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Schlamperei statt Untreue?

6. Februar 2008

Die Führung von UNICEF-Deutschland weist Untreue-Vorwürfe zurück, gelobt aber einen Neuanfang in Sachen Spenden-Transparenz. Ex-Chefin Simonis trage eine große Mitschuld an der Vertrauenskrise, so der Vorstand.

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UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen bei der Pressekonferenz in Berlin (Quelle: AP)
UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen bei der Pressekonferenz in BerlinBild: AP

"Zweifellos befindet sich das deutsche Komitee von UNICEF in einer Krise", sagte der neue Vorsitzende Reinhard Schlagintweit am Mittwoch (6.2.2008) auf einer Pressekonferenz in Berlin. Die Vertrauenskrise sei entstanden, weil die verbreitete Praxis hochprofessioneller Spendenwerbung nicht ausreichend offengelegt worden sei. Das Hauptziel, die Spendentätigkeit fortzusetzen, könne nur auf der Basis des Vertrauens erreicht werden. Der Vorsitzende der Hilfsorganisation kündigte "neue Konzepte der Kommunikation und der Erkenntnis" an.

Vorwürfe richtete Schlagintweit gegen seine Vorgängerin Heide Simonis, die am vergangenen Samstag zurückgetreten war. Er sprach von einem "Problem Simonis" und ihrem mangelnden Willen, sich in einer schwierigen Lage voll hinter die Organisation zu stellen.

Geschäftsführung gesteht Fehler ein

Der umstrittene Geschäftsführer Dietrich Garlichs, gegen den wegen des Anfangsverdachts der Untreue ermittelt wird, gab am Mittwoch erstmals Fehler zu. "Es gibt auf betrieblicher Ebene, was unsere selbst auferlegten Regeln angeht, Schlampereien. Das sind Schlampereien, die wir abstellen müssen. Diese Kritik nehme ich gern an", sagte er der Zeitung "Die Welt". Garlichs werden zu großzügige Honorare für externe Berater vorgeworfen.

Mehr Transparenz, besseres Krisenmanagement

Vorstandsmitglied Rolf Seelmann-Eggebert sagte, die Eckpunkte der UNICEF-Führung für "nächste Schritte" der Organisation sähen unter anderem vor, ein Leitbild für die Spendenwerbung zu erarbeiten. Außerdem sollen die Transparenz und die Kontrolle der Finanzen verbessert werden.

UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen sagte, sie sei mehr als traurig, weil begangene Fehler und die aktuelle Krise jahrzehntelange Arbeit beschädigt hätten. "Hier sind keine Spenden veruntreut worden", versicherte sie. Beim Krisenmanagement seien allerdings Fehler gemacht worden. Sie wolle sich nun noch stärker engagieren, kündigte die TV-Journalistin an.

Bundesregierung und UNICEF-Zentrale fordern Konsequezn

Angesichts der Untreuevorwürfe haben die Bundesregierung und die Europazentrale des UN-Kinderhilfswerks den Druck erhöht. "Wir erlauben nicht das geringste Fehlverhalten, wir haben null Toleranz", sagte UNICEF-Sprecherin Veronique Taveau am Dienstag in Genf. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte in Berlin, der besondere Ruf als Hilfsorganisation dürfe keinen Schaden nehmen. Kanzlerin Angela Merkel habe die Diskussion "sehr genau verfolgt".

Spende-Siegel auf dem Prüfstand

Im schlimmsten Fall könnte UNICEF das Spendensiegel entzogen werden. Das Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das diese Auszeichnung für Seriosität vergibt, um den Spendenmarkt transparent zu gestalten, überprüft UNICEF zurzeit. "Wir wollen uns vergewissern, ob sich mit den jüngsten Entwicklungen neue Erkenntnisse zur Vergabe des Siegels ergeben", sagte der DZI-Vorsitzende Burkhard Wilke der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das Verfahren sei noch völlig offen.

In den vergangenen Wochen hätten sich 5000 Dauerspender von UNICEF getrennt, bestätigte ein Sprecher in Köln. Im Dezember seien die Einnahmen um 3,5 Millionen Euro hinter den Erwartungen zurückgeblieben. (leix)