Urlaubsfotos mit Erinnerungswert
Sie werden in Rahmen und Fotoalben gesteckt oder digital archiviert, halten Erlebnisse, Menschen und Landschaften fest. Mit Fotos kann man sich die schönste Zeit des Jahres immer wieder in Erinnerung rufen.
„Wenn ich Worte schreiben will, stehen mir immer Bilder vor den Augen.“
Das schrieb Johann Wolfgang von Goethe in seinem Werk „Die Italienische Reise“ – stark beeindruckt von dem, was er Ende des 18. Jahrhunderts während seiner mehr als anderthalbjährigen Reise durch Italien an Eindrücken gewonnen hatte. Seit es den Reisetourismus gibt – also seit Anfang des 19. Jahrhunderts – unternehmen Touristen den Versuch, Erinnerungen an ihre Reisen in Form von Bildern festzuhalten. Zunächst geschah dies in Form von Malerei und Skizzen. Dann kam die Fotografie als neue Möglichkeit der Abbildung hinzu. Das erste Foto, das sich verschicken ließ, war die Ansichtskarte. Es gab schon recht früh eine Karte mit dem Drachenfels am Rhein als Motiv. Moritz Mattern, der erste Hotelier auf dem Berg, verkaufte sie ab 1880 in der Postagentur auf dem Gipfel. Kurz darauf wurde der Fotoapparat fester Begleiter auf Urlaubsreisen. Es gibt viele Gründe, warum Urlauber auf den Auslöser drücken. Dieser Mann erzählt:
„Zum Beispiel aus Kroatien haben wir mal eins. Da ist ‘n Boot in ‘nem See versenkt worden, und das erinnert uns immer an Kroatien. Es ist ‘n Stimmungsbild, irgendwo. Und dieses Foto wird halt eben richtig aufgehangen in der Wohnung. Und wir waren Ende Mai in Dänemark. In Dänemark bietet sich natürlich Meer an, da bieten sich Leuchttürme an, ja, und dann halt eben klar die Stimmungsbilder, so Dünen, Blumen, irgendsowas in der Richtung. Es ist eine Stimmung, die man wieder mitnehmen kann.“
Viele Urlauber machen ein Foto in dem Moment, in dem sie eine bestimmte Stimmung einfangen wollen: Sie wollen auf einem Foto wiedergeben, was ihnen in diesem Moment besonders gut gefiel, wollen ein Stimmungsbild geben. Die schönsten Bilder werden gerahmt und an die Wand gehängt oder aufgestellt:
„Wir haben mehrere Bilderrahmen – so Wechselrahmen – aufgehängt, und da kommen dann die besten Bilder rein. Überwiegend ist [es] auch digital, wird [sie werden] dann abgezogen die besten auf 20 mal 30, und dann in die Rahmen, und da bleiben sie dann bis zum nächsten Urlaub, bis die nächsten Bilder kommen.“
Die meisten Bilderrahmen sind sogenannte Wechselrahmen. Sie sind von der Rückseite her zu öffnen, so dass man Fotos gegen andere austauschen, sie auswechseln kann. Damit ein Bild allerdings eingerahmt werden kann, muss zunächst ein Abzug gemacht werden, eine Art Kopie des Originals, das als Filmnegativ beziehungsweise in digitaler Form vorliegt.
Wer diese gerahmten Fotos betrachtet, kann sich jederzeit die schönste Zeit des Jahres, den Urlaub, in Erinnerung bringen. Bis zur nächsten Reise. Je geringer der technische Aufwand beim Fotografieren wurde, desto mehr wurde und wird fotografiert. Die Meinungen dazu sind geteilt:
„Es gibt ja die Leute, die knipsen alles tot, auf die Festplatte, auf die CD und dann weg. Bei uns ist das so: Ein Bild aus einem Urlaub erinnert uns jahrelang daran. / Meine Kamera hab ich eigentlich fast immer dabei, wenn ich bewusst Fotos machen will. Und dann hab ich auch pro Urlaub bestimmt mal 1000, 1500 Fotos oder so. Aber das geht natürlich dann auch im etwas Schnellverfahren oder so.“
Weil die Digitalkamera das Gesehene schnell und einfach wiedergeben und speichern kann, knipsen manche sich tot, fotografieren sehr viel. Es läuft im Schnellverfahren, in kurzen Abständen wird auf den Auslöser der Kamera gedrückt. Die Leute fotografieren so viel, dass die Auswahl aus der Vielzahl der fotografierten Eindrücke schwerfällt. Denn ein Digitalfoto, das einem nicht gefällt, kann schnell gelöscht werden. Die Digitalfotos, die man behalten will, können auf der Festplatte, einem Speichermedium des Computers, archiviert werden. Oder man nutzt Angebote eines Cloud-Dienstes im Internet, wo man dann auf seine Fotos zugreifen kann. Besonders schöne Fotos kann man abziehen lassen. Insgesamt bietet die Digitalfotografie hier mehr Komfort als früher, meint dieser Mann:
