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Ausgeschlafene haben bessere Noten

2. Oktober 2019

Weltweit beginnen in diesen Tagen die Wintersemester an den Unis. Und pünktlich dazu haben US-Forscher einen nützlichen Tipp: Zeitig ins Bett und ausschlafen! Dann klappt's auch mit der Klausur.

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Symbolbild: Eine Frau schläft auf einem Tisch zwischen Büchern
Besser mal ins Bett und dann frisch ausgeschlafen weiterlernen!Bild: Fotolia/fmarsicano

Irgendwie hatte ich es ja geahnt: Die langen, durchzechten Nächte im Studium waren vielleicht doch nicht immer zuträglich für die Qualität meiner Seminararbeiten.

Und nun haben Schlafforscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) meinen Verdacht auch noch wissenschaftlich untermauert: Die unscheinbaren und auf Parties unsichtbaren, drögen Streber, die nie über die Stränge geschlagen haben und immer schon um zehn im Bett waren, haben wahrscheinlich die besseren Noten bekommen. 

So - oder so ähnlich - war es jedenfalls in einem Versuch, den ein Team um die Psychologin Kana Okano und ihren Professor John Gabrieli in einem Seminar des Professors für Computer-Materialwissenschaften Jeffrey Grossman durchgeführt haben.

Aktivitätsüberwachung rund um die Uhr

Es zeigte sich, dass der Notendurchschnitt bei Klausuren deutlich besser ausfiel, wenn die Studentinnen und Studenten regelmäßig früh ins Bett gingen und genug Schlaf bekamen. Dabei reichte es nicht, in der Nacht vor der Klausur nochmal gründlich auszuschlafen.

Um messbar bessere Leistungen zu erbringen, war es nötig, über einen langen Zeitraum einen geordneten Schlafrhythmus einzuhalten und dann auch nachts relativ ruhig durchzuschlafen.

Für das Experiment hatten 100 Studentinnen und Studenten des Einführungsseminars zu Festkörperchemie ein ganzes Semester lang rund um die Uhr, sieben Tage die Woche ein Sportarmband getragen, das ihre Aktivitäten aufzeichnete. Als Lohn für ihre Teilnahme durften sie das beliebte Armband nach Ende des Experiments behalten.

Okano und ihre Kollegen haben die Ergebnisse der Studie am 1. Oktober 2019 in dem Fachjournal Nature npj: Science of Leaning veröffentlicht 

Nachteulen aufgepasst: Spätes Büffeln lohnt sich nicht

Ein Ergebnis mag vielleicht den einen oder anderen überraschen – oder auch nicht. Die Studie zeigte, dass diejenigen, die unterm Strich genug Schlaf bekommen, dennoch schlechtere Leistungen erbrachten, wenn sie abends zu lange aufblieben und dann auch entsprechend am nächsten Morgen spät aufstanden.

Dies betraf besonders solche Studentinnen und Studenten, die vorzugsweise erst gegen zwei Uhr nachts aufs Kopfkissen fielen. Zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich bereits eine Grenze überschritten, ab der die Leistung dramatisch abfiel. 

Es spielte allerdings keine Rolle, ob jemand regelmäßig um zehn Uhr, elf Uhr oder erst nach Mitternacht ins Bett ging. Die Leistung blieb gleich.

Ob es bei den Nachteulen allerdings daran lag, dass sie noch bis spät Bücher gelesen oder mit ihren Kommilitonen gefeiert haben, konnten die Fitness-Tracker nicht erkennen. 

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Studenten mit Büchern
Besser mit klarem Kopf tagsüber lernen als schön dösig am späten Abend. Bild: Imago/Jochen Tack

Kurz vor der Klausur ist der Schlaf nicht so wichtig

Die Studie zeigte auch, dass es kaum Auswirkungen hat, wenn man am Abend vor einer Klausur spät ins Bett geht. Wer gut ausgeschlafen zu einer Klausur erschien, hatte also nicht messbar bessere Noten als jemand, der noch bis spät abends gebüffelt hatte.

"Die Nacht davor spielt keine Rolle", sagt Grossman. "Man sagt zwar: 'Schlaf Dich aus, morgen ist ein großer Tag', aber wir konnten keine Korrelation feststellen. Viel wichtiger ist der Schlaf an den Tagen [bevor] wenn man für die Klausur lernt." Das langfristige Lernen ist wohl entscheidend. 

Eigentlich ein anderes Forschungsziel 

Die Erkenntnisse über die negativen Auswirkungen des Schlafmangels und der studentischen Nachtaktivität waren ursprünglich gar nicht das Ziel der Forscher. Seminarleiter Grossmann wollte mit seiner Kollegin Okano eigentlich herausfinden, inwieweit regelmäßiger Sport die studentischen Leistungen verbessert.

Deshalb hatte er mit einem Viertel der Chemie-Studentinnen und Studenten vereinbart, dass sie auch einen Fitness-Intensivkurs an der MIT-Sporthochschule belegen. Dort hatten die Sportmedizin-Professoren Carrie Moore und Matthew Breen extra ein spezielles Lehr- und Sportprogramm für sie entwickelt.

Bücherwürmer können auch ohne Sport gut lernen

Die Professoren beider Fachrichtungen hatten ursprünglich erwartet, dass es messbare Unterschiede zwischen beiden Gruppen geben würde. Doch diese Erwartung erfüllte sich nicht.

Die Sportmuffel brachten die gleichen Leistungen, wie diejenigen, die regelmäßig trainierten." Am Ende stellte sich heraus, dass es überhaupt gar keine Korrelation zwischen körperlicher Fitness und kognitiver Leistung gab", berichtet Grossmann durchaus enttäuscht.

Dennoch glaube er auch weiterhin, dass Sport gut für den Geist sei. Vielmehr seien die Zeitabstände zwischen dem Sportunterricht und den Seminaren wohl zu lang gewesen, um einen messbaren Effekt zu zeigen, vermutet Grossmann. 

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Mitglieder einer studentischen Burschenschaft trinken Bier
Bisher nur ein vager Verdacht: Verdirbt die Freizeitgestaltung Männern ihren Notendurchschnitt?Bild: picture-alliance/dpa

Was ist Ursache? Was Wirkung?

Jedenfalls war die Korrelation zwischen regelmäßigem Schlaf und der Leistung sehr eindeutig. Aber auch hier bleibt eine Frage offen: War es Kausalität oder eben doch nur Korrelation.

Mit anderen Worten: Hat der fehlende Schlaf den Probanden die Nerven beim Studieren geraubt oder waren andere Faktoren im Spiel, die sowohl den Schlaf als auch die Lernleistung beeinträchtigt haben – seien es nun die durchgefeierten Nächte, familiäre Sorgen oder etwas ganz anderes.

Große Unterschiede bei Frauen und Männern 

Eines war Grossman jedenfalls schon früher aufgefallen und dies wurde durch die Studie noch einmal bestätigt: Studentinnen bringen im Durchschnitt bessere Leistungen als ihre männlichen Kommilitonen.

Die Daten zeigen jetzt auch warum: Sie gehen im Durchschnitt früher ins Bett und schlafen regelmäßiger.  

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen