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Untersuchungsrichter verhört Sarkozy

22. November 2012

Erstmals seit seiner Abwahl muss Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy der Justiz Rede und Antwort stehen. In Bordeaux verhört ein Untersuchungsrichter Sarkozy wegen des Vorwurfs der illegalen Parteienfinanzierung.

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Nicolas Sarkozy gestikuliert mit dem Finger (Foto: AP)
SarkozyBild: ap

Unklar ist, ob Nicolas Sarkozy als Zeuge mit Rechtsbeistand oder als Beschuldigter vernommen wird. Gegen den 57-Jährigen könnte wegen der Finanzaffäre auch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Im Justizpalast von Bordeaux wird er von Untersuchungsrichter Jean-Michel Gentil befragt, der für die Ermittlungen in der weitverzweigten Finanzaffäre um L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt zuständig ist.

Dem konservativen Politiker wird vorgeworfen, die Schwäche der mutmaßlichen Spenderin, der 90-jährigen Milliardärin Liliane Bettencourt, ausgenutzt zu haben. Konkret geht es um zwei Bargeldabhebungen vom Konto der reichsten Frau Frankreichs von jeweils 400.000 Euro. Bettencourt leidet laut ärztlichen Gutachten bereits seit 2006 an fortschreitender Demenz und wurde im Oktober 2011 auf Betreiben ihrer Tochter entmündigt.

Illegale Parteienfinanzierung?

Ein Untersuchungsrichter befasst sich seit Monaten mit der Frage, ob Sarkozy seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 aus illegalen Quellen finanzierte. Es besteht zudem der Verdacht, dass auch nach der Wahl weiteres Geld an die französischen Konservativen floss.

Insgesamt soll der einstige Vermögensverwalter Bettencourts bei sieben Abhebungen vier Millionen Euro in bar von Schweizer Konten der Frau nach Frankreich gebracht haben. In Frankreich sind Parteispenden von Privatpersonen nur bis zu einer Höhe von 7500 Euro im Jahr erlaubt.

Im Juli durchsuchten Ermittler das Büro und die Wohnung des früheren Staatschefs. Sarkozy bestreitet alle Vorwürfe. Er ist nach Jacques Chirac der zweite Präsident Frankreichs, der seit 1958 von einem Untersuchungsrichter vorgeladen wurde. Die Immunität des Politikers war Mitte Juni - rund vier Wochen nach seiner Abwahl im Mai - erloschen. Der einstige Schatzmeister seiner konservativen Partei UMP, Eric Woerth, gegen den ein Ermittlungsverfahren läuft, hatte im Zuge der Bettencourt-Affäre sein Amt als Arbeitsminister abgeben müssen.

Die L'Oreal-Patriarchin Liliane Bettencourt in einem Archivfoto von 2004 (Foto: dpa)
Hat die L'Oreal-Patriarchin Liliane Bettencourt Sarkozy finanziell unterstützt?Bild: Picture-Alliance/dpa

Und noch eine Affäre

In Paris leitete die Justiz derweil Vorermittlungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Umfragen für den Elysée-Palast in den Jahren 2007 bis 2012 ein, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlerkreisen erfuhr. Die Antikorruptionsgruppe Anticor hatte im Oktober eine Anzeige gegen Sarkozy wegen Begünstigung und Veruntreuung öffentlicher Mittel erstattet. Bei der Auftragsvergabe geht es vor allem um das Beratungsunternehmen Publifact des früheren Präsidentenberaters Patrick Buisson. Der Elysée-Palast hatte 2007 mit Publifact Verträge für Beratungsleistungen und Meinungsumfragen im Wert von schätzungsweise drei Millionen Euro geschlossen.

kle/uh (afp, dpad, dpa)