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Interview mit Formel-1-Neuling Nico Hülkenberg

5. März 2010

Man spricht deutsch in der Formel 1: Zur neuen Saison werden gleich sechs Piloten aus Deutschland am Start sein, darunter erstmals Nico Hülkenberg. Der 22-Jährige soll dem Williams-Team zu neuem Glanz verhelfen.

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Formel-1-Rennfahrer Nico Hülkenberg (Foto: Picture Alliance)
Debütant Nico HülkenbergBild: Picture alliance/augenklick

Wenn am 14. März die neue Formel-1-Saison beginnt, gibt der 41-jährige Rekordchampion Michael Schumacher sein Comeback. Deutlich jünger ist ein anderer Deutscher, der erstmals am Start sein wird: Nico Hülkenberg feiert sein Debüt beim britischen Williams-Team. Dort war der 22-Jährige aus Emmerich bereits Test- und Ersatzfahrer. Hülkenberg, der als der neue "Schumi" gehandelt wird, holte im vergangenen Jahr den Titel in der Nachwuchsserie GP2. Im Interview der Deutschen Welle spricht Hülkenberg über seine Chancen, Wünsche und Hoffnungen. Die Fragen stellte Arnulf Boettcher.

Nico Hülkenberg, sie stehen vor Ihrem Start in die Formel 1. Was überwiegt da bei Ihnen, die Vorfreude oder doch eher Herzklopfen?

"Auf jeden Fall die Vorfreude. Ich habe lange darauf hin gearbeitet, Formel-1-Fahrer zu sein. Beim ersten Rennen ist man klar etwas aufgeregt. Natürlich ist die Vorfreude aber viel größer."

Nico Hülkenberg im Freizeitlook
22 Jahre jung: Nico HülkenbergBild: DW

Sie sind Anfänger in der Formel 1. Was glauben Sie: Wie wird man Sie in der Szene begrüßen?

"Ich weiß nicht, aber die Formel 1 ist ein knallhartes Business. Man muß da Erfolg bringen, um weiter zu kommen, um sich zu etablieren. Von daher ist da nicht allzu viel mit Freundschaft. Es wird Leistung von einem erwartet."

Der Weg in die Formel 1 ist lang und schwierig und war wahrscheinlich von Ihnen auch ein Traum. Wie ist es überhaupt dazu gekommen, wie sind Sie Rennfahrer geworden?

"Ich bin mit sieben Jahren im Kartsport gelandet und habe mich da durch die einzelnen Serien hochgearbeitet. Man muß natürlich immer erfolgreich sein. 2005 bin ich in den Formel-Sport gewechselt, in die Formel BMW und in die Formel 3. Und letztes Jahr bin ich über GP letztendlich in die Formel 1 gekommen."

Ist das Kartfahren eine wichtige Voraussetzung für einen guten Formel-1-Rennfahrer?

"Ich persönlich denke schon. Der Kartsport gibt einem sehr viel, viel Erfahrungen, auch viel technisches Wissen. Das ist einfach ein Grundstein, eine Basis, die man aus meiner Sicht haben muß. Aber es gibt auch Rennfahrer, die den Kartsport nicht so toll oder gar nicht betrieben haben. Es ist kein Muß, aber ich denke, es ist schon sehr gut."

Sind Sie von Ihrer Familie unterstützt worden, um aus Ihrem anfänglichen Hobby einen Beruf zu machen?

"Auf jeden Fall. Hätte mich meine Familie am Anfang und generell nicht so unterstützt, wäre ich nie soweit gekommen. Das ist ganz klar."

Ihr Erfolgsweg ist sehr stringent. Eigentlich haben Sie in jedem Jahr große Erfolge gefeiert und 2009 die GP2-Serie gewonnen. Was hat Sie denn da ausgezeichnet?

