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Deutsche Schüler treffen Tänzer aus Tansania

25. September 2020

Jugendliche lernen am liebsten von Jugendlichen. In Köln gastierten junge Tänzer aus Tansania, um ihr Können an Schülerinnen und Schüler weiterzugeben.

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Teilnehmer des Tanzworkshops am Hansa-Gymnasium in Köln
Teilnehmer des Tanzworkshops am Hansa-Gymnasium in KölnBild: Drei Brueder Kommunikation und Beratung

Ein bisschen steif und schüchtern wirken die Kölner Schülerinnen und Schüler auf der Bühne. Afrikanischer Hip-Hop hat es in sich, auch wenn er noch so einfach aussieht. Deshalb machen Nassoro Mkwesso und die fünf Performance-Künstler aus Tansania die Schritte und akrobatischen Verrenkungen immer wieder vor. Es geht raus auf das Parkdeck, das an die Aula des Hansa-Gymnasiums in Köln grenzt. Geprobt wird auf dem nackten Betonboden. Die zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops schlagen ein Rad, machen Handstand und Purzelbäume, lassen ihre Arme und Beine im Rhythmus der afrikanischen Musik zucken. Bereits zum zehnten Mal kommt Nassoro Mkwesso, Initator von KCC, dem Kigamboni Community Center aus Dar es Salaam, nach Köln, um einen Workshop durchzuführen. Auch in diesem Jahr geht es - trotz Corona - ums Miteinanderlernen, um Tanz und um Bewegungen zu einer Musik, die man in Deutschland selten hört. 

Die Schüler des Hansa-Gymnasiums tanzen auf dem Parkdeck
Proben auf dem Parkdeck des Hansa-GymnasiumsBild: Sabine Oelze/DW

Jugendliche unterrichten Jugendliche

In Tansania gehöre Musik zum Alltag, sagt Nassoro Mkwesso. In Dar es Salaam tönt es laut aus jedem Kiosk, jeder Kneipe, jedem Häusereingang. Tag und Nacht. In Deutschland dagegen sei es viel stiller. Doch jetzt rockt der junge Mann aus Tansania gemeinsam mit fünf anderen Performance-Künstlern das Hansa-Gymnasium in Köln. Mit Mund-Nasen-Schutz, wie sich das in Corona-Zeiten gehört. Das Hansa-Gymnasium in Köln ist keine normale Schule, sie gehört zum UNESCO-Netzwerk und engagiert sich deshalb besonders intensiv für Menschenrechtsbildung, Demokratieerziehung und den Austausch mit anderen Kulturen.

Tanzen trotz Corona

Aber in Corona-Zeiten mussten viele Projekte ausfallen, bedauert Marie Blank. Die Lehrerin und UNESCO-Koordinatorin ist sehr froh, dass die sechs Tänzer aus Tansania nun trotzdem in Köln sein können. "Der Austausch mit Afrika ist für unsere UNESCO-Arbeit ein Herzstück", sagt sie. Zwischen dem KCC und dem Hansa-Gymnasium sei eine "langjährige Freundschaft" entstanden.

Ein tansanischer Teilnehmer sitzt auf seiner Trommel und macht Musik beim Tanzworkshop am Hansa-Gymnasium von KCC
Live-Trommeln mit MaskeBild: Sabine Oelze/DW

So ein Workshop wird lange vorbereitet. Im Lehrplan des Hansa-Gymnasiums stehen Aktivitäten wie UNESCO-AG, UNESCO-Weltkultur und UNESCO-Sozialwissenschaften. Das Hansa-Gymnasium hatte Glück, dass sich die sechs Tänzer im Rahmen eines Bundesfreiwilligenjahres bereits in Deutschland aufhielten. Schon vor dem Lockdown lebten und arbeiteten sie in Salzgitter, wo sie Geflüchtete in Tanz und Akrobatik unterrichteten. So mussten sie nicht extra aus Tansania eingeflogen werden. Was momentan nur schwer möglich ist, obwohl der internationale Flugverkehr seit Juni wieder aufgenommen wurde. Tanzen, sich austauschen und auch einfach in diesem tristen Corona-Alltag "mal was anderes erleben", so beschreibt die Schülerin Jeanne den Workshop, der mit einer Aufführung in der Schulaula endete. Das weltweit aktive Institut Equalita lädt Gruppen wie KCC nach Deutschland ein. Sprachbarrieren gebe es nicht, auch wenn einige Tänzer nur Kisuaheli sprächen. "Das Meiste geht übers Nachahmen", sagt Ulla Theisling vom Institut Equalita, die die Aktivitäten von KCC in Köln betreut. Der Austausch ist Teil von "CULPEER4change", so nennt sich ein europäisches Bildungsprojekt, das auch in Nachbarländern wie Dänemark oder in anderen deutschen Städten umgesetzt wird.

Ein handegmaltes Plakat gemalt, das die Arbeit von KCC vorstellt
Die Schüler des Hansa-Gymnasium haben ein Plakat gemalt, das die Arbeit von KCC vorstelltBild: Sabine Oelze/DW

Begegnung und gegenseitiges Kennenlernen

"Im Kern geht es um die Begegnung Gleichaltriger. Ein Thema trifft sich mit einer Kunstform: Theater, Akrobatik, Tanz." Das Besondere ist aber, dass die Lehrer außen vor bleiben. Denn beim "peer-to-peer"-Konzept lernen Jugendliche von Jugendlichen. Ganz anders als im Schulunterricht erarbeiteten die Teilnehmer die Performance auch am Hansa-Gymnasium ohne Anleitung Erwachsener. Entstanden ist eine Choreographie, in der sich Tanz und Akrobatik mischen. Ein paar Theaterelemente kommen auch vor. Ein Mädchen steht auf der Bühne und erzählt, wie es gemobbt wird, weil es in der Corona-Zeit ohne Laptop vom Unterricht ausgeschlossen wurde. Eine andere Szene handelt vom Klimawandel in Tansania. Es sind globale Themen, die alle angehen. Das Wichtigste ist aber, dass sich die Jugendlichen aus Tansania und Deutschland auf Augenhöhe begegnen und alle zusammen etwas Neues erleben - ganz ohne nationale Grenzen.

Busse fahren auf einer Straße in Dar es Salaam
KCC ist ein Community Center aus Dar es Salaam Bild: picture alliance / Anka Agency International
Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion