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Tuareg-Nomaden rufen eigenen Staat aus

6. April 2012

Schon vor 50 Jahren baten die Tuareg um einen eigenen Staat. Jetzt erklärten sie die Region Azawad im Norden Malis für unabhängig. Eine internationale Anerkennung als eigener Staat ist aber nicht in Sicht.

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Bewaffnete Tuareg-Rebellen unterwegs mit ihrem Pferd; Nordmali
Tuareg-Truppen MaliBild: picture alliance/Ferhat Bouda

Nach einem militärischen Siegeszug im Norden Malis haben Tuareg-Rebellen das eroberte Gebiet für unabhängig erklärt. Damit stürzt das westafrikanische Land nach dem Militärputsch vom 22. März noch tiefer ins Chaos.

Land der Nomaden

Der neue Staat soll "Azawad" heißen. Das bedeutet in der Sprache der Tuareg "Land der Nomaden". Allerdings wollen weder die ehemalige Kolonialmacht Frankreich noch die afrikanischen und arabischen Nachbarländer das abgetrennte Gebiet als 55. Staat Afrikas anerkennen. Der Weltsicherheitsrat hatte erst vor wenigen Tagen die Angriffe der Rebellen im Norden Malis verurteilt und ein Ende der Gewalt gefordert.

Der Westen befürchtet, der Norden Malis könnte sich in eine neue Bastion des Terrornetzwerkes Al-Kaida verwandeln. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Tuareg sich bei ihren Kämpfen gegen Soldaten Malis mit islamistischen Gruppierungen verbündet hatten. Allerdings: Die Tuareg selbst erklärten, sie seien bereit, gegen Al-Kaida zu kämpfen.

Das von den Tuareg beanspruchte Gebiet nimmt etwa die Hälfte Malis ein und reicht von den Grenzen zu Algerien und Niger bis zum Fluss Niger. Durch die Eroberung der Städte Gao, Kidal und Timbuktu hatten sich die Rebellen zuletzt alle strategisch wichtigen Orte der Region gesichert.

Weltkulturerbe Timbuktu

Besondere Aufmerksamkeit erfährt die historische Stadt Timbuktu, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehört. Timbuktu beherbergt in 60 privaten Bibliotheken die größte Handschriftensammlung Westafrikas. Nun herrscht große Sorge um die Zukunft dieser kulturellen Schätze.

Sicher ist: In der Region herrscht große Armut. Seit dem Sturz von Malis Präsident Amadou Toumani Touré ist es immer wieder zu Plünderungen gekommen. Auch Hilfsgüter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz wurden gestohlen.

Die Organisation zog als Reaktion auf diese Übergriffe viele ihrer Mitarbeiter ab und sieht die Entwicklung mit großer Sorge. "Die Menschen waren sowieso schon hart von der Ernährungskrise betroffen, unter der die gesamte Sahelzone leidet. Jetzt haben sie keine Nahrungshilfe mehr und keinen Zugang zu medizinischer Versorgung," sagte der IKRK-Direktor für Nord- und Westafrika, Boris Michel.

Altes Berbervolk

Die Tuareg sind ein Berbervolk der Sahararegion, zu dem Angehörige verschiedener Stämme zählen. Schätzungen zufolge umfasst das Volk 1,5 Millionen Menschen, die sich auf die Region zwischen Niger, Mali, Algerien, Libyen und Burkina Faso verteilen. Als ihre eigentliche Heimat gilt die sich vom Westen in den Norden Malis erstreckende Region Azawad.



Neben den Äthiopiern sind die Tuareg das einzige afrikanische Volk mit einer eigenen Schrift. Zu ihren Kennzeichen zählt ein indigoblauer Gesichtsschleier, dessen Farbe auf die Haut abfärbt; das gab den Nomaden auch den Beinamen "blaue Männer".

Die hellhäutigeren Tuareg hatten bereits 1958 die damalige Kolonialmacht Frankreich gebeten, ihnen einen eigenen Staat im Norden Malis zuzugestehen. Das Gebiet wurde aber dem Süden zugeschlagen. Seitdem gab es etliche Aufstände der Tuareg. Wiederholt warfen sie der Zentralregierung in Mali vor, sie auslöschen zu wollen. Es habe mehrere Dürreperioden gegeben und die Zentralregierung in Bamako habe die Tuareg verhungern lassen wollen.

Tuareg-Nomade (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

haz/sti (dapd, afp)