"Ich glaube, wir waren die Konstantesten, haben immer gute Ergebnisse eingefahren. Am Anfang des Jahres haben wir ein bisschen Probleme gehabt, sind hier und da ein bisschen gestolpert. Aber dann in der zweiten Saisonhälfte sind wir richtig stark aufgetreten und haben die meisten Punkte geholt und damit auch die Meisterschaft."

Nico Hülkenberg mit dem Siegerpokal nach dem GP2-Rennen auf dem Autodrome Internacional Algarve am 20.09.2009. (Foto: Picture Alliance)
Hülkenberg triumphierte 2009 in der Nachwuchsserie GP2Bild: Picture-alliance /Panimages

Und was zeichnet Sie als Fahrer aus?

"Ich glaube, ich bin sehr ehrgeizig und zielstrebig. Das muß man sowieso sein. Und ich bin sehr selbstkritisch und liebe einfach das, was ich tue."

Aber Sie werden ja wohl auch besondere fahrerische Qualitäten haben?

"Schnell um die Kurve fahren ist das, was ich am Besten kann. Aber das können viele da oben. All die Formel-1-Fahrer sind ziemlich schnell. Im Endeffekt sind die wirklichen Dinge, die einen Gewinner von einem normalen Formel-1-Fahrer unterscheiden, dann andere Sachen. Da muß man eine ordentliche Portion Talent haben und schnell sein."

Sie sind jetzt bei Williams. Das ist ein renommiertes Team mit einer großen Vergangenheit. Wie sehen Sie das?

"Klar, Williams ist ein historisches Team. Die haben Geschichte geschrieben. Frank Williams und Patrick Head (Teambesitzer) sind Motorsport-Legenden. Ich arbeite schon seit zwei Jahren mit dem Team zusammen, gehe in das dritte. Wir hatten 2009 ein sehr erfolgreiches Jahr in der GP2. Das hat man auch an den ganzen Anfragen gesehen. Die kamen auch von anderen Formel-1-Teams, die Interesse an uns hatten. Aber ich hatte eigentlich immer das Ziel und den Wunsch, dieses Jahr für Williams zu fahren. Ich freue mich, dass es geklappt hat."

Williams war in den letzten Jahren nicht mehr so konkurrenzfähig. Der letzte Sieg liegt fünf Jahre zurück. Aber Sie werden das Team jetzt voranbringen?

Der Brite Frank Williams, Teamchef des Williams F1 Teams (Foto: AP)
Teamchef Frank WilliamsBild: AP

"Ich hoffe, das ist das Ziel unter anderem. Es hat sich jetzt viel in der Formel 1 getan mit Kostensparen, weniger Leute etc. Das sind alles Sachen, die die großen Teams wirklich treffen, die zurückschrauben müssen, die ihre Budgets kürzen müssen, Leute entlassen müssen. Und Williams kann eigentlich weiter machen wie bisher, weil die nie so groß waren. Das ist ein Vorteil, und wenn sich dieser Trend fortsetzt, ist Williams, glaube ich, für die Zukunft gut aufgestellt. Ich will jedenfalls auch dazu beitragen, dass Williams wieder ein Topteam wird und dass wir wieder Rennen gewinnen können."

Ihr Kollege ist Rubens Barrichello. Wie stehen Sie zu ihm?

"Er ist ein sehr netter, sympathischer Mann, schon ein bisschen älter als ich, sehr ruhig und ausgeglichen. Er weiß, wovon er redet und ist sehr konkurrenzfähig. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm"

Gibt es eine Hackordnung oder klare Einteilung?

"Nein, die gibt es nicht, die ist auch nicht festgelegt. Die wird sich nach den ersten paar Rennen von alleine herstellen."

Wie viele Testfahrten haben Sie denn schon in einem Formel-1-Rennwagen gemacht?

"Ich war ja schon 2007 und 2008 jeweils Ersatz- und Testfahrer für das Williams-Team."

Und Sie beherrschen das Fahrzeug?

"Ich denke schon, ja."

Für mich als Laien sind da im Cockpit unheimlich viele Knöpfe. Da haben Sie schon noch die Übersicht?

