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Mehr Kinderrechte

20. September 2010

Gewalt gegenüber Kindern ist auch 20 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Kinderrechtskonvention in vielen Ländern an der Tagesordnung. UN-Sonderbeauftragte Marta Santos Pais fordert, das Schweigen darüber zu brechen.

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Kinder sitzen vor einer Schule in Sao Tome (Foto: DPA)
Kinder sitzen vor einer Schule in Sao TomeBild: picture-alliance / dpa

"Es gibt Millionen von Kindern in weiten Teilen der Welt, die jedes Jahr Gewalt in all ihren Formen erleben. Kinder werden eingeschüchtert, gedemütigt, drangsaliert und körperlich misshandelt." So lautete die anklagende Bilanz der UN- Sonderbeauftragten Marta Santos Pais während ihres Besuchs in Deutschland. "Sie erleben sexuelle Gewalt und Missbrauch, sie werden zum Heiraten verkauft, zur Adoption ins Ausland gegeben, als Arbeitssklaven missbraucht und in vielen Ländern dürfen Kinder ausgepeitscht werden, als legitime Form der Disziplinierung in Schulen oder anderen Einrichtungen.“ Im Vorfeld des Weltkindertages, der in Deutschland am 20. September gefeiert wird, forderte UN-Expertin Santos Pais die Regierungen und Gesellschaften weltweit auf, diesem Thema endlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Vor 20 Jahren, im September 1990, trat die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen in Kraft. Zu den Grundrechten von Kindern zählen unter anderem die Rechte auf Gesundheit, Bildung, gewaltfreie Erziehung und Freizeit.

Das Schweigen brechen

Symbolbild Gewalt gegen Kinder (Foto: DPA)
Gewalt gegen Kinder ist in Deutschland verbotenBild: picture-alliance/ dpa

Gewalt gegen Kinder kommt jedoch nach wie vor in allen Gesellschaften und Kulturen vor. Während schwere Verbrechen an Kindern oft große Beachtung in der Öffentlichkeit finden, geschieht die täglich wiederkehrende Gewalt meist im Verborgenen - in der Familie, auf dem Schulhof, im Internat und auch im Internet. In 88 Ländern sei die Prügelstrafe bis heute nicht verboten, so die UN -Sonderbeauftragte für Kinderrechte. Der erforderliche Wandel in diesen Staaten könne nur eintreten, wenn das Schweigen über die Gewalt, die Kinder erleiden, endlich gebrochen werde. Deshalb habe das Thema bei den Vereinten Nationen jetzt auch Priorität.

Deutschland ist eines der 25 Länder, in denen das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung inzwischen gesetzlich festgeschrieben worden ist. "Das war vor zehn Jahren ein großer Schritt", sagt der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland Christian Schneider. "Respekt und Achtung sollten Grundlage des Aufwachsens eines jeden Kindes in Deutschland sein. Der Klaps, die Ohrfeige für ein Kind, dies gehöre heute nicht mehr zum selbstverständlichen Repertoire den Eltern. "Tatsächlich ist es so, dass sich die Erziehungsstile der Eltern in Deutschland und anderen Industrieländern deutlich geändert haben."

Neue Gefahren auch in den Industrieländern

Laut Kinderschutzbund in Deutschland sehen die allermeisten Eltern die gewaltfreie Erziehung als Ideal an. Aber immer noch etwa 13 Prozent der Eltern in Deutschland setzen körperliche Gewalt ein, um ihre Kinder zu erziehen. Außerdem - so der Kinderschutzbund weiter - steige die Zahl der Kinder, die aus ihren Familien herausgeholt würden und unter staatliche Obhut gestellt werden müssen.

Der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Christian Schneider (Foto: DPA)
Der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Christian SchneiderBild: picture-alliance/dpa

Hinzu kommen neue Gefahren, die das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen stark verändern, wie UNICEF-Geschäftsführer Schneider deutlich macht: "Jeder zweiter Heranwachsende in der Europäischen Union offenbart persönliche Informationen im Netz. Jedes dritte Kind in der EU, das Online geht, begegnet dort gewalttätigen oder sogenannten Hass-Seiten. Jedes fünfte bis sechste Kind sagt, dass es im Internet beschimpft oder belästigt wurde." Außerdem gäben vier von zehn Kindern an, dass sie im Internet bereits Pornographie begegnet seien.

Kinder stärken

Die meisten dieser Kinder vertrauten sich jedoch nicht den Lehrern oder Eltern an, wenn sie solche Online-Erlebnisse haben, sondern eher Freunden, so Christian Schneider. Angesichts der Tatsache, dass Gewalt beim Aufwachsen vieler Kinder und Jugendlicher eine Rolle spielen, warnt er vor langfristigen Folgen und fordert präventives Verhalten: "Deshalb ist unser Aufruf als UNICEF zum Weltkindertag, dass Kinder vor allen Dingen gestärkt werden müssen, dass sie Selbstbewusstsein brauchen und dass sie früh lernen können, mit Konflikten und Gewaltrisiken umzugehen.

In Deutschland finden auch in diesem Jahr anlässlich des Weltkindertages wieder in mehr als 400 Städten und Gemeinden Kinder- und Familienfeste statt.

Autorin: Sabine Ripperger
Redaktion: Ulrike Mast-Kirschning / Kay-Alexander Scholz