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Politik

Aktuell: USA verdoppeln Finanzhilfen für die Ukraine

8. August 2022

Die Vereinigten Staaten stellen weitere Milliarden für den Haushalt der Ukraine bereit und liefern zusätzlich Waffen. UN-Generalsekretär geißelt die Attacken auf das AKW Saporischschja mit scharfen Worten. Ein Überblick.

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Ukraine Javelin Rakete
Ukrainische Soldaten feuern amerikanische Javelin Raketen ab (Archivbild)Bild: Ukrainian Defense Ministry Press Service/AP Photo/picture alliance

Das Wichtigste in Kürze: 

 

  • Die USA verdoppeln ihre Finanzhilfen für die Ukraine
  • Guterres teilt mit Statement Sorgen der Atomenergiebehörde
  • Turbine für Nord Stream 1 weiter in Mülheim an der Ruhr
  • Wieder verlassen Frachtschiffe ukrainische Häfen
  • Ukrainisches Gericht verurteilt russischen Soldaten 

 

Es würden zusätzlich 4,5 Milliarden Dollar für den Haushalt der Ukraine zur Verfügung gestellt, teilt die US-Behörde für Internationale Entwicklungszusammenarbeit mit. Damit greifen die USA der Ukraine insgesamt mit 8,5 Milliarden Dollar unter die Arme und verdoppeln damit ihre Finanzhilfen. 

Die Gelder sollen der ukrainischen Regierung helfen, die wichtigsten Ausgaben stemmen zu können, etwa Sozialhilfe und Finanzhilfen für Menschen, die im Land auf der Flucht sind. Die Ukraine solle die Finanzmittel, die zusammen mit dem Finanzministerium und der Weltbank koordiniert würden, in mehreren Tranchen erhalten, teilt die Behörde mit.

Weiteres US-Waffenpaket

Zusätzlich planen die USA auch weitere Militärhilfen in Höhe von einer Milliarde Dollar. Unter anderem sollten weitere Raketen für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars geliefert werden, welche von der ukrainischen Armee als besonders wirkungsvoll im Kampf gegen die russischen Invasionstruppen angesehen werden, wie das US-Verteidigungsministerium mitteilte.

Die Mehrfachraketenwerfer Himars, die auf bis zu 80 Kilometer entfernte Ziele schießen können, sind aus ukrainischer Sicht entscheidend im Kampf gegen Russland. Mit ihnen können auch Stützpunkte jenseits des Frontverlaufs angegriffen werden. Die neue US-Militärhilfe umfasst nach Pentagon-Angaben zudem Boden-Luft-Raketen zur Abwehr von russischen Flugzeugen und Raketen, Panzerabwehrraketen sowie andere Munition.

Pentagon: Bis zu 80.000 getötete russische Menschen

Im Ukraine-Krieg sind nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums auf russischer Seite 70.000 bis 80.000 Menschen getötet oder verletzt worden. Die russische Armee habe außerordentliche Verluste gemacht, weil das ukrainische Militär gut funktioniere und viel Unterstützung erhalten habe, sagte der Pentagon-Spitzenbeamte Colin Kahl. Er bezeichnete den Krieg als den "intensivsten konventionellen Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg". Aktuelle Angaben der offiziellen Stellen in Russland zu Opferzahlen gibt es nicht.

UN-Generalsekretär António Guterres hat jegliche Angriffe auf Atomanlagen als "selbstmörderisch" verurteilt. Er hoffe, dass die Angriffe auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja aufhörten und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Zutritt zu dem Kraftwerk erhalte, sagte Guterres in Tokio nach einem Besuch in Hiroshima am Wochenende, wo er an einer Gedenkfeier zum 77. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt teilgenommen hatte.

IAEA-Generalsekretär Rafael Grossi hatte zuvor vor einer "sehr realen Gefahr einer Atomkatastrophe" gewarnt, nachdem Saporischschja beschossen worden war. Teile der Atomanlage wurden laut Betreiber Energoatom bei dem Angriff "erheblich beschädigt", ein Reaktor wurde heruntergefahren. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres
UN-Generalsekretär António GuterresBild: Pedro Nunes/REUTERS

Russland warf der Ukraine zuletzt vor, am Sonntag das Atomkraftwerk beschossen zu haben. Dabei seien Starkstromleitungen beschädigt worden, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Deshalb habe die Produktion der Anlage gedrosselt werden müssen. Die Ukraine weist diese Darstellung zurück. Vielmehr hatte deren staatliche Atomenergiebehörde Energoatom erklärt, bei russischem Beschuss des Kraftwerks am Samstag sei ein Arbeiter verletzt worden.

