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Teuer, teurer, Platin

Oliver Samson16. Dezember 2003

Der Platin-Preis steigt seit annähernd zwei Jahren unaufhörlich - fast unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung. Ein Ende ist bislang nicht abzusehen.

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Platin: Wahrscheinlich auch in Ihrem AutoBild: AP

Wer vor einigen Jahren in Platin investierte, kann sich glücklich schätzen: Seit 1999 hat das Edelmetall um über 130 Prozent zugelegt. Allein seit Jahresbeginn 2003 stiegen die Preise um über 30 Prozent. Die Notierungen für die Unze (= 31,103 Gramm) liegen derzeit bei über 820 Dollar, ein Jahrzehnte-Hoch jagt das nächste.

Der Höhenflug liegt nur zu einem geringen Anteil an der steigenden Beliebtheit von Platin in der Schmuckindustrie. Ähnlich wie Gold wird das Edelmetall als vergleichsweise krisenfeste Anlage-Alternative geschätzt. Entscheidend für den momentanen Höhenflug ist aber die stabile Nachfrage aus der Industrie. Vor allem im Fahrzeugbau nimmt der Bedarf stetig zu. Die Autoindustrie benötigt das edle Metall zur Herstellung der in immer mehr Ländern vorgeschriebenen Katalysatoren zur Abgasreinigung.

Markt im Ungleichgewicht

Doch die stabile Nachfrage reicht allein nicht aus, um den Rekordkurs zu erklären. Der Markt befindet sich zudem im Ungleichgewicht: 6,11 Millionen Feinunzen werden 2003 produziert – dem steht ein Bedarf von 6,59 Millionen Feinunzen gegenüber. "Der Markt ist einfach knapp", sagt Otto Böss, Chief Trader bei Umicore Precoius Metals Management.

Und dies wird sich wahrscheinlich nicht ändern: Der südafrikanische Bergbaukonzern Anglo American Platinum, der 38 Prozent des Weltmarktes abdeckt, hat die bis 2006 angekündigten Expansionspläne zurückgestellt – trotz der hohen Platinpreise lohnen sich wegen des starken südafrikanischen Rand viele Minenprojekte in Südafrika nicht mehr. Auch andere Betreiber haben Projekte zurückgestellt und Stellen gestrichen.

NGEZI PLATINUM MINE, ZIMBABWE Drilling in a production stope underground at Hartley Platinum.
Platin-Mine in SimbabweBild: presse

Angesichts der vollen Auftragsbücher der Autohersteller im China-Geschäft könnte der Preis für die Unze Platin nun sogar auf 1000 Dollar und darüber steigen. "Man kann da nichts mehr ausschließen", so Böss. Die Wachstumsrate könnte sich nach Meinung von Analysten zwar abschwächen, Steigerung von vier bis fünf Prozent bis 2005 gelten ihnen aber als realistisch.

Platzt die Platin-Blase?

Otto Böss hält Preise bis zu 840 Dollar für wahrscheinlich. Jetzt in Platin zu investieren hält er aber für falsch. Trotz Platin-Knappheit bei stabiler Nachfrage hält er den Höhenflug für "spekulativ". Viele Fonds hätten den Kurs nach oben getrieben - und keiner weiß, wann diese ihr Kapital wieder abziehen. "Gefühlsmäßig würde ich short gehen", meint Böss - also jetzt nicht mehr einsteigen.

Doch auch die Automobil-Industrie selbst könnte die Platin-Blase zum Platzen bringen: Wegen der hohen Preise erwägen viele Hersteller, wieder auf Katalysatoren aus dem vergleichbaren Schwester-Metall Palladium auszuweichen. General Motors kündigte die Umstellung schon an, Analysten gehen davon aus, dass mehrere Autobauer nachziehen werden.

Alternative Palladium

Dabei waren die Automobilhersteller erst vor zwei Jahren auf Platin umgestiegen, weil das zumeist in Russland geförderte Palladium mit fast 1100 Dollar pro Unze damals als zu teuer galt und zudem Lieferschwierigkeiten auftauchten. Nach der Umstellung der Automobilindustrie auf Platin fiel der Kurs ins Bodenlose - auf 160 Dollar. Inzwischen wird Palladium mit wieder circa 200 Dollar pro Unze gehandelt. "Die Automobil-Industrie wäre schlecht beraten, wenn sie nicht wieder umstellen würde", meint Böss.

Dieser Umstellungsprozess dürfte voraussichtlich aber mehrere Jahre dauern – die Palladium-Preise dürften bis zu dieser Umstellung jedenfalls wieder kräftig in die Höhe gehen.