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Tierischer Schönheitskult

23. April 2010

Nasenkorrektur für die Bulldogge? Bauchstraffen für die Katze? In Deutschland sind Schönheitsoperationen an Tieren zwar durch das Tierschutzgesetz verboten, aber die menschliche Eitelkeit findet immer eine Lücke…

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Ein kleiner Mops Foto: Fredrik von Erichsen dpa/lhe
Auch eine flache Hunde-Nase kann korrigiert werdenBild: picture alliance/dpa

"Mein Hund hat eine Warze an der Unterlippe" - "Meine Katze ist zu fett, keine Diät hilft" - "Fachfrau für Hundemaniküre gesucht". Die Tier-Foren im Internet sind voll von solchen Botschaften. Da scheint der Schritt zur Schönheitsoperation für Haustiere nicht weit zu sein. Hunde und Katzen werden immer öfter zur Projektions-Fläche menschlicher Eitelkeiten.


Eigentlich verboten, aber…

"Ich würde ein Tier nicht operieren, weil sein Besitzer eitel ist", sagt Doktor Raj Bali, Chefarzt des Tierklinikums in Stommeln bei Köln. Für ihn steht fest: wenn keine medizinische Notwendigkeit vorliegt, muss der Arzt auch sein Skalpell liegen lassen. "Die deutsche Tierärzteschaft kennt ihre Verantwortung", betont Doktor Bali. "Wenn ein Verdacht von Schönheitsoperation vorliegt, muss der Arzt erklären, warum er das Tier ohne Indikation unter's Messer genommen hat".

Eine Tierärztin macht bei einem Hund ein EKGFoto: Heiko Wolfraum +++(c) dpa - Report+++
Eine Tierärztin macht bei einem Hund ein EKGBild: picture-alliance/dpa


Doch der Grat, auf dem sich die Tierärzte bewegen, ist schmal, denn die Übergänge zwischen notwendigen Korrekturen und Schönheits-OPs sind fließend. Jahrhundertelang haben die Menschen den Vierbeinern die Merkmale herangezüchtet, die heute Quell des Übels sind: die niedlichen Stupsnasen bei den Bulldoggen und Möpsen verursachen zum Beispiel Atemnot. Also, muss die extreme Kurznasigkeit nicht nur aus ästhetischen Gründen wegoperiert werden. Zwischen den Falten der Shar-Peis entwickeln sich Exzeme. Zu lange oder hängende Ohren werden bei vielen Jagd- und Kampfrassen zur "Achilles-Verse". Also ist das Kupieren oder Stützen von Ohren medizinisch durchaus empfehlenswert.

Nirgendwo ist der Schönheitsbegriff so beliebig wie bei der Hundezüchtung.



Untersuchung der Linse bei einem Hund
Untersuchung der Linse bei einem HundBild: S&V Technologies

Kürzlich landete ein spektakulärer Fall vor dem Landgericht Hagen: eine Hundezüchterin wollte unbedingt ihrem Toypudel einen verlorenen Zahn ersetzen. Ein Tierdentist (es gibt übrigens auch Hundekardiologen, Kleintier-Ernährungsberater und so weiter) machte sich an die Arbeit. Jedoch klaffte nach sechs misslungenen Versuchen immer noch eine hässliche Lücke im Gebiss des Schönlings. Die Klage der empörten Züchterin wurde vom Richter jedoch abgelehnt, da ihr Begehren als eine reine Schönheitsoperation entlarvt wurde.


Von Botox bis zu Implantaten

Das ganze Arsenal der Schönheitschirurgie kommt bei Tieren zum Einsatz: überflüssige Falten werden gestrafft oder mit Botox lahmgespritzt, Fett wird abgesaugt, bei Kampfhunden, die schöne Muskulatur vorweisen müssen, hilft schon mal Silikon. Es geht natürlich auch etwas schonender: Lasertherapie, Elektrostimulation, Hydrotherapie und Pilates gehören zum Angebot der Luxus-Kliniken für Hunde und Katzen. Um eine dieser Einrichtungen aufzusuchen, muss man übrigens nicht zwingend eine Reise nach Übersee (wo der Ursprung der neuen Mode vermutet wird) unternehmen. Man wird auch hierzulande längst fündig. Apropos Reisen: Verstand man vor kurzem unter einem "hundefreundlichen Hotel" ein Hotel, in dem der vierbeinige Liebling übernachten darf, so wird in manchem modernen "Hunde-Hotels" nun das Herrchen als Begleiter geduldet. Die "Luxushotels für Hunde" locken mit "aufregenden Ausflügen" und "viergängigen Leckerli-Menüs".


Autorin: Anastassia Boutsko

Redaktion: Sabine Oelze