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Müllimport Albanien

17. November 2011

Albanien kämpft seit Jahren gegen Müllberge. Die Abfallbeseitigung ist nicht adäquat geregelt, Geld für Müllverarbeitungsanlagen fehlt. Nun soll auch noch Müll aus dem Ausland importiert werden. Das sorgt für Proteste.

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Haufen von Plastikmüll (Foto: DW)
Eine Gefahr für die Adria: PlastikmüllBild: Sanel Kajan

Die kroatischen Schilderungen im Oktober 2010 klangen dramatisch: "Unmengen von Plastikmüll aus Albanien überfluten seit Tagen die Strände des beliebten kroatischen Urlaubsortes Dubrovnik und das Naturschutz Gebiet Mljet", klagten lokale Medien. Von Entschädigung war damals die Rede und von einem "Müllkrieg" zwischen beiden Ländern.

Ein Jahr später sind die kroatischen Strände zwar sauber, aber das Problem immer noch nicht gelöst. Bei der nächsten starken Überschwemmung könne erneut Müll in die Adria fließen, sagen Experten, denn die Müllentsorgung in Albanien sei immer noch nicht unter Kontrolle.

Noch mehr Müll

Müll in den Straßen von Tirana, der Hauptstadt Albaniens (Foto: DW)
Allgegenwärtig: Müll in den Straßen von TiranaBild: DW / Aida Cama

Im Gegenteil: Nach der jüngsten Entscheidung des albanischen Parlaments spricht einiges dafür, dass sich die Lage bald verschlimmern könnte. Anfang November 2011 hat das Parlament in Tirana grünes Licht für umfangreiche Müllimporte aus dem Ausland gegeben. Opposition und Experten sind entsetzt, weil das Land schon jetzt mit der Entsorgung der eigenen Abfälle überfordert ist. "Müll aus dem Ausland zu importieren, während sich in albanischen Straßen mehr als eine Million Tonnen Abfälle türmen, wäre eine wahre Katastrophe und nationaler Verrat", klagt Oppositionschef Edi Rama. Albanien laufe Gefahr, zur "Mülltonne Europas" zu werden, warnen Vertreter der Zivilgesellschaft. Albanien könne zum Einfallstor für illegalen Handel mit Industrieabfällen werden.

Die Regierung weist diese Kritik zurück. Ministerpräsident Sali Berisha verteidigte vor dem Parlament die Pläne: "Das Gesetz respektiert die europäischen Zusagen dieses Landes, und die Abfälle, die nach Albanien importiert werden, sind nicht gefährlich."

Furcht vor Giftmüll

Lavdosh Ferruni im Porträt (Foto: DW)
Umweltschützer wie Ferruni warnen vor gefährlichen AbfällenBild: DW

Der stellvertretende Umweltminister Taulant Bino sieht das Müllimportgesetz in "vollem Einklang mit den EU-Bestimmungen". Im Interview mit DW-WORLD.DE sagte Bino: "Das primäre Ziel dieses Gesetzes ist eine ordnungsgemäße Abfallwirtschaft in Albanien. Das bisherige Gesetz hatte viele Mängel und war nicht im Einklang mit den EU-Bestimmungen." Der zuständige Sekretär für Umwelt von der oppositionellen Sozialistischen Partei, Besnik Baraj, kann da nur zustimmen. Es gab indes viele Gründe, weswegen die Opposition gegen die Gesetzesvorlage gestimmt hat.

"Zuerst müssen wir das Problem der Verwaltung unseres Mülls lösen und dann können wir uns erlauben, Müll aus Italien oder anderen Ländern zu importieren", meint Baraj. Darüber hinaus vermutet er, dass auch gefährliche Materialien importiert würden. Dies könne durchaus passieren, weil die Zollkontrollen in Albanien nicht funktionierten. Ein weiteres Problem sieht Baraj in der grassierenden Korruption. Schmiergelder könnten eine lukrative zusätzliche Einnahmequelle beispielsweise für Angestellte in albanischen Behörden werden. Eine weitere Lücke im Gesetz sei die fehlende Regelung für die Beseitigung von tausenden Tonnen gefährlicher Industrieabfälle. Albanien habe zudem keine Müllverarbeitungsanlagen und auch nicht das Geld dafür, so Baraj. Umweltexperte Lavdosh Ferruni meint ebenfalls, das Gesetz sei gut, allerdings ohne die Bestimmungen zum Müllimport. "Das ist die negative Seite des Gesetzes. Albanien kämpft seit 20 Jahren mit seinen eigenen Abfällen. Es besteht auch die Gefahr, dass in Albanien gefährliche Abfälle landen könnten."

Letztes Jahr hat die Regierung in Tirana die Einfuhr von Abfall auf 55 Sorten begrenzt. "Es geht nur um Recyclingmaterialen, um die Stoffe, die Albanien als Sekundärrohstoffe benutzen kann. Das Gesetz begünstigt nicht den Import gefährlicher Stoffe", kontert der Vertreter der Regierungsbehörden, Taulant Bino.

Autor: Amarildo Topi / Bahri Cani
Redaktion: Mirjana Dikic