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Familien-Klüngel

17. September 2008

Somchai Wongsawat übernimmt das Amt von Samak Sundaravej. Aber auch er wird von der Opposition beschuldigt, eine Marionette des wegen Amtsmissbrauchs angeklagten Ex-Premiers Thaksin zu sein.

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Somchai Wongsawat ist Thailands neuer MinisterpräsidentBild: AP

Das thailändische Parlament hat Somchai Wongsawat am Mittwoch (17.09.2008) mit großer Mehrheit zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. 298 der 480 Abgeordneten stimmten für den 61-jährigen ehemaligen Richter und Schwager des 2006 durch einen Militärputsch gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra. Damit stellte sich die aus sechs Parteien bestehende Regierungskoalition geschlossen hinter Somchai.

Seine Wahl löste bei der Opposition heftige Proteste aus. Regierungsgegner kündigten an, man werde keinen Ministerpräsidenten akzeptieren, der Verbindungen zu Thaksin oder dem vergangene Woche abgesetzten Regierungschef Samak Sundaravej habe. Der Chef der Oppositionspartei PAD, Somsak Kosaisuk, sagte, bei den Abgeordneten, die für Somchai gestimmt hatten, handle es sich um eine Gruppe von Banditen, die sich einen neuen Anführer wählten.

Amtssitz weiter besetzt

Ruhender Demonstrant für Protestplakat
Seit Wochen demonstrieren Oppositionelle in BangkokBild: AP

Weil Oppositionelle weiter den Amtssitz des Ministerpräsidenten besetzt halten, führt der neugewählte Regierungschef die Amtsgeschäfte von dem alten Bangkoker Flughafen Don Muang aus. Bereits eine Stunde nach seiner Wahl rief Somchai zur Versöhnung und zur Beendigung der politischen Krise auf, die sich bereits seit 2005 hinzieht. "Wir hassen uns nicht gegenseitig", sagte Somchai, "also sollten wir uns auch nicht vom Hass davon abhalten lassen, die unmittelbaren Probleme des Landes in Angriff zu nehmen."

Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass sich Somchai mit solchen Worten bei der Opposition Gehör verschaffen kann. Die PAD bezeichnete Somchai, der mit Thaksins jüngerer Schwester verheiratet ist, als einen Kandidaten Thaksins. Bereits Somchais Vorgänger, Samak Sundaravej, der vergangene Woche seines Amtes enthoben wurde, musste sich den Vorwurf der Opposition gefallen lassen, er sei eine Marionette des 2006 gestürzten ehemaligen Ministerpräsidenten.

Klüngel-Vorwürfe gegen den neuen Premier

Thailändische Soldaten sitzen auf einem Panzer, im Hintergrund das Regierungsgebäude
Die Armee putschte Ex-Ministerpräsident Thaksin 2006 aus dem AmtBild: AP

Somchai Wongsawat war von 1999 bis 2006 Staatssekretär im Justizminierium und kurzzeitig auch im Arbeitministerium. Unter seinem Vorgänger, Samak Sundaravej, war er Bildungsminister und stellvertretender Regierungschef. In der Vergangenheit saß Somchai im Vorstand mehrerer großer staatlich geführter Firmen. Somchais Frau, Thaksins jüngere Schwester, war eine einflussreiche Abgeordnete für Thaksins Thai-Rak-Thai-Partei. Nach dem Putsch vor zwei Jahren wurde ihr, wie 110 anderen ihrer Parteigenossen Politikverbot erteilt. Vorwürfe, sie sei in krumme Geschäfte im Zusammenhang mit dem Bau des neuen Bangkoker Flughafens verwickelt, bestreitet sie.

Wegen Somchais familiären Beziehungen zu Thaksin, sehen Beobachter geringe Chancen für den neugewählten Regierungschef, seine vierjährige Amtszeit, die bis 2012 dauern soll, auch nur annähernd durchzustehen.

Thaksin-Urteil verschoben

Anhänger Thaksins demonstrieren vor dem thailändischen Verfassungsgericht
Anhänger Thaksins demonstrieren vor dem thailändischen VerfassungsgerichtBild: AP

Unterdessen hat das thailändische Verfassungsgericht die Urteilsverkündung im Fall Thaksin verschoben. Thaksin wird beschuldigt, sein Amt missbraucht zu haben indem er seiner Frau erlaubte, im Jahr 2003 bei einer Regierungsauktion ein Stück Land im Wert von umgerechnet 15,8 Millionen Euro zu ersteigern. Als Grund für die Urteilsverschiebung gab das Gericht die Abwesenheit des Ehepaares im Gerichtssaal an.

Erst am Dienstag stellte das gleiche Gericht einen Haftbefehl gegen Thaksin aus, weil er zu einem weiteren gegen ihn laufenden Prozess wegen Amtsmissbrauchs ebenfalls nicht erschienen war. Thaksin lebt seit 2006 im britischen Exil.

Krise schädigt Thailands Ruf bei Nachbarn

Die Regierungskrise in Thailand schädigt auch Thailands Ansehen in der Region. Thailands Nachbarstaat Kambodscha meldete am Mittwoch Bedenken an, ob Thailand in der Lage sei, als Gastgeber des für Dezember geplanten alljährlichen Gipfeltreffens der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN zu fungieren. Man müsse unter Umständen auf ein anderes Mitgliedsland ausweichen, hieß es aus dem kambodschanischen Informationsministerium. Als möglicher Versammlungsort wurde Singapur ins Gespräch gebracht. Falls Thailand den Gipfel nicht veranstalten könnte, wäre dies ein herber Imageverlust für das südostasiatische Land. (har)