1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Test für Shanghai-Organisation in Afghanistan

15. Juni 2011

Zehn Jahre ist die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit alt. Das Jubiläum wird in Kasachstan gefeiert. Welche Rolle sie bei der Lösung der Afghanistan-Frage spielen kann, darüber diskutierten Experten in Berlin.

https://p.dw.com/p/11aTS
Blick auf den Präsidentenpalast in Astana (Foto: DW)
In Astana findet der SCO-Jubiläumsgipfel stattBild: DW

Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) ist kein militärisches Bündnis. Aber ihr Jubiläumsgipfel an diesem Mittwoch (15.6.) in der kasachischen Hauptstadt Astana steht im Zeichen sicherheitspolitischer Fragen. Vor allem wegen der Lage in Afghanistan. Denn bei der Stabilisierung der Lage am Hindukusch könnte die SCO eine zentrale Rolle spielen - vor allem nach einem Rückzug der NATO-Truppen, erklärten Teilnehmer einer Konferenz in Berlin, die anlässlich des zehnten Jahrestags der SCO bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) stattfand.

Der Westen ist an der SCO interessiert

Die SCO wurde vor zehn Jahren gegründet. Heute gehören ihr sechs Länder an - Kasachstan, Kirgisistan, China, Russland, Tadschikistan und Usbekistan. Indien, der Iran, die Mongolei und Pakistan haben Beobachterstatus. In diesem Jahr hat Kasachstan den SCO-Vorsitz inne. Der kasachische Botschafter in Deutschland, Nurlan Onzhanov, sagte in Berlin, Astana bemühe sich, die Einheit unter den Mitgliedstaaten zu stärken. Kasachstan unterstütze dabei insbesondere alle internationalen Bemühungen zur Stabilisierung in Afghanistan, so der Botschafter.

Logo der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit
Logo der Shanghaier Organisation

Alexander Lukin, Leiter des Moskauer Ostasien-Zentrums der Moskauer Staatsuniversität für Internationale Beziehungen, sieht ein wachsendes Interesse des Westens an der Shanghaier Organisation. Das führt er vor allem auf die Situation in Afghanistan zurück. Vor kurzem hätten sich sogar die USA und die Türkei einen Status als "Dialogpartner" der SCO gewünscht. Das Interesse der NATO an der SCO ist Lukin zufolge mit dem Scheitern der westlichen Pläne in Afghanistan zu erklären. Die neue US-Führung suche nach Kräften in der Region, auf die man zumindest einen Teil der Lösung des afghanischen Problems übertragen könne, sagte er. So eine Kraft könnte die SCO sein.

Afghanistan nach der NATO

Gerade deren Mitgliedsstaaten haben ein Interesse an einer Lösung des Afghanistan-Problems. Denn von Afghanistan gehen für sie die größten Bedrohungen aus: Terrorismus und Drogen. Laut Lukin sind heute 90 Prozent der Drogen in Russland afghanischer Herkunft.

Soldaten der Bundeswehr fahren durch das Feldlager in Kundus (Foto: dpa)
Soldaten der Bundeswehr im Einsatz in AfghanistanBild: picture-alliance/ dpa

Bei der SCO erkennt man an, dass die NATO-Truppen derzeit in Afghanistan eine gewisse stabilisierende Rolle spielen. "Mit fremden Händen werden derzeit in Afghanistan Ziele erreicht, die positiv für die SCO-Länder sind", sagte Lukin. Die Präsenz von Streitkräften eines der SCO-Staaten in Afghanistan hält er aber für unmöglich. "Die meisten dieser Länder haben bereits ihre Erfahrungen in Afghanistan gemacht."

Auf bilateraler Ebene setzen viele SCO-Staaten Programme zur Unterstützung Afghanistans um. Doch eine einheitliche Position zur langfristigen Stabilisierung der Lage haben sie nicht.

Die SCO – nur ein Debattierclub?

Die SCO könnte durchaus eine Plattform zur Suche nach Lösungen für das afghanische Problem werden, meint Lukin. Man könnte dabei auch die NATO hinzuziehen, aber auch die afghanische Regierung, die einen Beobachterstatus in der SCO beantragt habe, so der Experte. Stärker beteiligt werden könnte auch China, das eine sehr passive Haltung in der Afghanistan-Frage einnehme. Als Beobachter könnten auch Indien und der Iran einbezogen werden, so Lukin.

Oberstleutnant Ruprecht von Butler vom deutschen Verteidigungsministerium räumte auf der Konferenz zur Schanghaier Organisation in Berlin ein, das afghanische Problem sei militärisch nicht zu lösen. Eine politische Lösung erfordere aber eine aktivere Beteiligung der Länder der Region. Die SCO habe in dieser Hinsicht große Möglichkeiten, meint Butler.

Alexander Rahr vom Bethold-Beitz-Zentrum der DGAP ist davon überzeugt, dass das Schicksal der SCO davon abhängt, welche Rolle sie in Afghanistan übernehmen werde: "Wenn sich diese Organisation nach dem Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan nicht konstruktiv in den Konflikt einmischt, wenn sie nicht zur Stabilisierung der Lage in dem Land beiträgt, dann wird sie ein Debattierclub bleiben."

Autor: Nikita Jolkver / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann