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Skeptische Wall Street

19. Mai 2010

Europa kämpft um seine Gemeinschaftswährung, den Euro. Technische Pannen an der New Yorker Wall Street sorgten in den letzten Tagen darüberhinaus für noch mehr Nervosität an den Börsen der Welt.

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Strassenschild Wall Street (Foto: AP)
Schlechte Nachrichten aus Europa lassen die US-Börsen nicht kaltBild: AP

Auf dem Parkett der New Yorker Wall Street herrscht angespannte Stimmung. Die Rallye-Laune der vergangenen 14 Monate ist verflogen. Händler Jason Weisberg schaut jeden Morgen nervös auf die neuesten Entwicklungen, besonders auf die Devisen und den Goldpreis. "Die Kurse zeigen mir - viellecht ein bisschen verschwörerisch", räumt er ein, "dass es der Euro nicht schaffen wird. Der wird zusammen brechen."

Eine US-Dollar-Note (Foto: AP)
Starker Dollar - schwacher EuroBild: AP Graphics

Für zwei Euro bekam man vor einem halben Jahr noch drei US-Dollar, seit dem Griechenland-Desaster ist die europäische Währung im Sinkflug. Die psychologische Marke von 1,25 Dollar hat sie längst unterschritten. Auch Händler Arthur Cashin ist nervös: "Wir wissen, dass im Devisenhandel und im CDS-Markt gerade viel spekuliert wird. Das ist wahnwitziger Handel." Am ersten Freitag im Mai, ging dann das Gerücht herum, dass auch Frankreichs Rating herabgestuft wird. "Nicht gerade plausibel", meint Cashin. "Aber an der Wall Street ist oft auch an unplausiblen Gerüchten etwas dran".

Hiobsbotschaften aus Europa

Gerade feierte die US-Wirtschaft ihren Aufschwung, da kommt aus Übersee – dem sonst so gefestigten Europa eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Klar, dass auch bei dem Dow-Abfall von tausenden Punkten vor zwei Wochen, zuerst Griechenland verantwortlich gemacht wurde. "Der Protest der Griechen und das Rettungspaket gaben den Nährboden für den Einbruch", ist sich Jason Weisberg sicher. Ein Zeichen, wie nervös die Märkte der Wall Street in diesen Tagen sind. Dabei scheint es der US-Wirtschaft, aktuellen Konjunkturdaten zufolge, eigentlich ganz gut zu gehen. "Aber Ozeane existieren nicht mehr", mahnt Weisberg. Die Wall Street spüre den Rückschlag aus Europa.

Sambolbild Globus (Foto: Bilderbox)
Internationale Regulierungen notwendigBild: BilderBox

Aktien und andere Papiere werden weltweit gehandelt. Deswegen muss eine internationale Finanzmarktregulierung her: Eine Reform nur für die USA würde einen enormen Wettbewerbsnachteil der Wall Street bedeuten. In Washington geht es in diesen Tagen im Senat – still und ohne viel Aufsehen – in eine entscheidene Phase. Obama scheint aus zu viel Öffentlichkeit bei der Gesundheitsreform gelernt zu haben. Es heißt aus Kreisen, dass sich Demokraten und Republikaner bezüglich der Finanzmarktreform immer weiter annnähern.

US-Regulierungspaket noch in diesem Sommer

Dabei sind es laut Jason Weisberg nicht die klassischen Aktienbörsen die reguliert werden müssen. Für ihn ist der New Yorker Aktienmarkt der transparenteste Markt der Welt. "Wir wetten hier nicht auf sinkende Kurse, wir handeln keine CDOs. Alles ist offen und transparent." Wer allerdings das geschützte Umfeld der Wall Street verlasse, der fische in unkontrolliertem Gewässer, sagt Weisberg.

Ebenfalls keine mörderischen Papiere handelt Todd Gordon. Er ist Devisenhändler und Stratege bei der Gain Capital Group. Und selbst in Zeiten in denen ganze Länder pleite gehen und der Euro einbricht will er in seinem Markt keine Regulierung: "Die Kaufkraftparität für einen Euro liegt etwa bei 1,17 Dollar, also immer noch fünf Cent unter dem aktuellen Wert", meint Gordon, für den die europäische Währung in den letzten Jahren einfach überbewertet war. "Die Notenbanken haben Geld gedruckt um die Krise zu verhindern – und der Euro hat davon profitiert."

Der Verfall des Euro ist für ihne kein Grund für eine Regulierung. Gordon vertraut auf die Kräfte des Marktes. Angebot und Nachfrage finden den fairen Preis von alleine - und das geschehe in diesen Tagen. Später räumt er ein, dass die Finanzindustrie, die Krise betreffend, natürlich nicht frei von Schuld ist, allerdings die Folgen auch immer noch selbst mit ausbadet. Auch für ihn oberstes Ziel: "Wenn Regulierung, dann nur international."

Experten gehen von einer endgültigen Verabschiedung des Regulierungspaketes der US-Regierung noch in diesem Sommer aus. Rechtzeitig vor den Kongresswahlen in November.

Autorin: Miriam Braun

Redaktion: Monika Lohmüller