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Bildung von Flüchtlingen sehr unterschiedlich

22. August 2016

Eine Studie der Bundesarbeitsagentur hat ergeben, dass 46 Prozent der Asylbewerber in Deutschland ein Gymnasium oder sogar eine Uni besucht haben. Ein Viertel hat indes nur Grundschulniveau - wenn überhaupt.

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Mohamed, ein junger Flüchtling aus dem Sudan, an einer Schultafel der Rosensteinschule in Stuttgart (Foto: picture-alliance/dpa/W. Kastl)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kastl

Es gebe eine Polarisierung am oberen und unteren Bildungsrand, heißt es denn auch in der Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesarbeitsagentur, die vom Westdeutschen Rundfunk veröffentlicht wurde. Grund sei vor allem die unterschiedliche Herkunft der Flüchtlinge: Kämen diese aus Kriegsländern wie Afghanistan, wo schon lange Bürgerkrieg herrscht, liege dort das Schulsystem brach. In Ländern wie Syrien oder dem Irak dagegen sei das Schulsystem bis zum vergangenen Jahr in vielen Regionen intakt gewesen.

Die Untersuchung des IAB ergab, dass 46 Prozent aller Asylbewerber mit guten Bleibeaussichten ein Gymnasium oder sogar eine Hochschule besucht haben. Darunter seien beispielsweise Ärzte, die mit wenig "Anpassungsqualifizierung" hier Arbeit finden könnten. 27 Prozent der Geflüchteten hätten eine Mittel- oder Fachschule besucht. Mindestens ein Viertel der Flüchtlinge war nur auf einer Grundschule oder hat gar keine Schulbildung.

"Wir haben ein halbes bis ein ganzes Jahr verloren"

Die Analyse stützt sich auf eine Befragung des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge unter allen im vergangenen Jahr registrierten Asylbewerbern. Die Ergebnisse wurden anschließend nach deren Bleibeaussichten gewichtet. Gut drei Viertel (77 Prozent) der Asylbewerber beteiligten sich an der Umfrage. Da die Teilnahme freiwillig war, sei allerdings denkbar, dass diejenigen, die nicht teilgenommen haben, ein niedriges Bildungsniveau haben, hieß es weiter. Das schränke den repräsentativen Charakter der Studie ein.

Herbert Brücker, Herbert Brücker, Professor am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), (Foto: picture-alliance/dpa/T. Brakemeier)
Herbert Brücker, Professor am IAB in NürnbergBild: picture-alliance/dpa/T. Brakemeier

Viele der Flüchtlinge seien hoch motiviert und sollten so schnell wie möglich in die Schule und in Sprach- oder Integrationskurse kommen, hieß es. Wenn ein Mensch lange aus dem Berufs- oder Bildungssystem heraus sei, verliere er an Selbstbewusstsein, sagte IAB-Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker: "Im Grunde haben wir in vielen Bereichen ein halbes bis ein ganzes Jahr verloren." Ein Angebot an Sprachkursen für Neuankömmlinge etwa sei erst Ende vergangenen Jahres aufgebaut worden, nachdem die gesetzlichen Grundlagen geschaffen worden waren. So sei wertvolle Zeit verstrichen.

70 Prozent ohne abgeschlossene Berufsausbildung

Schlechter als bei der Schulbildung sieht es bei der Berufsbildung aus: Laut der IAB-Analyse haben etwa 70 Prozent der Flüchtlinge keine abgeschlossene Berufsausbildung. Dieser Wert ergebe sich aus der Statistik der Bundesarbeitsarbeitsagentur und erfasse Arbeitssuchende aus den nicht-europäischen Asylherkunftsländern im Juli 2016, hieß es. Zum gleichen Zeitpunkt hatten 38 Prozent der deutschen Arbeitssuchenden keinen beruflichen Abschluss. Der hohe Wert unter den Flüchtlingen geht laut IAB darauf zurück, dass es in deren Heimat kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland gibt.

Arbeitsmarktforscher Brücker erwartet, dass in einem Jahr zehn Prozent der Flüchtlinge mit hoher Bleibeaussicht in Arbeit sein werden. In fünf Jahren könnte es die Hälfte sein.

sti/stu (epd, kna)