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Ukrainischer Immobilienmarkt: Platzt die Luftblase?

23. August 2007

In der Ukraine steigen die Immobilienpreise ständig. Experten kritisieren, die Qualität der Wohnungen entspreche nicht den hohen Preisen. Korruption verhindere den notwendigen Wettbewerb.

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Nachfrage übersteigt WohnangebotBild: dpa/ picture-alliance

"Die Zuzugsquoten nach Kiew und in andere ukrainische regionale Zentren sind immer noch stabil hoch. Es gibt keine Balance zwischen Angebot und Nachfrage. Da, wo die Nachfrage wesentlich das Angebot übersteigt, sind die Preise entsprechend hoch. Das ist das Gesetz des Marktes, wie überall in der Welt", sagt Thoralf Weise, Leiter des deutsch-ukrainischen Bauzentrums in Kiew. Dem deutschen Experten zufolge sind die Preise der Wohnungen nicht angemessen hinsichtlich der Qualität. "Der ständige Preisanstieg ist eine Luftblase, weil die Preise nicht durch entsprechende Qualität zu rechtfertigen sind. Wenn es zu einer allmählichen Sättigung des Marktes mit preiswerten Wohnungen kommt, bricht das ganze Gebäude zusammen. Dann werden einige Immobilienmakler und Baulöwen ganz scharf gucken, wie es weiter geht", meint Weise.

Vorausschauende Baupolitik

Thoralf Weise glaubt, dass die Situation nur dann verbessert werden kann, wenn Banken, Stadtverwaltungen, Versicherungs- und Immobiliengesellschaften anfangen, eine vorausschauende Wohnungsbaupolitik zu betreiben. "Dann konsolidiert sich der Baumarkt, es sinken die Korruption in der Baubranche und die Gewinne der Baugesellschaften, aber es steigt der Anteil des Mittelstandes, die sich eine Wohnung in großen Städten leisten können", so Weise.

Interessensvermischungen

Der Bauexperte Weise ist überzeugt: Angesichts der weit verbreiteten Korruption in der ukrainischen Baubranche könnten keine Baugesellschaften entstehen, die preiswerte Wohnungen für das mittlere Segment der Gesellschaft bauen. Das Problem der Bauindustrie liege darin, dass auch viele Politiker eigene Interessen auf diesem Feld verfolgten. "Der ukrainische Baumarkt ist in den Händen von einigen Großunternehmen und Politikern. Die Politiker, die einen Abgeordnetenplatz in der Werchowna Rada haben, sind gleichzeitig knallharte Geschäftmänner, die nie zulassen werden, das ein kleiner Mittelständler ihnen den Rang abläuft".

Westliches Know-how benötigt

Der deutsche Experte weist auch darauf hin, dass westliche Baugesellschaften sich sehr für den Baumarkt in der Ukraine interessieren. Aber selbst den großen Bauunternehmern, die überall in Westeuropa tätig sind, gelinge es nicht, in der Ukraine Fuß zu fasse. Diese Isolation des Marktes schade letztlich auch der heimischen Branche, meint Weise: "Die Ukraine benötigt dringend westliches "Know-how" in der Bauausführung. Die ukrainischen Technologien sind sehr veraltet. Darüber hinaus sind die Leute schlecht ausgebildet. Die Ukraine hat zwar zusammen mit den Polen den Zuschlag für die EM 2012 bekommen, sie wissen aber überhaupt nicht, wie sie bis 2012 ihre gesamte Infrastruktur – ihre Sportstadien und Hotels und alles andere, was dazu gehört - bauen sollen. Dabei pokert die Ukraine ziemlich hoch und sagt: "Wenn deutsche Bauunternehmen hier hereinkommen wollen, dann nur nach unseren Bedingungen", - sagte Thoralf Weise.

Positive Auswirkungen der EM 2012?

Der Leiter des deutsch-ukrainischen Bauzentrums glaubt dennoch, die Vorbereitung auf die EM 2012 werde sich positiv auf die Entwicklung des ukrainischen Baumarktes auswirken: Bauvolumen werden ständig steigen, auf den Markt kommen neue Baugesellschaften, die preiswerte Wohnungen für Mittelständler bauen werden. "Diejenigen, die sich jetzt mit den katastrophalen Zinssätzen bei Wohnungsbaukrediten von 16% das Letzte vom Munde absparen müssen, sollten abwarten: In fünf bis sieben Jahre sollte die Situation besser werden".

Eugen Theise
DW-Radio/Ukrainisch, 20.8.2007, Fokus Ost-Südost