USA: Keine erhöhten Strahlungswerte

Nach Erkenntnissen der USA ist es bislang nicht zu einer Freisetzung von Radioaktivität beim Atomkraftwerk in Saporischschja gekommen. "Wir beobachten die Aktivitäten weiterhin genau: Das Kraftwerk, das Energieministerium und die Nationale Behörde für nukleare Sicherheit berichten, dass die Strahlungssensoren weiterhin Daten liefern - und glücklicherweise haben wir keine Anzeichen für erhöhte oder abnormale Strahlungswerte festgestellt", sagte die Sprecherin des Weißen- Hauses, Karine Jean-Pierre.

Das Kernkraftwerk im Südosten der Ukraine ist das größte in Europa. Es ist seit Anfang März von russischen Truppen besetzt, die es bereits wenige Tage nach Beginn ihrer Invasion der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Es wird aber noch von ukrainischen Technikern betrieben.

Deutschland | Bundeswehr | Flugabwehrpanzer Gepard
Die Ukraine hat die ersten drei  Flugabwehrpanzer vom Typ "Gepard" erhaltenBild: Thomas Imo/photothek/picture alliance

Deutsche Gepard-Flugabwehrpanzer in Ukraine angekommen

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben die ersten drei "Gepard"-Flugabwehrpanzer aus Deutschland erhalten. Sie würden zum Einsatz kommen, um wichtige Infrastruktur-Einrichtungen zu verteidigen, teilt das südliche Militärkommando mit. Das Waffensystem wird von einem dreiköpfigen Team bedient und kann Ziele in einer Entfernung von bis zu vier Kilometern erreichen.

Nord-Stream-Turbine noch in Deutschland

Die von Siemens-Energy gewartete Turbine für die Gasleitung Nord Stream 1 ist weiter in Deutschland. Es gebe noch ausstehende Diskussionen, ob sie verschifft werden kann, sagte Energy-Chef Christian Bruch bei der Vorlage der Quartalszahlen seines Unternehmens. Dabei betonte er auch, dass die Instandhaltung für die Turbinen an der Verdichterstation von Nord Stream 1 grundsätzlich weitergehen könne - sofern dies gewünscht sei.

Kanzler Olaf Scholz und Siemens-Energy-Chef Christian Bruch in der vergangenen Woche vor der Turbine in Mülheim an der Ruhr
Kanzler Olaf Scholz und Siemens-Energy-Chef Bruch in der vergangenen Woche vor der Turbine in Mülheim an der RuhrBild: Bernd Thissen/dpa/picture alliance

Vom aktuell laufenden Rückzug aus den Geschäften in Russland sei dies getrennt. Grundsätzlich gehe der Servicezyklus bis 2024. Man sei aber davon abhängig, dass der Kunde sich melde und sage, dass man etwas machen solle, so Bruch weiter. Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über Nord Stream 1 zurückgefahren. Der Energiekonzern Gazprom begründete dies mit der fehlenden Turbine. Sie sei wichtig, um den nötigen Druck zum Durchpumpen des Gases aufzubauen. Gazprom warf seinem Vertragspartner Siemens Energy wiederholt vor, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy wies die Vorwürfe zurück.

Zwei weitere Getreidefrachter legen in der Ukraine ab

Das Verteidigungsministerium in Ankara teilte mit, dass zwei weitere mit Getreide beladene Schiffe an diesem Montag aus ukrainischen Häfen ausgelaufen seien.  Die "Sacura" habe mit 11.000 Tonnen Sojabohnen an Bord von Jusni abgelegt. Ziel sei Italien. Die "Arizona" wiederum transportiere 48.458 Tonnen Mais von Tschernomorsk in die südliche Türkei. In anderen Meldungen ist von den Niederlanden als Zielpunkt die Rede. 

Nach dem Ende der russischen Seeblockade hat auch erstmals wieder ein Frachtschiff in einem ukrainischen Hafen angelegt. "Der Schüttgutfrachter "Fulmar S" ist im Hafen Tschornomorsk angekommen und bereit zum Beladen", teilte das ukrainische Infrastrukturministerium auf seinem Telegram-Kanal mit.

