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Union und SPD wollen keine Eurobonds

Richard A. Fuchs 13. November 2013

Zum fünften Mal haben sich Union und SPD getroffen, um ein Regierungsbündnis zu schmieden. Ob Homo-Ehe, PKW-Maut oder Volksabstimmung - vieles bleibt immer noch strittig. Nur in der EU-Politik gab es einen Durchbruch.

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Bild: picture-alliance/dpa

Koalitionsverhandlungen: der Druck steigt

Heimvorteil für die Konservativen von CDU und CSU: die fünfte Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen Sozialdemokraten und Union fand in der Parteizentrale der Christdemokraten im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin statt. Verhandelt wurde dieses Mal unter anderem über die Themen Europa- und Umweltpolitik, ebenso wie über Verbraucherschutz, Inneres und Bildung. Ein Durchbruch gelang den möglichen Partnern einer Großen Koalition in der Frage der zukünftigen Ausgestaltung der deutschen Europapolitik. Das betonte Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin nach dem Ende der Verhandlungen: „Wir haben einen gemeinsamen Kompass in der Europapolitik gefunden, der eben auch die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union mit starken Gemeinschaftsinstitutionen bewahren und weiterentwickeln soll.“

Gemeinsam gegen Lohndumping in der EU

Ihr Gegenüber, CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, lobte den durchweg pro-europäischen Geist der Verhandlungen, bei dem sich die Strategie von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Lösung der EU-Schuldenkrise auch als zukünftige Regierungsstrategie entpuppte. „Es wird keine Schuldenvergemeinschaftung geben“, sagte Gröhe und erteilte damit der Einführung von Instrumenten wie Eurobonds oder eines Altschuldentilgungsfonds für die überschuldeten Südländer der Union eine klare Absage. Während die SPD hier auf CDU-Linie eingeschwenkt war, konnten die Sozialdemokraten als Erfolg verbuchen, dass sich eine zukünftige deutsche Regierung mehr im Bereich eines sozialeren europäischen Projekts engagieren will. Das bedeute, so Nahles, den europaweiten Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Ferner soll die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den 28 EU-Staaten zu dem Schlüsselthema der kommenden Legislaturperiode werden.

Zu Gast bei Freunden? SPD-Delegation im CDU-Quartier Foto: Hannibal/dpa
Zu Gast bei Freunden? SPD-Delegation im CDU-QuartierBild: picture-alliance/dpa

Viele Kompromisse im Kleinen

Große Gemeinsamkeiten suchten all jene, die die Koalitionsverhandlungen vor Ort mitverfolgt hatten, dann allerdings vergeblich. Stattdessen präsentierten die über 70 Verhandlungsteilnehmer in Form von Ansprachen der drei Generalsekretäre von SPD, CDU und CSU ein Feuerwerk an kleinen bis kleinsten Verabredungen, die allesamt wohl den Eindruck der Handlungsfähigkeit vermitteln sollten. So beschlossen die Koalitionäre in spe im Gesundheitsbereich, sich für unangemeldete Kontrollen in Krankenhäusern zur Stärkung von Patientenrechten einsetzen zu wollen. Sie verabredeten, die Empfehlungen des Untersuchungsausschusses für das Justizdesaster um die rechtsextreme Terrorzelle NSU in Regierungspolitik umzusetzen. Und sie verkündeten, dass eine neue schwarz-rote Regierung sich für ein ‚No Spy‘-Abkommen mit den USA einsetzen werde, das amerikanischen Abhörpraktiken hierzulande verhindert. Viele Kompromisse im Kleinen, die viele weitere große Fragen offen lassen. Wie will Deutschland sein Staatsbürgerschaftsrecht in Zukunft regeln? Wird eine Maut für alle PKWs hierzulande kommen? Oder bleibt die Schulbildung auch in Zukunft eine Sache der Bundesländer? Auf keine dieser Fragen gab es einen Tag vor dem beginnenden Bundesparteitag der SPD am Donnerstag (14.11.2013) eine Antwort.

Sitzt die Kanzler-Partei CDU/CSU am längeren Hebel? Foto: Hannibal/dpa
Sitzt die Kanzlerinnen-Delegation von CDUund CSU am längeren Hebel?Bild: picture-alliance/dpa

Maut und Volksabstimmungen bleiben „heiße Eisen“

Noch zu Beginn der Verhandlungen ließ das Ausklammern der großen Fragen den CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer ungehalten werden. Ramsauer, ein Verfechter der Einführung einer PKW-Maut für Ausländer, warf den Sozialdemokraten „störrisches“ Verhalten vor. Die Verhandlungsdelegation der SPD hatte zuvor Beschlüsse mit den Konservativen verweigert und hatte laut Medienberichten die Verhandlungen rund um das Thema Verkehr vorzeitig abgebrochen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigte das Verhalten ihrer Verhandlungsdelegation nach den Gesprächen mit den Worten: „Wir sind im ganz normalen Betrieb einer Koalitionsverhandlung“. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, Repräsentant des kleinsten Verhandlungspartners, bescheinigte den drei Parteien ein konstruktives Arbeitsklima. Ein Eindruck, der sich auch Beobachtern beim harmonischen Miteinander der drei Repräsentanten der Parteien unweigerlich aufdrängte. Trotzdem kam es auch in einem weiteren Streitpunkt zu keiner Annäherung. Denn nach wie vor können sich die drei Parteien nicht einigen, ob sie mehr direkte Demokratie bei politischen Entscheidungen auf Bundesebene einführen wollen. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warb dabei für ein zweifelsfreies „Ja“, denn gerade mit Blick auf eine möglicherweise sehr große Regierungskoalition gelte es, „der Bevölkerung das Recht zu geben, Dinge die der Bundestag entschieden hat, selbst nochmal zu entscheiden.“ Der aktuelle CSU-Innenminister Hans-Peter-Friedrich warb ebenfalls für mehr Volksabstimmungen, allerdings nur in Fällen, in denen Deutschland Kompetenzen an die Europäische Union abtreten solle. Das lehnen die Sozialdemokraten ab, ebenso wie die CSU-Schwesterpartei CDU, die mehr direkte Demokratie auf Bundesebene ganz vereint. „Die meisten Fragen lassen sich klug nicht mit Ja oder Nein beantworten“, sagte Volker Bouffier, CDU-Verhandlungsteilnehmer und derzeitiger Ministerpräsident Hessens.Was von den Problemen von Union und SPD beim nächsten Koalitionsgespräch noch übrig bleibt, das entscheidet jetzt auch der bevorstehende SPD-Bundesparteitag. Bis zum 27.November soll dann ein Koalitionsvertrag von Union und SPD stehen. Das bedeutet, noch genau drei große Verhandlungsrunden, um die ganz großen Fragen zu lösen.