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Turkmenistan: Präsident kritisiert Journalisten

7. November 2007

Sowohl der Präsident als auch die Journalisten in Turkmenistan sind mit der Lage der Medien in ihrem Land unzufrieden. Die Gründe dafür sind allerdings unterschiedlich. Die Deutsche Welle sprach mit Betroffenen vor Ort.

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Treffen im Palast des PräsidentenBild: dpa

Während einer eigens im Präsidentenpalast einberufenen Beratung, die Kultur-Fragen gewidmet war, wurden die geladenen Vertreter des Kulturministeriums und des turkmenischen Rundfunks mit Vorwürfen konfrontiert. Der Präsident übte scharfe Kritik an der Arbeit der Journalisten. "Sie sollen Nachrichten noch am selben Tag melden, hören Sie, noch am selben Tag", kritisierte Präsident Gurbanguly Berdymuhammedow die für Medien zuständige Vizepremierministerin Majsa Jasmuhammedowa, die für dieses Amt erst im Juli 2007 ernannt worden war.

Totale Überprüfung von Journalisten

Wie der Präsident, so sind auch die Journalisten mit der Lage der Medien im Lande unzufrieden. Ein Mitarbeiter eines lokalen Fernsehsenders, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte, sagte der Deutschen Welle: "Wir werden total überprüft, über etliche Generationen zurück. Ich konnte nicht rechtzeitig eine Bescheinigung darüber vorlegen, wo meine Großmutter begraben ist, und habe deswegen beinahe meine Arbeit verloren. Wir ertragen ohne Ende Spott, Verträge werden nur für ein, zwei Monate abgeschlossen. Zu Hause bin ich fast nie, aber wir sind von den Launen der Leitung abhängig. Von welcher Arbeit kann man dann überhaupt noch sprechen." Dem stimmt ein Mitarbeiter des neuen Radiokanals Owas zu: "Einerseits findet eine sehr strenge Auswahl der Journalisten statt, andererseits muss man Bekannte in den Kommissionen haben, wenn positiv über eine Einstellung entschieden werden soll. Später werden dann die ausgewählten Journalisten noch vom Presseamt, dem Außenministerium und anderen Behörden überprüft. Warum sollen diese Leute entscheiden, wer begabt ist, wer arbeiten kann und wer nicht?"

Kritik an Präsidenten-Initiative

Während der Beratung sprach sich Präsident Berdymuhammedow dafür aus, mehr Journalisten im Ausland ausbilden zu lassen, damit deren Qualifikation steigt. Der Mitarbeiter vom Sender Owas sieht diese neue Initiative jedoch mit Skepsis: "Was die Ausbildung betrifft, so sind doch nur unsere Vorgesetzten berechtigt herumzureisen, oder Leute, die von der Staatsmacht begünstigt werden, weil sie böse Artikel über Oppositionelle geschrieben haben." Diese Meinung teilt auch der stellvertretende Redakteur einer zentralen turkmenischen Zeitung: "Präsident Berdymuhammedow glaubt, dass kurze Auslandsreisen aus uns Asse machen, aber nur die tägliche Arbeit, bei der man Erfahrungen sammelt und Fehler macht, führt zu Professionalität."

Korruption im Bildungswesen

Seit diesem Jahr werden in Turkmenistan Journalisten an der Fakultät für turkmenische Philologie der Turkmenischen staatlichen Mahtumkuli-Universität ausgebildet. Ohne Schmiergeld zu zahlen, würde man dort aber nicht aufgenommen, berichtete eine Studentin im ersten Semester der Deutschen Welle: "Meine Eltern haben persönlich 10.000 Dollar bezahlt. Meine Kommilitonen erzählten mir, dass ein solcher Satz für alle gilt, die nicht aus Aschgabad kommen. Aschgabader müssen noch mehr zahlen, bis zu 15.000. Wir studieren hier Politikwissenschaft, Soziologie und eine Menge anderer Fächer."

Zweifel an versprochenen Investitionen

Nach Meinung der Journalisten, mit denen die Deutsche Welle sprach, werden die vom Präsidenten zugesagten Investitionen "zur Stärkung der materiellen und technischen Basis der Medien" in Höhe von neun Millionen Dollar nichts bewirken. Die Gründe beruhen auf Erfahrungen mit ähnlichen Maßnahmen, die seinerzeit vom ersten Präsidenten Saparmurat Nijasow unternommen wurden. Schon unter dem Turkmenbaschi verfügte das staatliche Fernsehen über leistungsfähige Computer und andere Technik, für das es von Journalisten aus den benachbarten Ländern noch heute beneidet wird. Aber in einer Situation, in der alle fünf Kanäle einander ununterbrochen kopierten, könne von einer Entwicklung der Medien keine Rede sein, erläuterten Journalisten.

Selbi Atajewa, 31.10.2007, DW-Zentralasien