„Ich bearbeite die am Computer, am Laptop und archivier’ die da. Und das ist einfach viel, viel vorteilhafter, als wenn ich so meine alten Diaschränke mir anschaue. Die sind gar nicht mehr zu bewältigen letztendlich. Und so hat man mal ruck, zuck unter ‚Archiv‘ aufgerufen und auch die ganze Familie zusammengerufen, dann schaut man sich die noch mal an.“
Wer früher andere Menschen an seinen Urlaubserinnerungen teilhaben lassen wollte, zeigte seine Bilder in Form von Dias. Ein Diafilm, auch „Umkehrfilm“ genannt, gibt das Fotografierte wieder, nachdem er in einer chemischen Lösung „entwickelt“ wurde, das Fotografierte also sichtbar gemacht wird. Diese Dias wurden in kleinen Kästen archiviert. Und Diamagazine füllten nach und nach die Schränke, ihre Zahl war nicht mehr zu bewältigen, man kam nicht mehr damit klar. Wer sie sich anschauen möchte, braucht Hilfsmittel wie Diabetrachter oder Diaprojektoren. In Zeiten der Digitalfotografie ist das viel einfacher geworden. Will man die archivierten Fotos anderen zeigen, ruft man sie auf, lädt sie auf den Bildschirm. Und das geht im Vergleich zur zeitaufwendigen analogen Diafotografie ruck, zuck, sehr schnell. Die heutigen Digitalkameras haben aber noch einen weiteren Vorteil: Sie erleichtern es auch Hobbyfotografen, schöne Fotos zu machen. Denn sie bieten zahlreiche Funktionen wie beispielsweise die für Landschaftsaufnahmen, aber auch für Porträts. Und dafür ist eine Funktion sehr wichtig: die Gesichtserkennung. Petra Fujiwara, Leiterin der Presseabteilung von Fujifilm Europe, nennt den Grund:
„Es ist ausgesprochen wichtig, weil nach unserer Erkenntnis und unseren Forschungen 70 Prozent aller Bilder menschliche Motive sind: Menschen, Porträts, Familie, Party, Freunde. Das ist das, was insbesondere der Amateurfotograf aufnimmt. Und die Gesichtserkennung sorgt dafür, dass das Gesicht optimiert wiedergegeben wird, erstens scharf, zweitens richtig belichtet.“
Damit auch ein Amateur, ein Anfänger oder Nichtfachmann, schöne Bilder machen kann, wurde die Funktion der Gesichtserkennung entwickelt. Sie bewirkt, dass die Kamera das zu fotografierende Motiv erkennt und sich automatisch darauf einstellen kann. Dieses Bildanalyseverfahren beruht auf mathematischen Berechnungen. Und diese sorgen unter anderem dafür, dass ein Gesicht bestmöglich, optimiert, dargestellt wird: Es ist deutlich zu sehen, scharf, und richtig belichtet, also weder zu hell noch zu dunkel. Selbst wenn ein Foto bestmöglich gelungen ist, ist es doch eine Momentaufnahme, wie der französische Philosoph Roland Barthes in seinen Bemerkungen zum Thema Fotografie einmal feststellte:
„Was die Fotografie endlos reproduziert, hat nur einmal stattgefunden. Sie wiederholt mechanisch, was sich existentiell nie mehr wiederholen wird.“
Alle Fotos, auch die aus dem Urlaub, geben einzelne Momente wieder, reproduzieren sie, Momente, die die Betrachterin beziehungsweise den Betrachter beeindruckt haben. Urlaubsfotos wollen das Schöne zeigen, Ereignisse und Eindrücke, an die man sich später gerne zurückerinnern will. Mitunter sind die Fotos sogar schöner als die erlebte Wirklichkeit am Urlaubsort. Aber wer weiß noch, dass es in den Ferien auch Enttäuschungen oder schlechte Laune gab, wenn zu Hause wieder der Alltag einkehrt. Und dann ist man – wie dieser Mann – froh:
„Dass man mal, wenn’s wieder allzu hektisch wird, sich die Bilder mal anguckt und sagt: ‚Mensch, das war doch schön da, und was machst du dich jetzt wieder verrückt. Denk an den Urlaub. Und es ist also mit schönen Erinnerungen verbunden dann‘.“
Autorinnen: Antje Allroggen-Dieckmann, Beatrice Warken
Redaktion: Suzanne Cords
Arbeitsauftrag
Sucht euch ein Foto, das euch besonders gut gefällt, das ihr selbst fotografiert habt oder das aus dem Internet stammt. Erzählt schriftlich, welche Erinnerungen ihr mit diesem Foto verbindet bzw. welche Eindrücke es bei euch weckt.