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Umstrittene Parlamentswahl im Niger

21. Oktober 2009

Seit einem Jahrzehnt ist Präsident Mamadou Tandja an der Macht. Und er will es bleiben. Am Dienstag ließ er ein neues Parlament wählen. Aus Protest schloss die Staatengemeinschaft ECOWAS den Niger aus ihren Reihen aus.

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Nigers Präsident Mamadou Tandja (Foto: AP)
Seit 1999 ist Staatschef Mamadou Tandja an der MachtBild: picture alliance / dpa

Der westafrikanische Staatenbund ECOWAS hatte den nigrischen Präsidenten Mamadou Tandja vergeblich versucht dazu bewegen, die Wahlen zu verschieben und Gespräche mit der Opposition zu führen. Jetzt hat ECOWAS reagiert und die Mitgliedschaft des Nigers aus der Gemeinschaft ausgesetzt. Es drohen weitere Sanktionen, sollte Tandja tatsächlich an einer dritten Amtszeit festhalten. Ein Handelsembargo der westafrikanischen Nachbarn würde den uran-reichen Staat Niger, der selbst keinen Zugang zum Meer hat, schwer treffen.

Das bisherige Parlament hatte Staatschef Mamadou Tandja im Sommer ebenso auflösen lassen wie das Verfassungsgericht - beide Staatsgewalten hatten sich dem Präsidenten widersetzt, der sich weigert, Ende 2009 abzutreten. Der machthungrige Tandja braucht nun ein neues, gefügiges Parlament: Es soll eine Verfassungsreform ratifizieren, mit der er sich zum dritten Mal wählen lassen kann. Sehr zum Ärger der Opposition, die die Wahlen boykottierte, und der internationalen Staatengemeinschaft.

Alles bleibt beim Alten ...

... im Niger darf man das getrost wörtlich nehmen: Mamadou Tandja, 71 Jahre alt, ist auf dem Weg zur absoluten Macht. Dafür war ihm bisher so gut wie jedes Mittel recht, so lange er es noch irgendwie als demokratisches Handeln tarnen konnte. Bislang verbot die Verfassung dem Staatschef eigentlich eine dritte Amtszeit.

Volksabstimmung im Niger (Foto: AP)
Stimmenauszählung nach der Volksabstimmung im AugustBild: AP

Aber kein Problem - Tandja regierte mit Notstandsgesetzen, löste Parlament und Verfassungsgericht auf und ließ im August das Volk über eine neue Verfassung abstimmen. Natürlich gewann er haushoch - beim Ergebnis, da waren sich alle Beobachter einig, wurde kräftig nachgeholfen.

Nun also die Wahl eines neuen Parlaments: Dessen 113 Abgeordnete - unter ihnen nur wenige Unabhängige - könnten zum Stimmvieh verkommen, wenn sie den Weg für eine verfassungsgemäße dritte Amtszeit des Präsidenten freimachen. Die Parlamentswahl ist der vorläufige Höhepunkt eines Staatsstreichs auf Raten - so nennt es die Opposition, die im Niger nichts zu lachen hat.

Ex-Premier Seini Oumarou, Mamadou Tandjas enger Vertrauter, sieht das natürlich ganz anders: Er wünsche sich, dass die Bürger in großer Zahl für die Partei des Präsidenten stimmten. "Wir brauchen ein starkes 'Ja' zu den Plänen des Staatschefs, damit wir der Welt zeigen können: Das souveräne Volk des Niger hat Mamadou Tandja das Vertrauen ausgesprochen."

Staat in der Krise

Junge im Niger (Foto: AP)
Hungrig: Niger gehört zu den ärmsten Ländern der WeltBild: AP

Der Machthunger des Präsidenten hat das Land in eine tiefe politische Krise gestürzt. Seine Wahl vor zehn Jahren war noch ein Zeichen des Wandels - nach einer langen Militärdiktatur und jahrelanger Instabilität. Mittlerweile führt Tandja jedoch den Sahelstaat zunehmend selbst autoritär. Die Presse ist nicht frei, immer wieder wandern prominente Regimegegner ins Gefängnis. Der Norden Nigers steht unter Kriegsrecht, dort sind die Rebellen der Tuareg aktiv.

Das alles wissen auch die Menschen im Niger - doch viele glauben, zu Mamadou Tandja gebe es keine Alternative. Und außerdem haben sie Angst - schließlich hatte der Präsident schon oft Proteste mit Knüppeln und Tränengas auflösen lassen.

Auf Nummer Sicher

Brücke über den Fluss Niger (Foto: picture alliance)
Namensgeber für den Staat: Der Niger-FlussBild: picture-alliance/ ZB

Nigers Dauerpräsident ließ sich nicht beirren: Den 20. Oktober erklärte er kurzerhand zum Feiertag. Das Staatsfernsehen warf die Propagandamaschine an, doch von Wahlbegeisterung keine Spur: In Niamey waren im Wahlkampf kaum Plakate zu sehen. Protestkundgebungen der Opposition blieben verboten, die Landesgrenzen wurden für 24 Stunden geschlossen.

Tandja geht auf Nummer Sicher. Die Parlamentswahl ist der letzte große Baustein für seine dritte Amtszeit als Präsident. Ende des Jahres soll es soweit sein, dann will Tandja sich wiederwählen lassen. Alles soll schließlich beim Alten bleiben. Das gilt übrigens auch für Frankreich, das Tandjas Niger braucht - als Uran-Lieferant für die französische Atomindustrie.


Autor: Alexander Göbel
Redaktion: Christian Walz/Katrin Ogunsade