"Auf jeden Fall. Es sieht immer ziemlich viel aus, aber man drückt ja nicht jeden Knopf in jeder Runde oder Kurve. Man wächst da rein und wird da rangeführt. Es ist nicht so schlimm wie es aussieht."

Hatten Sie schon früh Vorbilder oder Rennfahrer, die Sie bewundert haben?

"Als ich klein war, so Zehn, da war Michael Schumacher der große Star und hat die ganzen Weltmeistertitel eingefahren. Na klar habe ich auch ihn früher bewundert und ihm die Daumen gedrückt."

Michael Schumacher im Mercedes-Cockpit (Foto: AP)
Rekordweltmeister Michael Schumacher kehrt zurückBild: AP

Ihr Idol Michael Schumacher fährt jetzt tatsächlich wieder in der Formel 1 mit und gibt sein Comeback. Was halten Sie davon?

"Im Endeffekt ist es seine persönliche Entscheidung. Es ist bestimmt schön für den Sport und schön für ihn. Ich sehe es eigentlich ziemlich neutral. Er ist der siebenmalige Weltmeister, die Legende. Aber für mich ist er wie jeder andere auch ein Gegner auf der Strecke, den ich zu schlagen versuche."

Hätten Sie es als Zehnjähriger für möglich gehalten, dass Sie einmal gegen Schumacher Rennen fahren würden?

"Nein, das habe ich auch nie gedacht."

"Sie werden auch mit ihm verglichen. Es heißt, Sie wären der neue "Schumi." Ist das jetzt eine Ehre?

"Also, der neue Schumi werde ich nie. Außerdem gibt es schon den Sebastian Vettel. Der ist schon in die Fußstapfen von Michael getreten. Ich bin sozusagen der erste Hülkenberg, versuche da mein Ding zu machen und unabhängig zu bleiben."

Aber wenn Schumacher im Rennen hinter Ihnen wäre, würden Sie ihn nicht vorbeilassen?

"Natürlich nicht."

Haben Sie ihn schon einmal persönlich getroffen?

"Ja, ich kenne ihn."

"Gibt er Ihnen auch Ratschläge oder würden Sie sich Ratschläge von ihm geben lassen?

"Ratschläge würde ich mir von ihm auf jeden Fall geben lassen. Ich kenne ihn persönlich. Aber fahrerische Sachen und Tipps geben, diese Beziehung hatten wir nie so wirklich."

Gibt es noch weitere Fahrer, die Sie besonders bewundern?

"Ja Ayrton Senna. Ich habe leider nicht viel von ihm mitgekriegt, weil er so früh verstorben ist. Aber was ich von ihm in Erinnerung habe, ist sehr positiv. Es war immer sehr inspirierend und einfach immer schön, zuzugucken."

Sie gelten als technisch sehr interessiert, das heißt, Sie schrauben und basteln rum. Können Sie dem Team auch Tipps geben?

"Ich weiß nicht, ob ich Tipps geben kann. Aber klar, wenn wir als Rennfahrer auf die Strecke gehen, ist unser Job, das Auto irgendwie schneller zu machen und das Setup fein zu tunen."

Bei Michael Schumacher spricht man von einem Popometer, der ihm das Gefühl zum Fahrzeug vermittelt. Haben Sie da auch so ein besonderes Talent?

Nico Hülkenberg vom Team Williams testet in Valencia den neuen Rennwagen (Foto: dpa)
Hülkenbergs Testfahrt im neuen WilliamsBild: picture alliance/dpa

"Ich hoffe. Wenn ich so ein Popometer hätte, dann wäre es sehr gut. In der Zukunft wird sich zeigen. ob ich den so habe."

Es gibt 19 Rennen in dieser Saison. Kennen Sie alle Strecken?

"Nein, es gibt bestimmt fünf, sechs, sieben Strecken, die ich nicht kenne."

Gibt es eine Strecke, auf die Sie sich besonders freuen?