Die in den letzten Tagen aus den ukrainischen Häfen ausgelaufenen Schiffe hingen dort bereits seit Kriegsbeginn fest. Die Wiederaufnahme des Schiffsverkehrs und der damit verbundenen Getreidelieferungen aus der Ukraine sind wichtig für die Stabilisierung der Lebensmittelpreise weltweit.

Bisher sind aus den ukrainischen Häfen seit Anfang August zehn Schiffe mit Getreide ausgelaufen. Sie gehörten zu den Dutzenden Frachtern, die dort seit Kriegsbeginn im Februar wegen der russischen Seeblockade und der Verminung der eigenen Häfen durch das ukrainische Militär stecken geblieben waren.

Ukraine Chornomorsk,  Infrastrukturminister Olexander Kubrakow
Infrastrukturminister Olexander Kubrakow freut sich über das Einlaufen der "Fulmar S"Bild: Ukrainian Presidential Press/Zuma/Imago

Mit dem Einlaufen der "Fulmar S" habe der Getreidekorridor nun einen "Ein- und Ausgang", erklärte Infrastrukturminister Olexander Kubrakow. Das sei ein wichtiges Signal für die Märkte.

Ukrainisches Gericht verurteilt russischen Soldaten

In der nordukrainischen Stadt Tschernihiw ist erneut ein russischer Soldat unter dem Vorwurf des Kriegsverbrechens zu vielen Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Panzersoldat kurz nach Kriegsbeginn Ende Februar auf Befehl ein mehrstöckiges Wohnhaus beschossen hatte, wie das ukrainische öffentlich-rechtliche Fernsehen mitteilte. Dabei sei eine Wohnung im zehnten Stock zerstört, aber niemand verletzt worden.

Der Soldat hatte sich schuldig bekannt. Er soll nun für zehn Jahre ins Gefängnis. Das Urteil wird erst nach einer möglichen Berufung rechtskräftig. Bereits im Mai war ein russischer Soldat wegen Mordes an einem ukrainischen Zivilisten zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, die später auf 15 Jahre abgemildert wurde. 

Selenskyj warnt Moskau vor "Pseudo-Abstimmungen"

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj droht Russland mit einem endgültigen Abbruch von Gesprächen, sollte die Regierung in Moskau eine Annexion weiterer ukrainischer Gebiete vorantreiben. Selenskyj bezog sich auf die von russischer Seite angekündigten Referenden in besetzten Gebieten. Dort soll nach dem Willen Moskaus über einen Anschluss an Russland abgestimmt werden. "Wenn die Besatzer den Weg der Pseudo-Referenden fortsetzen, beenden sie jede Gesprächsmöglichkeit mit der Ukraine und der freien Welt", sagte Selenskyj.

In den ersten Wochen nach der russischen Invasion im Februar hatten sich Delegationen beider Seiten wiederholt zu Gesprächen getroffen, die seit Ende März aber nicht fortgesetzt wurden. Russland hatte 2014 die Krim annektiert und sich dabei auf ein international nicht anerkanntes Referendum berufen.

Amnesty bleibt bei Bericht

Unterdessen hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ihren Bericht zur Kriegsführung der ukrainischen Armee verteidigt und zugleich ihr Bedauern über dessen Auswirkungen erklärt. "Amnesty International bedauert tief den Schmerz und Ärger, den unsere Pressemeldung über die Kampftaktiken des ukrainische Militärs ausgelöst hat", heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Statement der Organisation.

Amnesty International Ukraine | Oksana Pokaltschuk
Oxanna Pokaltschuk hatte die Amnesty-Stelle in der Ukraine geleitetBild: Mario Romano/IPP/picture alliance

Amnesty hält dabei an den wichtigsten Erkenntnissen des Berichts fest. In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hatte Amnesty der ukrainischen Armee vorgeworfen, sich in Wohnvierteln zu verschanzen und damit Zivilisten unnötig in Gefahr zu bringen.

Die Leiterin der ukrainischen Filiale von Amnesty, Oxanna Pokaltschuk, trat daraufhin aus Protest zurück. "Mit dem Ziel, Zivilisten zu schützen, ist diese Studie stattdessen zu einem Werkzeug der russischen Propaganda geworden", warf sie ihren Kollegen vor. Kiew kritisierte, die Nichtregierungsorganisation habe durch den Fokus auf Verfehlungen der Armee des angegriffenen Landes eine Täter-Opfer-Verkehrung betrieben. 

nob/uh/sti/as/haz/ack (rtr, dpa, afp, ap)