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Hilfe von der EU

2. Februar 2012

Die erste offizielle Reise des tunesischen Ministerpräsidenten Hamadi Jebali führt nach Brüssel - ein Zeichen für die angestrebten engen Bindungen des neuen Tunesien an Europa. Jebali fordert aber mehr als warme Worte.

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Jebali (links) zusammen mit Parlamentspräsident Schulz (Foto: DPA)
Privilegierte Partnerschaft: Jebali (links) zusammen mit Parlamentspräsident SchulzBild: picture-alliance/dpa

Der tunesische Regierungschef tritt freundlich und mit breitem Lächeln, aber auch selbstbewusst, in Brüssel auf. Den politischen Übergang seines Landes sieht er als Beispiel, und Europa will er auf Augenhöhe begegnen, auch politisch. "Wir teilen die universellen Werte der Freiheit, der Demokratie, der Menschenrechte und den Respekt der Religionsausübung. Die Schaffung des ersten demokratischen Staates in Tunesien und in der arabischen Welt freut und schmeichelt uns", so Jebali.

Binnen eines Jahres solle Tunesien eine neue Verfassung haben. Dass Jebali in diesem Zusammenhang auch eine freie Religionsausübung erwähnt, dürfte kein Zufall sein. Vor allem seit den Übergriffen auf Christen in Ägypten schaut Europa genau hin, wie es um diesem Aspekt der Freiheit steht, zumal Jebali selbst als gemäßigter Islamist der Ennahda-Partei gilt. Martin Schulz, der neue Präsident des Europaparlaments, sagt dazu vor der Presse, Europa solle keine Angst vor islamistischen Parteien haben, solange sie sich an demokratische Werte hielten.

Wirtschaftliches Wohlergehen wichtig

Schulz befürchtet dagegen in Tunesien und anderen Ländern des arabischen Frühlings etwas anderes, nämlich dass sich die wirtschaftlichen Hoffnungen der Menschen nicht erfüllen. “Wenn die Demokratie gleichzeitig eine Verbesserung der sozialen Verhältnisse bedeutet, werden die Leute erkennen, dass die Demokratie das Modell ist, das sie wollen. Wenn wir da nicht hinkommen, werden die Kräfte der Vergangenheit nur darauf warten, dass die Demokratie mit der Botschaft in Verbindung gebracht wird, dass sich die Dinge verschlechtern und dass es früher besser war.“ Und hier fordert Schulz sichtbare Taten der Europäischen Union, finanzielle Hilfe und eine schrittweise Integration der tunesischen Wirtschaft in den europäischen Binnenmarkt. Auch Jebali erwartet vor allem materiell mehr von Europa. Er hoffe, dass aus der “moralischen Unterstützung“ eine “wirkliche Unterstützung“ werde, sagt der tunesische Regierungschef nach seinem Gespräch mit Ratspräsident Herman Van Rompuy.

Überfülltes Flüchtlingsboot (Foto: DPA)
Viele Nordafrikaner versuchen nach Europa zu flüchtenBild: picture alliance/dpa

"EU schottet sich gegen Flüchtlinge ab"

Van Rompuy erklärte, die EU biete Tunesien eine privilegierte Partnerschaft an, aber fordere auch etwas: zum Beispiel Reformen beim Wahlrecht, bei der Justiz und in Sicherheitsfragen. Das sei “ein notwendiges Signal der Beruhigung“, das das Ausland, und speziell auch ausländische Investoren, brauchten. Aber Van Rompuy spricht auch ein besonders heikles Thema an.

“Es ist wichtig, einen Dialog über Fragen der Migration, der Mobilität und Sicherheit zu führen.“ Die EU will sogenannte Mobilitätspartnerschaften mit Tunesien und anderen Ländern Nordafrikas schließen. Gemeint ist damit, dass beide Seiten die gewollte Migration fördern und die - von Europa - ungewollte gemeinsam unterbinden. Doch besonders was die ungewollte Migration betrifft, so liegen die Mitgliedsstaaten im Clinch mit Innenkommissarin Cecilia Malmström. Sie hat den EU-Regierungen gerade wieder vorgeworfen, sie nähmen viel zu wenige Flüchtlinge auf und bezieht sich dabei besonders auf Nordafrika. Das Flüchtlingshilfswerk der UNO nennt die Zahl von 1.500 Menschen, die im vergangenen Jahr bei Fluchtversuchen über das Mittelmeer ums Leben gekommen seien.

Die EU-Vertreter sehen aber im tunesischen Wandel ein Vorbild für die arabische Welt. Dieser Wandel stehe woanders noch aus, wie Kommissionspräsident Barroso betont.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Diana Hodali