"Mehrere. Ich freue mich besonders auf Spa, Suzuka, Singapur und auf Hockenheim mit dem deutschen Rennen, In Hockenheim habe ich mich immer sehr wohl gefühlt, ein schöner Fleck von Deutschland. Die Strecke gefällt mir auch sehr gut.

"Sie sind einer von sechs deutschen Fahrern. Einer von Vielen zu sein, ist das ein Vorteil?

"Klar, der größte Fokus liegt auf Michael, Sebastian und Nico Rosberg. Von daher kriege ich vielleicht erst einmal ein gedämpftes Medieninteresse mit, was für mich am Anfang gar nicht so schlecht ist. Mir ist das Medieninteresse nicht wic6htig. Ich will einfach Leistung auf der Strecke zeigen."

Und das Ziel ist es, vielleicht erst einmal einer der besten Deutschen zu sein?

"Ich glaube, wenn man einer der besten Deutschen ist, dann ist man schon ganz weit vorne dabei. Vielleicht ist man dann sogar schon der Beste. Es gibt dieses Jahr sehr viele gute Fahrer. Und die ganzen guten Fahrer sind auch alle in den guten Teams und in den guten Autos."

Wer sind die Favoriten auf den Titel?

"Man muß Alonso im Ferrari nennen und die Mercedes-Jungs Nico und Michael. Man muß Red Bull mit Sebastian nennen, natürlich McLaren mit Hamilton und Button. Von daher ist die Konkurrenz sehr sehr hoch in diesem Jahr."

Mit welchem Platz oder welcher Punktzahl wären Sie am Ende der Saison zufrieden?

"Ich wäre zufrieden, wenn ich auf 2010 zurückgucke und sehr sehr viele Punkte gesammelt hätte."

Und wie lautet das langfristige Ziel?

Ferrari-Rennwagen vor Palmen (Foto: AP)
Einmal für Ferrari fahren: auch für Hülkenberg ein TraumBild: AP

"Ich will mich in der Formel 1 etablieren und Formel-1-Weltmeister werden."

Sie sind noch jung, 22 Jahre alt, kommen aus Emmerich am Niederrhein. Sind Sie noch oft im Elternhaus?

"Ich komme immer wieder gerne zurück nach Emmerich in die Heimat. Zu Hause ist es immer schön und ich bin immer mal wieder da. Aber es ist sehr unregelmäßig."

Wenn Sie sich selbst beschreiben, was sind Sie für ein Typ?

"Sehr selbstkritisch, zielstrebig, erfolgsorientiert."

Hat Nico Hülkenberg auch Schwächen, die er zugibt?

"Ja, ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch."

Die Fitness ist in der Formel 1 ein wichtiger Punkt. Man muß wegen der hohen Fliehkräfte vor allem auch die Nackenmuskulatur stärken. Waren Sie immer schon sehr sportlich?

"Früher, bevor ich mit dem Motorsport angefangen habe, gar nicht. Da war ich eher klein, dick und pummelig. Aber das hat sich im Laufe der Zeit geändert. Seit ich mit dem Joggen anfing, ist der Sport Teil meines Lebens geworden. Ich mache es gerne und wenn ich jetzt nicht trainiere, dann fehlt mir eigentlich schon etwas."

Zum Motorsport gehören Unfälle, Verletzungen und auch der Tod. Wie gehen Sie damit um?

"Die Angst war nie da und isttt auch nicht da. Respekt ist schon da vor gewissen Kurven, Strecken und der Geschwindigkeit. Aber ich glaube, wenn man Angst in diesem Geschäft hat, dann ist man am falschen Ort und sollte sich etwas anderes suchen."

Ist der Traum realistisch, letztendlich auch einmal für Ferrari zu fahren?

"Auf jeden Fall. Ferrari ist speziell. Ferrari ist einfach Ferrari mit dem Mythos. Ich glaube, da träumt fast jeder davon, mal irgendwann für Ferrari zu fahren."

Autor: Arnulf Boettcher

Redaktion: Joachim Falkenhagen