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Todesurteil bestätigt

11. Juli 2007

Der Oberste Libysche Gerichtshof hat die Todesurteile gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt bestätigt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, rund 400 libysche Kinder absichtlich mit Aids infiziert zu haben.

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Die fünf bulgarischenKrankenschwestern hinter Gittern, Foto: AP
Todesurteil bestätigtBild: picture-alliance/ dpa

"Das Gericht hat entschieden, der Berufung der Angeklagten nicht stattzugeben, und bestätigt die Todesstrafe für sie", sagte Gerichtspräsident Fathi Dahan am Mittwoch (11.07.). Die letzte Chance für die Verurteilten besteht nun in einer mit den Familien der Opfer erreichten Entschädigungseinigung: Auf deren Grundlage kann der Oberste Justizrat Libyens die Todesstrafe in eine Haftstrafe umwandeln.

Die Gaddafi-Stiftung hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass die Familien der Opfer Entschädigungszahlungen akzeptiert hätten. Der Kompromiss werde alle Seiten zufrieden stellen und die Krise beenden. Der libysche Außenminister Abdel Rahmen Schalgham

bestätigte am Mittwoch, dass eine Einigung erzielt wurde. Das Gremium tritt nach Angaben des Außenministeriums in Tripolis nächsten Montag zusammen.

Vorsätzliche Infizierung?

Das Oberste Gericht tagte in Abwesenheit der Beschuldigten; die Sitzung dauerte lediglich fünf Minuten. Bei der Verhandlung am 20. Juni hatte die Staatsanwaltschaft eine Bestätigung der Todesstrafe für die im Mai 2004 Verurteilten gefordert.

Die Krankenschwestern und der Arzt waren für schuldig befunden worden, in einem Krankenhaus in Benghasi 438 libysche Kinder absichtlich mit dem HI-Virus infiziert zu haben. 56 Kinder starben inzwischen an Aids.

Bulgarier mir einem Transparent: "You are not alone", Foto: AP
Bulgarische SolidaritätBild: AP

Die Verurteilten hatten wiederholt ihre Unschuld beteuert und die Aids-Infektionen auf die schlechten hygienischen Zustände in dem Krankenhaus zurückgeführt. Die Krankenschwestern hatten außerdem erklärt, das ihnen Geständnisse mit Folter und Vergewaltigung abgepresst worden seien. Zwei Libyer - ein Polizist und ein Arzt - wurden daraufhin angeklagt. Der Prozess endete mit ihrem Freispruch, woraufhin gegen die Frauen ein Verleumdungsprozess eingeleitet wurde, der im Mai mit ihrem Freispruch endete.

Umwandlung der Todesstrafe möglich

Sollte die Todesstrafe in Haftstrafen umgewandelt werden, könnten die Krankenschwestern und der Arzt, der aus Palästina stammt, aber auch die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, diese in Bulgarien verbüßen. Zwischen Libyen und Bulgarien besteht ein Auslieferungsabkommen.

Der Oberste Libysche Gerichtshof in Tripolis, Foto: AP
Warten auf das UrteilBild: AP

Die bulgarischen Krankenschwestern und der palästinensische Arzt, der in der Haft die bulgarische Staatsbürgerschaft annahm, sind seit 1999 im Gefängnis. 2004 erging das erste Todesurteil gegen sie. Ein Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil im vergangenen Dezember, was international heftige Proteste auslöste. Der Fall wurde zur Bewährungsprobe für die Entspannung im Verhältnis Libyens zu Europa und den USA.

Kritik aus der EU

Die Europäische Union protestierte scharf gegen das Urteil: "Wir müssen sehr negativ auf die Tatsache reagieren, dass eine Gruppe europäischer Bürger zum Tode verurteilt worden sind, die unschuldig sind", erklärte EU-Justizkommissar Franco Frattini in Brüssel. Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte den Krankenschwestern und dem Arzt die Solidarität der EU zu. Die Union werde "alles in ihrer Macht Stehende" tun, um das Leben der Verurteilten zu schützen. Die EU hatte sich mehrfach gegen Entschädigungszahlungen ausgesprochen, da die Krankenschwestern und der Arzt unschuldig seien.

Der bulgarische Generalstaatsanwalt Boris Weltschew sagte, nun sei es an der Politik zu erreichen, was der Justiz nicht gelungen sei:

Die Rückkehr der Krankenschwestern nach Bulgarien zu erreichen. "Der Fall liegt nun voll und ganz in den Händen der Politik", sagte Weltschew.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reagierte mit "großer Sorge" auf die bestätigten Todesurteile. Er sei "betroffen", dass der Leidensweg der Inhaftierten noch kein Ende finde, sagte er am Mittwoch in Berlin. Steinmeier, der sich Ende Mai in Nordafrika persönlich für die Inhaftierten eingesetzt hatte, ergänzte, er hoffe, dass seine Gespräche in Libyen doch noch zu einer Freilassung führen. Es liege jetzt an der libyschen Justiz, eine "verantwortungsvolle Lösung" zu finden. (ina)