man offensichtlich vermeiden, sich zu sehr an die Seite der Chinesen zu stellen. Ein geplantes chinesisches Staudammprojekt wurde zum Ärger der Chinesen von Birma gestoppt.

Birma appelliert an USA

Dass das Regime in Birma an einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA interessiert ist, konnte man Mitte November in der Washington Post lesen: In einem Kommentar machte Zaw Htay, einer der engeren Mitarbeiter von Präsident Thein Sein, Werbung für die Politik seines Chefs, den er einen "starken politischen Reformierer" nannte. Myanmar – so der offizielle Name des Landes – "muss sich darauf konzentrieren, das alte System zu überarbeiten, während es eine Gesellschaft bildet, auf die die internationale Gemeinschaft seit langem wartet."

Birma brauche Hilfe und Handel, direkte Investitionen und Geschäftsideen, so der Präsidentenberater, die Sanktionen müssten aufgehoben werden. Der Westen müsse erkennen, dass er Birma in der derzeitigen geopolitischen Lage brauche – vor allem angesichts des aufstrebenden Chinas. Die Chinesen ihrerseits beobachten die US-Politik offensichtlich ganz genau. Kurz vor der Clinton-Reise empfing der chinesische Vizepräsident Xi Jinping den birmanischen Militärchef Ming Aung Hlein in Peking und sprach sich für eine Verbesserung der Beziehungen beider Länder aus.

US-Sondergesandte für Birma, Derek Mitchell (Foto: dpa)
USA fordern von Birma, die Menschenrechte zu achtenBild: picture-alliance/dpa

In der US-Regierung ist man sich bewusst, dass Birma noch einen langen Weg vor sich hat. Der US-Sondergesandte für Birma, Derek Mitchell, wies im Oktober in Washington darauf hin, dass es keinen Fortschritt in den Beziehungen zwischen der Regierung und den ethnischen Minderheiten gebe und Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und Kinder andauerten. "Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir die Beziehungen [zwischen den USA und Birma] nicht verändern können, wenn uns weiter glaubhafte Berichte über diesen Missbrauch erreichen und solange es keinen Dialog mit diesen Gruppen und der Opposition gibt." Auf die Frage, ob es schon "richtige Demokratie" in Birma gebe, antwortete Mitchell: "Es ist noch zu früh zu, das zu beurteilen."

Autorin: Christina Bergmann, Washington
Redaktion: Michael Knigge / Rolf Breuch