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Politik

Tote durch Ärzte-Streiks in Kenia

7. Dezember 2016

Sie demonstrieren, statt Patienten zu behandeln: Den dritten Tag in Folge streiken Tausende Ärzte in Kenia. In den Krankenhäusern herrschen deshalb chaotische Zustände - Präsident Kenyatta spricht von bis zu 20 Toten.

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Kenia Ärzte Protest
Bild: Reuters/T. Mukoya

"Wir werden kämpfen!", rufen sie und singen Protestlieder - in ihren weißen Kitteln, die Stethoskope um den Hals, die Megaphone in den Händen. Tausende Ärzte und Krankenpfleger in Kenia streiken und das schon seit drei Tagen. Sie demonstrieren für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. "Wir Ärzte sind äußerst wertvoll. Unsere Arbeit hat etwas mit Würde zu tun, aber die Regierung und ihre Beamten haben keinen Respekt für uns", sagte Ouma Olunga der DW. Er ist Generalsekretär der Kenianischen Mediziner- und Apothekergewerkschaft (KMPDU). Zusammen mit seinen Kollegen zog Olunga am Montag vor das Gesundheitsministerium. Dort setzten Polizisten auch Tränengas gegen die Demonstranten ein.

Während die Ärzte streiken, gibt es offenbar immer mehr Tote. Etwa 20 Menschen seien schon gestorben, weil sie nicht behandelt worden sein, bestätigte jetzt Präsident Kenyatta. Kranke werden nach Hause geschickt oder an private Kliniken verwiesen. Doch deren Behandlungskosten können sich viele Kenianer nicht leisten. Kenianische Medien berichten über Mütter, die ihre Kinder auf Parkplätzen zur Welt bringen mussten oder Brandopfer, denen niemand hilft. Am Montag waren außerdem etwa 100 Patienten aus psychiatrischen Einrichtungen in Nairobi ausgebrochen.

Kenia Ärzte Protest
Kein spontaner Protest: Seit Jahren fordern Kenias Ärzte bessere ArbeitsbedingungenBild: Reuters/T. Mukoya

Ein Arzt für tausende Patienten

Der Streik hat eine lange Vorgeschichte. Derzeit liege das Einstiegsgehalt für einen Arzt bei umgerechnet 365 Euro im Monat, schreibt die kenianische Zeitung Daily Nation. Bereits 2013 wurde ein Tarifvertrag unterzeichnet, der Ärzten und Pflegern in staatlichen Krankenhäusern Gehaltserhöhungen von bis zu 300 Prozent zugesteht. Umgesetzt wurde die Vereinbarung allerdings immer noch nicht. Am Wochenende kündigte die KMPDU einen Streik ab dem 5. Dezember an. Ein Gericht hatte die Proteste zwar per Anordnung verboten, doch in Nairobi zogen die Ärzte trotzdem auf die Straße, an einigen Orten brachten sie zeitweise den Verkehr zum Erliegen.

"Wir lassen uns nicht aufhalten, nicht von Gefängnisstrafen, nicht von gerichtlichen Anordnungen", sagte Gewerkschaftsführer Ouma Olunga. "Wir werden erst dann zurück zur Arbeit gehen, wenn die Regierung den Tarifvertrag unterschrieben hat". Alle 47 Landkreise in Kenia hat der Streik schon erfasst, nur die privaten Kliniken sind offenbar noch in Betrieb.

Kenia Ärzte bei der Arbeit
Viele Ärzte wandern aus, dabei werden sie in Kenia dringend gebrauchtBild: Getty Images/AFP/R. Schmidt

Aber den Ärzten geht es nicht nur ums Geld: Die Vereinbarung mit der Regierung sieht auch vor, dass das Gesundheitsministerium jährlich mindestens 1.200 Ärzte zusätzlich einstellt. Denn Kenia fehlt Gesundheitspersonal. Laut dem Dachverband der Gewerkschaften COTU hat Kenia nur rund 3.300 Ärzte in öffentlichen Kliniken und Gesundheitszentren - und das bei einer Bevölkerung von mehr als 40 Millionen.

Exodus der Ärzte

Wegen der miesen Löhne und schlechten Arbeitsbedingungen wandern immer mehr Fachkräfte in andere afrikanische Staaten aus. COTU warnte schon 2014 vor einer "Katastrophe" im Gesundheitssektor. Die Proteste werden auch in die sozialen Netzwerke getragen. Auf Twitter bekunden viele Kenianer Solidarität mit den Ärzten und kritisieren die immer noch weit verbreitete Korruption, auch im Gesundheitssektor.

Angesichts des Chaos rief jetzt auch Präsident Kenyatta persönlich die Ärzte auf, ihren Streik zu beenden. ''Wir haben Fortschritte bei der Suche nach einer Lösung gemacht und wir werden eine Lösung finden", versprach Kenyatta am Mittwoch. "Aber bitte, lassen Sie uns zeigen, das uns die Menschenleben wichtig sind." Auf Twitter sucht das Gesundheitsministerium derzeit nach Ärzten, die bereit sind, zumindest eine Notversorgung zu garantieren.

Mitarbeit: Andrew Wasike, Daniel Gakuba